RusslandGerichtsfarce rund um Alexej Nawalny

Russland / Gerichtsfarce rund um Alexej Nawalny
Eine Aufnahme von einem Videostandbild zeigt den russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny, der neben seiner Ehefrau Julia steht, während er von der Polizei bei der Passkontrolle nach der Ankunft am Flughafen Scheremetjewo festgehalten und verhaftet wird Foto: dpa/Sputnik

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Behörden in Russland schrecken auch vor fragwürdigen „Eilprozessen“ nicht mehr zurück. Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny muss zunächst für 30 Tage hinter Gitter.

Schon in der Nacht auf Montag hatten Alexej Nawalnys Mitstreiter Alarm geschlagen. „Nawalny wurde entführt, er ist in Gefahr. Er ist in der Hand jener Leute, die ihn schon einmal umbringen wollten.“ So drückte Leonid Wolkow, enger Vertrauter Nawalnys, seine Beunruhigung nach der Festnahme des Oppositionspolitikers aus. Nawalny war nach seiner Ankunft aus Berlin an der Passkontrolle von Polizisten abgeführt worden. Dann verlor sich seine Spur.

Wolkows Warnung war begründet. Am Montag fanden die absurden Vorgänge rund um Nawalny ihre Fortsetzung. In einer improvisierten Gerichtsverhandlung in einer Polizeidienststelle. Die Behörden hatten offenbar die Anweisung, Nawalny nach den gesetzlich festgeschriebenen 48 Stunden auf keinen Fall gehen zu lassen. Also ließ man sich Folgendes einfallen: Eine Gerichtsverhandlung, die über den Gewahrsam Nawalnys entschied, wurde kurzerhand in der Polizeiwache abgehalten. Denn draußen warteten Anhänger und Journalisten.

Russische Experten sprechen von rechtswidrigen Vorgängen. Die Verfassung kennt keine „auswärtigen“ Spontan-Prozesse. Nawalny äußerte sich in einem kurzen Video aus dem Saal: „So etwas habe ich noch nicht gesehen. Das ist die höchste Stufe von Gesetzlosigkeit.“ Nawalny bezeichnet in dem Clip Putin wörtlich als „Opa im Bunker“. Er sei erst Minuten zuvor aus der Zelle in den Raum geführt worden, ohne vorher in Kontakt mit seinem Anwalt treten zu können.

Nawalny muss möglichst schnell hinter Gitter, egal wie – so lautet offensichtlich der Befehl von oben. Nachdem der Politiker den Nowitschok-Anschlag vom August überlebt hat, hat er seine Rhetorik gegen Wladimir Putin, den er persönlich für die Attacke verantwortlich hält, radikalisiert. Seine Rückkehr nach Russland wird im Kreml als Kriegserklärung aufgefasst. Im Umgang mit dem Kritiker scheinen nicht nur russische Agenten, sondern auch normale russische Behörden gewillt, die Rechtsstaatlichkeit über Bord zu werfen. Nach der gestrigen Verhandlung, die Nawalny einen 30-tägigen Arrest einbrachte, wartet noch ein fragwürdiges Verfahren auf ihn. Ende Januar wird ein anderes Gericht über eine mehrjährige Gefängnisstrafe entscheiden. Die russische Strafvollzugsbehörde beschuldigt Nawalny, dass er gegen die Auflagen einer früheren Bewährungsstrafe verstoßen habe. Ihm wird zur Last gelegt, dass er sich nach dem Giftanschlag nicht wie vorgeschrieben bei den Behörden gemeldet habe. Nawalny wurde in dieser Zeit in Deutschland medizinisch behandelt.

Mit großem administrativ-repressiven Aufwand hat der Staatsapparat versucht, einen Jubel-Empfang für Nawalny zu verhindern. Am Sonntag riegelte man den Flughafen Wnukowo ab. Die Ankunftshalle füllte sich mit angeblichen Fans eines russischen Popstars. Und schließlich wurde in einer waghalsigen Aktion Nawalnys Flugzeug auf den Airport Scheremetjewo umgeleitet, wo er schließlich festgenommen wurde.

Demonstrative Ignoranz ist unglaubwürdig

Die Behörden haben zweifelsohne die Macht und Erlaubnis für derartige Operationen. Doch damit begibt man sich auf rutschigen Boden. Gleichzeitig unterstreicht der Staat damit, für wie gefährlich er Nawalny hält. Dieser dürfte sich erst recht herausgefordert fühlen. Weitere Eskalationen zwischen dem Kreml und seinem Hauptgegner scheinen vorprogrammiert.

Zudem lässt die Aktivität des Apparats die demonstrative Ignoranz unglaubwürdig erscheinen, mit der vor allem die Staatsspitze den 44-Jährigen straft. Der Kreml spricht bekanntlich seinen Namen nicht aus, redet ihn als „Blogger“ klein. Aktuell gefragt zu Nawalnys Festnahme, erlaubte sich Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow die Gegenfrage, ob der Politiker etwa in Deutschland festgenommen worden sei. Und Außenminister Sergej Lawrow erklärte am Montag bei seiner Jahrespressekonferenz missmutig, der Westen kapriziere sich auf Nawalny, um von seinen eigenen Problemen abzulenken.

Das Vorgehen Moskaus dürfte die westliche Sanktionen-Debatte wieder hochkochen lassen. Deutschlands Außenminister Heiko Maas hielt die Festnahme für „unverständlich“. Auch die EU, die USA und das österreichische Außenministerium haben die Freilassung des Politikers verlangt. Amnesty International erklärte Nawalny zum Gewissensgefangenen.

HTK
20. Januar 2021 - 9.57

Diese Regime kennt man nicht anders. In China wird man bei Kritik an der Führung systematisch isoliert,in Mordkorea verschwindet man von der Bildfläche und in Russland wird es wohl ähnlich abgehen.Es würde niemanden wundern wenn Nawalny morgen an Herzversagen sterben würde.

Theater
20. Januar 2021 - 9.04

Dat Ganzt gesäit effektiv aus wi Theater. An e puer Joer wärte mir doriwer opgeklärt gin. Vläicht schafft dat "aarmt" Opfer mam Herr Putin zesummen an se huëlen eis allebéid just op der Aarm.

Jeff
20. Januar 2021 - 6.59

Den Här Lawrow huet vollkomme Recht andeems hien seet dass den Westen sech dorop fokusséiert huet. Déi Däitsch Tele huet bericht vun e puer honnert Awunner, déi um Flughafen Vnukovo gewaart hunn. An dobäi huet Moskau iwwert 10 Milliounen Awunner. Do hat Gebuert vum Äisbier Knut zu Berlin am Zoo jo méi Léit intresséiert. Wisou ginn hei am Artikel dem Här Lawrow seng Positioun an Argumenter net zitéiert? Ass dat kontraproduktiv an der Argumentatioun fir d' russophobie oprecht ze erhalen? Wisou ass net erwäänt ginn dass Charité Klinik zu Berlin an och Klinik zu Omsk, keen Gëft fonnt hunn? Déi ominéis Vergëftung ass eréischt spéider an enger Klinik vun der Bundeswehr entdeckt ginn. Wéi kennen se wëssen dass et Nowitschok war, hat de Westen dach no der Skripal affäir héich an helleg versprach dass se keng Anung a Referenzen vum Nowitschok hunn .... an elo, bemol, hunn 3 Länner bestätegt dass et Nowitschok war - komesch Geschicht