Google ist die wahre Datenkrake

Google ist die wahre Datenkrake

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Von unserem Korrespondenten John Dyer

Facebook steht in der Kritik, weil es Daten von Nutzern weitergegeben hat. Doch Google sammelt weitaus mehr Daten, von Bewegungsprofilen bis zu Suchlisten. Diese Daten werden über viele Jahre gespeichert und systematisch kommerzialisiert.

Der vermeintliche Missbrauch der Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern durch Cambridge Analytica hat Menschen auf der ganzen Welt empört. Google verfügt hingegen über weit mehr Informationen über seine Nutzer als Facebook, warnen Experten.

Die kostenlose und allgegenwärtige Suchmaschine des Unternehmens aus dem Silicon Valley, seine Cloud-Dienstleistungen wie Google Drive, YouTube-Protokolle, Google Maps, die zwei Milliarden Android-Betriebssysteme für Smartphones und andere Anwendungen saugen wahrscheinlich mehr Informationen über Menschen auf als Facebook, sagen sie.

Reporter bei jedem Schritt beobachtet

Die konservative britische Daily Mail hat kürzlich eine Untersuchung veröffentlicht, nach der Google die Reisen eines Reporters zur und von der Arbeit verfolgt hatte und auch, ob er vier Jahre lang ging, joggte, Fahrrad fuhr oder öffentliche Verkehrsmittel benutzte. Google wusste auch, welche Restaurants, Bars und Geschäfte er besucht hatte und wann er in ein Krankenhaus eingeliefert worden war. Die Google-Daten würden in einem Jahr fast 570.000 Blatt Papier füllen.

Google konnte diese Informationen verwenden, um Anzeigen anzupassen, die dem Reporter angezeigt wurden, wenn er das Internet nutzt, sein Gmail-Konto überprüft oder andere Produkte von Alphabet, Googles Muttergesellschaft, verwendet.

Unwissenheit schützt nicht vor Verfolgung

Google verfolgt auch Nicht-Nutzer, da bis zu 50 Millionen Internetseiten Google Analytics verwenden, einen Dienst zur Analyse der Nutzung von Internetseiten. Zudem können Text- und Anrufprotokolle von Android genutzt werden. Laut den Richtlinien von Alphabet greifen Android-Apps nur auf Informationen zu, die sie benötigen. Es gibt jedoch keine Einschränkungen darüber, wie diese Informationen verwendet werden können.

Experten an der Universität von Kalifornien in Berkeley veröffentlichten kürzlich eine Studie, laut der Android-Handys Kinder über Online-Spiele aufspüren können. Das wäre eine Verletzung des amerikanischen Gesetzes, das die Datenerfassung von Kindern unter 13 Jahren einschränkt.

Das Problem liegt darin, dass das Geschäft mit den Daten lukrativ geworden ist. Facebook, Google, Twitter und andere Online-Dienste hängen davon ab, dass der Nutzer seine Privatsphäre aufgibt, ob willentlich oder nicht. Sowohl Facebook als auch Google sammeln nach wie vor auch Daten über Nutzer, die sich gegen Werbung auf von ihnen verfassten Beiträgen oder ihrer Internetsuche entscheiden. „Es gibt ein systemisches Problem und es ist nicht auf Facebook beschränkt“, sagte der Informatiker der Princeton University, Arvind Narayanan, dem Wall Street Journal.

Gesetzgeber zeigen Google die Stirn

In der EU treten im nächsten Monat neue Datenschutzregeln in Kraft, die verhindern sollen, dass Google seine Daten weitergibt. Aber Kritiker in der Verlagsbranche sagten, dass das Unternehmen bereits versucht, diese Regeln zu umgehen, indem die Suchmaschine nicht dazu verpflichtet sein soll, eine Zustimmung zur Nutzung von Daten einzuholen. Herausgeber von Online-Inhalten sollten hingegen dazu verpflichtet werden. „Dies ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Monopolisten das tun, was Monopolisten eben tun“, heißt es von Digital Content Next, einer Vereinigung von Online-Verlegern.

In Kalifornien werden die Wähler im November zu einem Referendum aufgerufen, das auch die Funktionsweise von Google verändern könnte. Die Vorlage will Nutzern das Recht geben, Google und anderen Diensten zu verbieten, ihre Daten weiterzugeben. Zudem hätten sie das Recht, zu wissen, wer die eigenen Daten gekauft hat und wie diese Daten geschützt werden. Facebook hat seinen Widerstand gegen die Vorlage aufgegeben. Google ist immer noch dagegen.