Geisterschiffe aus Nordkorea

Geisterschiffe aus Nordkorea

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Seit Jahren stranden immer wieder mysteriöse Holzboote an Japans Westküste. So gut wie immer finden die Behörden Hinweise darauf, dass die Schiffe aus Nordkorea stammen. Oft ist die Besatzung bei der Ankunft bereits tot.

Von unserer Korrespondentin Susanne Steffen

Seit ein paar Monaten landen besonders viele Geisterschiffe in Japan. Die Regierung in Tokio vermutet, dass dies ein Zeichen ist, dass die harten Sanktionen der Vereinten Nationen endlich greifen. Die Behörden gehen davon aus, dass es sich um nordkoreanische Fischerboote handelt. In einigen Fällen fanden die Behörden aber auch Militärabzeichen an den Booten.

Mehr als hundert Geisterschiffe

104 solcher Geisterschiffe sind allein im vergangenen Jahr an Japans Küsten gestrandet. So viele waren es noch nie, seit die Regierung vor vier Jahren angefangen hat, die Geisterschiffe zu zählen. In zwei Drittel der Fälle konnte die Besatzung nur noch tot geborgen werden.

In den wenigen Fällen, in denen die Besatzung gerettet werden konnte, erklärten die Crewmitglieder, sie seien nordkoreanische Fischer und in Seenot geraten. Keiner der Geretteten beantragte Asyl; alle baten um rasche Rückführung nach Nordkorea.

Einfachste Bauart

Oft sind die Boote sehr einfach gebaut, ohne moderne Motoren und sogar ohne Navigationsgeräte. Wenn die Besatzung zu weit raus aufs Meer fährt oder die starken Winterwinde die Schiffe vom Kurs abbringen, sind diese Boote oft nicht in der Lage, den Meeresströmungen zu widerstehen. Bisweilen dürfte die Crew auch die Orientierung verloren haben, mutmaßen Experten in japanischen Medien.

Über die Gründe, warum sich plötzlich so viele Fischer auf so gefährliche Fangfahrten begeben, streiten die Experten. Weil es nicht genug Lebensmittelrationen gebe, erhielten viele Crews die Order, trotz Treibstoffmangel und der im Winter besonders rauen See auf Fangfahrt zu gehen, erklärten japanische Regierungsvertreter in der vergangenen Woche bei einem Treffen mit US-Außenminister Rex Tillerson. Das sei ein deutliches Zeichen, dass die Sanktionen zu greifen beginnen, zitierten japanische Medien aus den Gesprächen.

Medien vermuten Spione

In Boulevardmedien wurde dagegen immer wieder spekuliert, dass die Boote möglicherweise Spione transportieren. Geschürt wurde diese Angst, nachdem im November die Besatzung eines gestrandeten Schiffs auf einer unbewohnten Insel eine Schutzhütte für in Seenot geratene Besatzungen geplündert hatte. Angesichts der extrem hohen Todesrate der Besatzungen halten Experten diese These jedoch für äußerst unwahrscheinlich.

Fische fangen um jeden Preis

Wesentlich wahrscheinlicher ist es nach Ansicht von Experten, dass die Fischer auf Anweisung des jungen Machthabers Kim Jong-un die gefährlichen Fahrten antreten, um ihre Fänge zu erhöhen. Immer wieder zitieren japanische Beobachter aus nordkoreanischen Medien Kampagnen, mit denen das Regime versucht, die Versorgungskrise unter anderem durch einen Ausbau der Fischereiwirtschaft zu lösen.

Auch das Militär wird Berichten zufolge eingebunden, um die Fangziele zu erfüllen. Das erkläre auch die offensichtlich zum Militär gehörenden gestrandeten Geisterschiffe, argumentieren japanische Kommentatoren.