/ Holocaust-Überlebende protestieren gegen umstrittenes Gesetz

Seit zwei Wochen wird in Israel gegen das Gesetz protestiert
Von unserem Korrespondenten Jens Mattern
Im Konflikt zwischen Polen und Israel scheint sich keine Lösung abzuzeichnen. Vor Polens Botschaft in Tel Aviv protestierten Israelis, darunter Holocaust-Überlebende. Beobachter fragen sich, ob Polens starker Mann Kaczynski diesen Konflikt provoziert hat.
Polens Außenminister ergreift die Flucht nach vorn. „Es wächst der Antipolonismus in Israel, auch verbunden mit der heißen Diskussion. Das ist ungut, beunruhigend“, so Jacek Czaputowicz nach Protesten am Donnerstag vor der polnischen Botschaft in Tel Aviv. „Das polnische Recht spuckt in das Gesicht des Volkes Israel“, stand auf den Transparenten, unter den Demonstranten waren auch Holocaust-Überlebende.
Israel protestiert seit zwei Wochen gegen ein Gesetz, das am Dienstag von Staatspräsident Andrzej Duda unterzeichnet wurde. In einer Klausel heißt es, dass „der polnischen Nation keine Verantwortung oder Mitverantwortung (…) an Naziverbrechen zuzuschreiben ist“. Somit könnte ein Berichten über polnische Kollaboration rechtlich verfolgt werden, beklagen israelische Kritiker.
Verhältnis ist angespannt
Die polnische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) will vor allem gegen den Ausdruck „polnische Todeslager“ vorgehen, der immer wieder in ausländischen Medien auftaucht und in dem sie einen Schuldvorwurf sieht. Das Gesetz, das Ende Februar in Kraft tritt, sieht eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren vor. Die liberale Öffentlichkeit in Polen fragt sich, ob dieser Konflikt wirklich notwendig sei. Denn das Verhältnis beider Staaten galt Jahre lang als freundschaftlich, nun ist es stark angespannt.
Israels Botschafterin Anna Azari steht vor der Abberufung, der israelische Bildungsminister Naftali Bennett wurde diese Woche von Warschau wieder ausgeladen, da er in drastischen Worten an die Ermordung von Juden durch Polen erinnerte.
Zwar gibt es auch gemäßigte Töne, wie ein offener Brief israelischer und polnischer Intellektueller, die die Politiker beider Länder aufrufen, die Völker nicht wieder zu teilen.
Doch es scheint klar, dass mit dem Gesetz eine weitere politische Front eröffnet wurde – und in diesem Fall ist der wichtigste PiS-Verbündete, die USA, aufseiten Israels. Dabei kam die Kritik Israels nicht überraschend – der im Januar entlassene Außenminister Witold Waszczykowski berichtete diese Woche von mehreren Protestnoten aus Jerusalem während der Vorbereitung des Gesetzes.
Strippenzieher hinter den Kulissen
Roman Giertych, ehemals Erziehungsminister in der ersten Regierungsperiode der PiS 2005 bis 2007, glaubt, dass der Streit von PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski gewollt ist. Demnach brauche Kaczynski den Konflikt, und seine Anhänger wollten, „dass immer um etwas gekämpft wird“.
Der Parteivorsitzende gilt als der eigentliche Strippenzieher der polnischen Regierung, der Premierminister Mateusz Morawiecki vorsteht. Der 68-jährige Kaczynski stand nie im Verdacht, ein Antisemit zu sein. Einen Politiker, der in den 90er Jahren einen entsprechenden Witz riss, schmiss er aus der Vorgängerorganisation der PiS. Jakub Bierzynski, polnischer Experte für politisches Marketing, glaubt, dass ein „politischer Krieg“ Polen über die Parteigrenzen zusammenschweißen könne, dies sei im Sinne des nationalkonservativen Taktikers. Israel gebe dazu einen idealen Kontrahenten ab.
Die Reaktionen seien vorhersehbar, da Benjamin Netanjahu kurz vor den Wahlen aggressiv reagiere und die Wirtschaftsbeziehungen nicht von Bedeutung seien. Glaubt man dem Marketingexperten, gebe es nach der Lesart von Kaczynski nur noch Polen und Verräter, um politische Programme gehe es nicht mehr. Ein weiterer Schachzug, um die Opposition im Land zu marginalisieren. Bislang können sich Kaczynski und seine Partei auf die Zustimmung der Bevölkerung stützen. Nach Umfragen bejahen 43 Prozent den Kurs der Regierung, 40 Prozent wollen diejenigen mit Gefängnis bestrafen, die dem polnischen Volk eine Verantwortung für Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs zuschreiben.
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