EU-Impfstoffverteilung / Gipfel der Zukurzgekommenen: Sechs Länder fordern Änderungen, sagen aber nicht, wie
Mit einem – teils realen, teils virtuellen – Treffen von sechs EU-Regierungschefs drängt Österreich auf eine gerechtere Verteilung der Corona-Impfstoffe. Doch nicht immer ist die EU schuld, wenn es zu wenig Vakzin gibt.
Das Corona-Krisenmanagement läuft schon lange nicht mehr rund in Österreich. Die Fallzahlen steigen, die Impfkampagne kommt nicht richtig auf Touren. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Impfung zur Chefsache erklärt, wobei er auf das Schuld-sind-immer-die-anderen-Prinzip setzt.
Am Wochenende hatte er Gesundheitsminister Rudolf Anschober öffentlich aufgefordert, den für Impfstoffbeschaffung zuständigen Spitzenbeamten abzuziehen. Um des lieben Koalitionsfriedens willen apportierte der grüne Minister am Montag die gewünschte Personalrochade. Auch die EU hat Kurz im Visier. Er äußerte den Verdacht, dass es bei der Verteilung des Impfstoffes in der EU wie im „Basar“ zugehe. Dem widersprach zwar sogar sein Landsmann und Parteifreund Johannes Hahn in der EU-Kommission, doch Kurz untermauert seinen Verdacht mit Zahlen.
So wie es ist, so soll es nicht bleibenösterreichischer Kanzler
„Malta hat Impfdosen verabreicht, die fast 30 Prozent der Bevölkerung entsprechen, Bulgarien nicht einmal 5 Prozent. Das widerspricht der Idee, alle 450 Millionen Europäer gleich zu versorgen“, twitterte er gestern vor einem Gipfeltreffen der angeblich zu kurz Gekommenen: Der Kanzler lud seinen Amtskollegen Andrej Babis (Tschechien), Janez Jansa (Slowenien) und Bojko Borissow (Bulgarien) nach Wien ein und schaltete den kroatischen Premier Andrej Plenkovic sowie den lettischen Ministerpräsidenten Krisjanis Karins per Video dazu.
Kommission sagt, es liegt an den Staaten
Die sechs waren sich einig: „So wie es ist, so soll es nicht bleiben“, so Kurz nach dem Gipfel. Was aber weder er noch seine Amtskollegen sagten: wie sich etwas ändern soll. Vorschläge, wie die tatsächlich ungleichen Durchimpfungsraten in den EU-Ländern angeglichen werden könnten, gab es keine. Nur die Einsicht, für die es keinen Gipfel gebraucht hätte: „Wenn eine Situation kompliziert ist, dann ist sie auch nicht einfach aufzulösen“, meinte Kurz und forderte einen „Korrekturmechanismus“.
Der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Martin Selmayr, hatte schon am Vorabend darauf hingewiesen, dass die Verteilung der Impfstoffe so vonstattengehe, wie es die Regierungschefs, also auch der österreichische, beschlossen hatten. Dass manche Staaten mehr, andere weniger Vakzin haben, obwohl eigentlich nach einem Bevölkerungsschlüssel verteilt werden soll, liegt auch an den nationalen Beschaffungspolitiken.
Die Opposition äußerte sich weniger diplomatisch zurückhaltend als der Brüsseler Vertreter. Die SPÖ warf der Bundesregierung gestern vor, Möglichkeiten zum Nachkauf von Impfstoffdosen nicht wahrgenommen zu haben, weil Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) die Ausgaben dafür auf 200 Millionen Euro gedeckelt habe. Auch beim nächsten Impfstoff in der Pipeline, dem von Johnson&Johnson, hat Wien statt nach dem Schlüssel zustehenden 3,9 Millionen nur 2,5 Millionen Dosen geordert. Für SPÖ-Vizefraktionschef Jörg Leichtfried war das gestrige Wiener Treffen daher nur ein „Gipfel der Geizigen“. Auch die liberalen Neos halten wenig von der Suche nach Sündenböcken, sondern raten Kurz einfach: „Impfen statt schimpfen!“
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