Serbien / Immer mehr Ärzte fordern die Ablösung des Krisenstabs

Mediziner in einem Belgrader Krankenhaus
Rund ein Zehntel der serbischen Ärzte hat mittlerweile die Petition unterzeichnet, die die Ablösung des nationalen Krisenstabs fordert. Belgrad reagiert angesäuert, Klinikdirektionen mit Strafversetzungen: Erste Sanktionen gegen die unbotmäßigen Ärzte dürften deren Abwanderung noch beschleunigen.
Serbiens sorgengeplagte Weißkittel wollen nicht mehr länger schweigen. Über 2.600 Ärzte – rund ein Zehntel der Ärzteschaft im Balkanstaat – haben mittlerweile einen Aufruf unterzeichnet, der die Ablösung des Krisenstabs und unabhängige Ermittlungen wegen des Verdachts der vorsätzlichen Vertuschung der Infektionszahlen fordert: „Wir wenden uns an die Öffentlichkeit, weil wir keine andere Lösung für die Gesundheitskatastrophe sehen, in der sich unser Staat befindet.“
Der Aufruf der Ärzteinitiative „Vereint gegen Covid“ wirft Serbiens Krisenstab vor, unter dem Druck der Politik zur Durchführung der Parlamentswahl Ende Juni die Vorsichtsmaßnahmen „völlig aufgegeben“ und mit der Genehmigung von Kundgebungen und Sportveranstaltungen die Kontrolle über die epidemiologische Lage verloren zu haben: „Der Hippokratische Eid und die Ethik veranlassen uns, auf die Probleme zu weisen, die die Beschäftigten im Gesundheitswesen in diese Lage gebracht haben und ihre Arbeit erschweren.“
Angesäuert reagieren die Kritisierten auf die Kritik. Die „Attacken“ der Ärzteinitiative seien nicht gegen den Krisenstab, sondern gegen Präsident Aleksandar Vucic und „die gesamte Regierung“ gerichtet, erregt sich die geschäftsführende Regierungschefin Ana Brnabic. Es sei „immer leicht, etwas zu unterschreiben“, er könnte selbst problemlos „zwei bis drei Millionen Unterschriften“ organisieren, ärgert sich der genervte Landesvater Vucic: „Serbien führt den Kampf gegen Corona sehr erfolgreich.“
Emigration
Doch beim Unmut der Würdenträger über die unbotmäßigen Ärzte bleibt es nicht. Über erste Strafversetzungen von Unterzeichnern des Aufrufs berichtete am Wochenende die unabhängige Zeitung Danas. Zwei Tage nach der Unterzeichnung des Aufrufs habe sie die Direktionssekretärin der Belgrader Gynäkologischen Klinik ohne Angaben von Gründen wissen lassen, dass sie ihr Büro zu räumen habe, sie versetzt und keine Operationen mehr vornehmen werde, so die Chirurgin Sasa Ljustina.
Schlecht bezahlt, überarbeitet – und nun auch noch gemaßregelt: Selbst exemplarische Sanktionen gegen die Ärzte dürften deren von Serbiens Politikern gerne beklagten Aderlass in die Emigration noch beschleunigen. Sie habe während der Epidemie „aus Humanismus und Patriotismus“ keinen Tag bei der Arbeit gefehlt, obwohl sie als Mutter von zwei Kindern das Recht auf Freistellung gehabt hätte, berichtet Ljustina. Verbittert kündigt die erfahrene Chirurgin ihre Kündigung an: „Bei der ersten Gelegenheit werde ich ins Ausland gehen. Und so denke nicht nur ich, sondern viele meiner Kollegen.“
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