Ehrenwerte Diebe wählen Ersatzchef

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Nachdem klar wurde, dass der derzeitige "Boss der Bosse" Schakro der Jüngere für längere Zeit hinter Gitter muss, haben die "ehrenwerten Diebe", wie die russischen Paten sich nennen, eine Vertretung für diese Zeit gewählt.

Von unserem Korrespondenten Axel Eichholz

In der russischen Unterwelt herrscht ein oft blutiger Machtkampf. Dort geht es aber wenigstens geordneter zu als im Kreml. Nachdem klar wurde, dass der derzeitige „Boss der Bosse“ Schakro der Jüngere für längere Zeit hinter Gitter muss, haben die „ehrenwerten Diebe“, wie die russischen Paten sich nennen, eine Vertretung für diese Zeit gewählt. In der „normalen“ Welt hat dagegen der amtierende Präsident Wladimir Putin bisher nicht einmal erklärt, ob er im kommenden März antreten wird.

Mafia braucht dringend einen Schatzmeister

Unmittelbar nach der Festnahme des Schakro (alias Sachari Kalaschow) im August 2016 waren die Paten übereingekommen, sich mit Kandidaturen eines zeitweiligen Nachfolgers bis auf Weiteres zurückzuhalten, schreibt die Nachrichtenagentur „Rosbalt“. Damals habe noch die Hoffnung bestanden, der amtierende oberste Boss werde sich irgendwie herauswinden.

Nun ist aber klargeworden, dass er die Straflager nicht so bald verlassen wird. Es geht vor allem um seine Rolle als Schatzmeister und Verwalter des „Obschtschak“, der schwarzen Kasse. Unter zahlreichen Anwärtern auf diese Stellung bekam schließlich Wassili Christoforow (Wassja Woskres) den Zuschlag. Er gehört zu derselben Familie wie Schakro und steht in dem Ruf, absolut ehrlich zu sein, soweit diese Einschätzung bei einem Profidieb zulässig ist.

Dreiergremium nicht durchsetzbar

Ende 2016 gab es die Idee, den „Thron“ durch ein Dreiergremium zu ersetzen. Wladimir Tjurin, genannt Tjurik, sollte das Gesicht der Mafia werden. Juri Pitschugin (Pitschuga) sollte die „operative Arbeit“ übernehmen und Lascha Rustawski die russische Mafia im Ausland vertreten. Tjurik geriet aber ins Zwielicht nach der Ermordung des Duma-Abgeordneten Denis Woronenkow in Kiew. Er war der erste Ehemann der Witwe, Opernsängerin Maria Maksakowa, gewesen und gilt jetzt als der Hauptverdächtige des Mordes.

Nummer eins – auch auf der Abschussliste

Zwischendurch wurde Michail Wojewodin (Mischa Luschnezki) als Anwärter auf Schakros Nachfolge gehandelt, er zog aber das Schweizer Exil dem Kampf für die Ideale der Mafia an der vordersten Front zu Hause vor. Eigentlich hat auch Wassja Woskres noch nicht endgültig zugesagt. Man reißt sich eben nicht um die zweifelhafte Ehre, „Boss der Bosse“ zu werden. In den letzten Jahren fielen bereits Wjatscheslaw Iwankow (Japaner) und Aslan Ussojan (Opa Hassan) in Moskau durch die Kugeln der Konkurrenz.

Pornoschauspielerin gegen Putin

Andrang gibt es dagegen von Anwärtern für den Posten Nummer eins im „normalen“ Staat. Vier Frauen wollen gegen Wladimir Putin kandidieren. Als letzte hat sich die Pornoschauspielerin Jelena Berkowa gemeldet. Ihr Programm enthält solche ausgefallenen Forderungen, wie die „sexuelle Reifeprüfung“ und die Todesstrafe für sexuelle Belästigung. Das ist offenkundiger Jux. Den kann sich Putins Mitbewerberin aber leisten, weil sie ohnehin nicht zugelassen wird. Sie ist erst 32 und hat damit das Mindestalter von 35 Jahren für Präsidentschaftskandidaten noch nicht erreicht.