Wahlbeobachter in den USADrei Luxemburger in heikler Mission

Wahlbeobachter in den USA / Drei Luxemburger in heikler Mission
Dieses Jahr sind 58 Kurzzeitbeobachter der OSZE bei den US-Wahlen im Einsatz, darunter auch drei Delegierte aus Luxemburg. Sie müssen sicherstellen, dass die Wahlprozeduren auch alle eingehalten und die Wähler nicht an ihrer Stimmabgabe gehindert werden. Foto: AFP

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Mehr als 240 Millionen US-Bürger waren gestern aufgerufen, den Sieger im erbitterten Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden zu bestimmen. Selten aber war eine Wahl so umkämpft, die Gefahr einer Manipulation so hoch. Vor diesem Hintergrund hat die OSZE auch dieses Jahr wieder Wahlbeobachter in die USA entsendet. Darunter auch drei Vertreter aus Luxemburg.

In normalen Zeiten wäre die Mission kaum der Rede wert. Seit Jahrzehnten entsendet die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Wahlbeobachter in die ganze Welt, seit 2002 auch in die Vereinigten Staaten. Eigentlich ein normaler Vorgang, der höchstens dann in die Schlagzeilen gerät, wenn es sich um Wahlen in gefährlicheren Ecken dieser Welt handelt. Normal sind die Zeiten derzeit nicht – vor allem nicht in den USA, wo der Präsident seit Monaten schon Zweifel am Wahlprozess sät und zuletzt auch ausländische Mächte Interesse daran zeigten, die Stimmabgabe des Volkes zu manipulieren.

Tatsächlich war die US-Wahl selten so umkämpft wie in diesem Jahr. Bis zuletzt hat der amtierende Präsident Donald Trump Angst vor Unruhen geschürt und vor angeblichem Wahlbetrug gewarnt. Vor allem auf die vielen Briefwahlstimmen hatte es der Präsident abgesehen. Ein System, das von vielen Demokraten bevorzugt wird. Nun befürchten nicht nur Kritiker, dass Trump eine mögliche Niederlage nicht anerkennen könnte. Auch der unabhängigen Beobachtung durch die OSZE-Vertreter kommt vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu.

Vor den Wahlen zeugte schon ein Zwischenbericht der Langzeitbeobachter von einer Atmosphäre, die von einem „hohen Grad an Polarisierung und Spaltung“ geprägt sei. Beobachter zufolge könnte die Legitimität der Wahlen infrage gestellt werden, weil der Amtsinhaber wiederholt von Wahlbetrug gesprochen habe. Auch hatte sich Trump im Vorfeld mehrfach geweigert, im Fall einer Niederlage einer friedlichen Machtübergabe zuzustimmen. „Potenzial für politische Gewalt“ sei auf jeden Fall vorhanden, schlussfolgerte die OSZE.

Nun ist die OSZE keine Wahlpolizei und kein Schiedsgericht. Die Wahlbeobachter können die Wahl nicht für gültig oder ungültig erklären. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, zu beobachten, zu berichten, und dabei eine bewährte Methodologie anzuwenden. Ihre Glaubwürdigkeit gründet auf der Objektivität ihrer Arbeit. Und das wissen auch die drei Vertreter Luxemburgs.

Ein Trio für Luxemburg

Jeder Mitgliedstaat der OSZE entsendet eine bestimmte Zahl an Delegierten zu diesen Wahlmissionen. In den USA waren es in den letzten Tagen 58 Kurzzeitbeobachter, die sich wegen der Pandemie vor allem auf neun wichtige „Swing States“ und Staaten im Umfeld der Hauptstadt konzentrierten. Unter den Kurzzeitbeobachtern befanden sich auch drei Delegierte aus Luxemburg, die zusammen mit den Kollegen aus anderen Ländern das Wahlprozedere überwachen und über die Legitimität der US-Wahlen befinden sollten: die Abgeordneten Josée Lorsché („déi gréng“), Claude Haagen (LSAP) und Gusti Graas (DP).

