LondonDer Westen schaut wieder nach Süden: G7-Staaten wollen Einfluss Chinas eindämmen

London / Der Westen schaut wieder nach Süden: G7-Staaten wollen Einfluss Chinas eindämmen
„Etwas entgegensetzen“: Die G7 diskutieren über autoritär regierte Staaten wie China und Russland Foto: AFP/Stefan Rousseau

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In der Ära Trump galt die G7 fast schon als Auslaufmodell. Jetzt könnte die Gruppe westlicher Industriestaaten ein Comeback erleben. Das liegt vor allem an der zunehmenden Konkurrenz zu autoritär regierten Länder wie China und Russland.

Die G7-Staaten wollen enger zusammenarbeiten, um den wachsenden Einfluss Chinas in der Welt einzudämmen. Die Außenminister der westlichen Wirtschaftsmächte verständigten sich gestern bei einem Treffen in London darauf, dazu gerade in strukturschwachen Regionen Afrikas, Lateinamerikas oder auch Südosteuropas aktiver zu werden.

„Wir wollen uns viel intensiver damit auseinandersetzen, inwieweit China seine wirtschaftliche Macht nutzt, um seinen geostrategischen Einfluss überall auf der Welt auszudehnen“, sagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas am Rande der Beratungen. „Dem wollen wir etwas entgegensetzen.“ Maas zufolge solle in der China-Politik auch ein stärkerer Fokus auf Menschenrechtsfragen gelegt werden.

Wertegemeinschaft

Die G7 verstehen sich als Staatengruppe, die die westliche Wertegemeinschaft vertritt. Ihr gehören die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada an.

Die China-Politik ist zwischen den Europäern und den USA bisher umstritten. Die Amerikaner verfolgen einen deutlich härteren Kurs gegenüber Peking. Das Vorgehen der chinesischen Führung gegen die muslimische Minderheit der Uiguren wird von den USA schärfer angeprangert und ein gerade erst zwischen der Europäischen Union und China abgeschlossenes Investitionsabkommen wird von den US-Verbündeten kritisch gesehen. Differenzen gibt es auch hinsichtlich einer möglichen Beteiligung des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei am Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes.

Die Außenminister waren bereits am Montag zu ihrem insgesamt dreitägigen Treffen zusammengekommen, bei dem es um alle wichtigen internationalen Themen gehen soll. Im Mittelpunkt steht aber, wie sich die westlichen Demokratien gegenüber autoritär regierten Staaten wie China und Russland aufstellen.

„Wir versuchen, die auf internationalen Regeln basierende Ordnung aufrechtzuerhalten, in die unsere Länder in so vielen Jahrzehnten so viel investiert haben“, hatte US-Außenminister Antony Blinken schon nach seiner Ankunft in London dazu gesagt. Wenn ein Land – sei es China oder ein anderer Staat – diese Ordnung in Frage stelle, „werden wir aufstehen und die Ordnung verteidigen“.

Briten auf der Weltbühne

Es ist das erste persönliche Treffen der G7-Außenminister seit zwei Jahren. Zu den Gesprächen in London sind auch Südkorea, Australien, Indien und Südafrika eingeladen. Die britische Präsidentschaft will die G7 so noch mehr zu einem zentralen Forum der großen Demokratien machen.

Für Großbritannien und Premierminister Boris Johnson ist die G7-Präsidentschaft im Jahr eins nach dem Brexit eine Chance, sich auf der Weltbühne als tatkräftige Nation zurückzumelden. Außenminister Dominic Raab hat seit dem EU-Austritt mehrmals scharfe Kritik an Menschenrechtsverstößen etwa in China oder Myanmar geäußert. Ohne die EU könne das Vereinigte Königreich flexibler und schneller reagieren, wird in London gestreut.

Raab sagte: „Die britische G7-Präsidentschaft ist eine Gelegenheit, offene, demokratische Gesellschaften zusammenzubringen und Einheit zu demonstrieren, wenn die Zeit dringend gebietet, gemeinsame Herausforderungen und zunehmende Bedrohungen anzugehen.“ Bei dem Treffen in London soll der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Cornwall vom 11. bis 13. Juni vorbereitet werden. Es wird das erste große Gipfeltreffen mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden sein.

Während der Amtszeit seines Vorgängers Donald Trump hatte die G7 massiv an Bedeutung verloren. Trump hatte nur wenig Interesse an dem Gesprächsformat, ließ einmal sogar nachträglich die Abschlusserklärung platzen. (dpa)

EU bremst Abkommen

Die EU setzt ihre Bemühungen zur Ratifizierung des Investitionsabkommens mit China vorläufig aus. Grund dafür seien die jüngsten diplomatischen Zerwürfnisse mit Peking, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, gestern der Nachrichtenagentur AFP in Brüssel. Angesichts von gegenseitigen Sanktionen sei das Umfeld „für eine Ratifizierung des Abkommens derzeit nicht günstig“.