Österreichs Präsident„Ich bin alt genug für dieses Amt“: Staatsopa Van der Bellen kandidiert für zweite Amtszeit

Österreichs Präsident / „Ich bin alt genug für dieses Amt“: Staatsopa Van der Bellen kandidiert für zweite Amtszeit
Alexander Van der Bellen kandidiert für eine zweite Amtszeit und fast alle freuen sich Foto: dpa/Herbert Pfarrhofer

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Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen will sein Land weitere sechs Jahre durch turbulente Zeiten führen. Die Chancen auf eine Wiederwahl des ehemaligen Grünen-Vorsitzenden stehen äußerst gut.

„Ich bin alt genug für dieses Amt“ – das können nicht einmal seine erbittertsten Gegner bestreiten. Mit 78 hat sich Alexander Van der Bellen entschieden, im Herbst für eine zweite Amtszeit an der Spitze Österreichs zu kandidieren. Bei der Angelobung Anfang 2023 wäre er schon 79.

In Rente müsste er dann mit 85, da die Verfassung eine dritte Amtszeit ausschließt. Dass der ehemalige Grünen-Chef und Wirtschaftsprofessor seinen Platz in der Hofburg behalten wird, daran gibt es kaum Zweifel. Denn mit Ausnahme der FPÖ bescheinigen ihm alle Parteien einen guten Job.

Turbulente Amtszeit

Und der war kein leichter. So turbulent wie die wegen einer FPÖ-Klage wiederholten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 verlief auch die erste Amtszeit des Wahlsiegers. Wie kein Bundespräsident vor ihm war Van der Bellen gefordert, das Staatsschiff auf Kurs zu halten. War das höchste Amt früher oft als politische bedeutungsloses Staatsnotariat belächelt, von manchen sogar für verzichtbar befunden worden, so entwickelte sich die Hofburg zur Zentrale des Dauerkrisenmanagements.

2017 begann der Jungspund Sebastian Kurz die Republik mit der ÖVP-FPÖ-Koalition aufzumischen, zwei Jahre später brachte der Ibiza-Skandal um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erst die Koalition, in weiterer Folge auch den nun mit den Grünen regierenden Politpopstar Kurz zu Fall. Van der Bellen war nicht nur staatsnotariell gefordert, weil sich Dutzende zurückgetretene und neu anzugelobende Regierungsmitglieder in der Hofburg die Türklinke in die Hand gaben, sondern mehr als jeder seiner Amtsvorgänger innenpolitischer Akteur, etwa, als er nach dem Sturz des ersten Kabinetts Kurz eine Übergangsregierung erstmals mit einer Frau an der Spitze zimmerte. Auch in der Pandemie waren Van der Bellens aufmunternde und für die Einhaltung der Schutzmaßnahmen werbende Durchhaltereden gefragt.

So hektisch die Zeiten waren und künftig wohl sein werden, so ruhig wirkt Van der Bellen nach außen. Sein geradezu sedierendes Auftreten hat schon auf dem Weg in die Hofburg nicht geschadet: Journalistenfragen beantwortet der Professor nicht wie aus der Pistole geschossen mit bei anderen Politikern üblichen Sprechblasen, sondern meist nach einer Nachdenkpause und nicht selten auch mit einem Schuss Selbstironie.

Dabei lässt er einen professoralen Charme spielen, der niemals besserwisserisch daherkommt, sondern sogar die Selbstzweifel des Denkers mitkommuniziert. Auch eine gewisse Opa-Attitüde dürfte Gefallen gefunden haben: Mag die Welt rundherum noch so turbulent sein, Van der Bellen vermittelt seinen Landsleuten das Gefühl, dass die Lage zwar ernst, aber nicht hoffnungslos sei. Das gilt auch für den, so Van der Bellen, „Kriegswahnsinn“ in der Ukraine.

Nur FPÖ gegen VdB

Es gibt nichts zu mäkeln an der ersten Amtszeit dieses Bundespräsidenten. Nur die FPÖ, deren Kandidat Norbert Hofer vor sechs Jahren knapp an „VdB“ gescheitert war, wird nicht müde, den Bundespräsidenten als Kopf einer linkssozialistischen Verschwörung darzustellen. Die Grünen werden ihren ehemaligen Vorsitzenden sowieso unterstützen. Auch die SPÖ befürwortet eine zweite Amtszeit. Die ÖVP wollte zwar am Montag keine direkte Wahlempfehlung aussprechen, Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer wünschte Van der Bellen aber ausdrücklich „alles Gute“ und betonte, dass die Zusammenarbeit mit ihm „sehr positiv“ gewesen sei. Auch die liberalen Neos wollen den Bundespräsidenten weiter in der Hofburg sehen.

Vier der fünf Parlamentsparteien stehen also hinter Van der Bellen und verzichten auf Gegenkandidaturen. Lediglich die FPÖ will einen Mann oder eine Frau ins Rennen gegen Van der Bellen schicken. Präsentiert werden soll sie oder er erst im Sommer. Norbert Hofer wird es jedenfalls nicht sein. Der hat wegen Aussichtslosigkeit schon vor Längerem abgewunken und möchte erst 2028 wieder in den Ring steigen. Die nahe bei null liegenden Erfolgschancen werden allzu großes Gedränge um eine Nominierung verhindern.