Wahlen in DeutschlandDie Grünen jubeln trotz ihres verfehlten Wahlziels

Wahlen in Deutschland / Die Grünen jubeln trotz ihres verfehlten Wahlziels
„Ein Löwenherz“: Annalena Baerbock und Robert Habeck bei der Wahlparty Foto: dpa/Kay Nietfeld

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Sie waren angetreten, um Platz eins zu erobern. Doch am Wahlabend mussten die Grünen zeitweise sogar um Platz drei bangen – ein enttäuschendes Ergebnis gemessen an ihrem ursprünglichen Anspruch.

Um 18.47 Uhr ist es so weit: Annalena Baerbock und Robert Habeck, die beiden Parteichefs, kommen auf die Bühne, fast 400 Parteifreunde warten gespannt auf ihre Einordnung des Wahlergebnisses. „Das ist unser historisch bestes Ergebnis, aber wir können an diesem Abend nicht nur jubeln“, ruft Baerbock der Menge zu. Sie seien angetreten, um erstmals das Kanzleramt zu erobern. „Aber aufgrund eigener Fehler von mir hat es diesmal noch nicht gereicht.“ Ganz kurz ist es still im Saal. Dann ergreift Habeck das Mikrofon. „Du bist eine Kämpferin, ein Löwenherz!“ Die Menschen in der Halle skandieren „Annalena, Annalena!“

Die Grünen konnten ihr Ergebnis von 2017 (8,9 Prozent) zwar deutlich verbessern. Es ist aber dennoch enttäuschend für das Spitzenduo, das mit viel größeren Ambitionen angetreten war. Baerbock und Habeck hatten anfangs das Kanzleramt im Visier, wollten stärkste Kraft werden. Nach der Kür Baerbocks zur Kanzlerkandidatin im April schien die Rechnung vorerst aufzugehen: Zeitweise führten die Grünen mit bis zu 28 Prozent die Umfragen an. Dann aber häuften sich die persönlichen Fehler Baerbocks. Die 40-Jährige hatte einen Nebenverdienst nicht gemeldet, ihren Lebenslauf aufgehübscht. Als Plagiatsvorwürfe hinzukamen, rutschten die Grünen in den Umfragen ab.

Der nächste Kampf

In der nächsten Bundesregierung sind sie aber mit hoher Wahrscheinlichkeit vertreten – in welcher Konstellation ist nach dem Wahlabend aber weiter offen. Lieblingspartner der Grünen wäre die SPD. Die Union sei jetzt besser in der Opposition aufgehoben, hieß es schon vor dem Wahlabend. Ein Ampelbündnis mit SPD und FDP würden Habeck und Baerbock einer Jamaika-Koaliton mit Union und FDP klar vorziehen – vorausgesetzt, die FDP würde mitmachen. Die zeigt aber eine klare Präferenz für Jamaika.

Ein zäher Kampf um die Macht zeichnet sich ab — und um die Frage, wer sich als Königsmacher durchsetzt: FDP-Chef Christian Lindner oder Habeck. Denn bei den Grünen fällt nun Habeck eine Schlüsselrolle zu, nachdem Baerbock im Wahlkampf gepatzt hatte.