Dem Trio wurden im Vorfeld 15 Wahlbüros in Washington DC und im Bundesstaat Maryland zugeteilt, die sie am Wahltag unangemeldet aufsuchen mussten. „Eigentlich handelt es sich um eine ganz normale Prozedur. In Luxemburg werden die Wahlen auch von Entsandten aus den anderen OSZE-Staaten beobachtet“, betonte Claude Haagen im Gespräch mit dem Tageblatt. Brisant sei die Mission nur wegen der Äußerungen des Amtsinhabers und des hohen öffentlichen Interesses, das den USA in den letzten vier Jahren unter Donald Trump zuteil wurde.

„Wir suchen die Wahlbüros auf und prüfen vor Ort, ob auch alles den Regeln entspricht“, sagt Haagen. So wird unter anderem die allgemeine Organisation unter die Lupe genommen, die Erreichbarkeit der Wahllokale und die Wahlprozeduren an sich. „Wir prüfen zum Beispiel, wie die Wähler empfangen werden, ob sie problemlos zur Stimmabgabe gelangen oder ob sie bei der Stimmabgabe behindert wurden“, erklärt der Abgeordnete. Barrierefreiheit und Covid-Maßnahmen seien weitere Elemente, auf die sie dieses Jahr viel Wert legten.

Ein halbes Dutzend Wahlbüros hatte das Trio bis zur Mittagsstunde Ortszeit bereits aufgesucht. „Und ich muss zugeben, dass wir bis jetzt nichts auszusetzen hatten. Alles ist einwandfrei organisiert“, verrät Claude Haagen dem Tageblatt kurz vor Redaktionsschluss. Allerdings standen zu diesem Zeitpunkt noch neun weitere Wahlbüros auf der Tagesordnung.

„Eine interessante Erfahrung“: Député-maire Claude Haagen ist nicht zum ersten Mal für die OSZE unterwegs. Doch es ist seine erste Mission in den Vereinigten Staaten. 
„Eine interessante Erfahrung“: Député-maire Claude Haagen ist nicht zum ersten Mal für die OSZE unterwegs. Doch es ist seine erste Mission in den Vereinigten Staaten.  Foto: Editpress/Tania Feller

In der Hauptstadt herrsche indessen eine „gespenstische Atmosphäre“, wie der Luxemburger Wahlbeobachter feststellen musste. „Man spürt, dass etwas unter der Oberfläche brodelt. Im Stadtzentrum etwa wurden aus Sorge vor Ausschreitungen fast alle Läden verbarrikadiert“, so Haagen, der ebenfalls von einer hohen Polizeipräsenz in Washington DC ausging. Auch seien viele Straßen komplett gesperrt.

„Wenn man sich die Beiträge in den Medien anschaut, dann wurde der Wahlkampf bis zuletzt mit teils harten Bandagen geführt. Da kamen zum Teil Geschichten aufs Tapet, bei denen ich aus dem Staunen nicht mehr herauskam“, musste der Luxemburger Politprofi gestern zugeben. Nun denke man bei den Vereinigten Staaten an ein demokratisches Land mit einem funktionierendem Rechtssystem, so Haagen. „Wenn man dann aber hört, was einem aus anderen Bundesstaaten zugetragen wird – Probleme bei der Briefwahl etwa oder unterschiedliche Regeln beim Early Voting – dann kann man schon nachvollziehen, wieso die Beobachter sich Sorgen machen.“

Es sei zwar nicht seine erste Wahlbeobachtung, dafür aber seine erste Mission in den USA. „Es ist auf jeden Fall eine interessante Erfahrung, die US-Wahlen auch mal live vor Ort zu erleben!“, so Haagen. Die größte Gefahr sehe er in einem knappen Ausgang in der Wahlnacht. „Im Fall, dass einer der beiden Kandidaten den Sieg für sich beansprucht, ohne dass alle Stimmen ausgezählt wurden, könnte es durchaus brenzlig werden“, befürchtete der „Député-maire“ aus Diekirch.

trotinette josy
4. November 2020 - 19.43

Drei Luxemburger, als Wahlbeobachter, in den USA. Ausser Spesen, nichts gewesen.