Mobbing im EPDer Fall Semedo ist der vierte, in dem seit 2016 Sanktionen ausgesprochen wurden

Mobbing im EP / Der Fall Semedo ist der vierte, in dem seit 2016 Sanktionen ausgesprochen wurden
Die DP-Europaabgeordnete Monica Semedo wurde wegen Mobbing gegen ehemalige Mitarbeiter für 15 Tage von den Aktivitäten des EU-Parlaments ausgeschlossen Foto: Editpress-Archiv/Didier Sylvestre

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Der Fall der luxemburgischen EP-Abgeordneten Monica Semedo gehört zu den Ausnahmen im Europäischen Parlament (EP). Dieses hat sich im Jahre 2014 Regeln und Prozeduren gegeben, um mit Fällen von Mobbing umgehen zu können, die zwischen EU-Parlamentariern und ihren Mitarbeitern vorkommen können. Das System scheint zu funktionieren, wie gestern ein anderer luxemburgischer EP-Abgeordneter meinte.

Zu Beginn der dieswöchigen Plenarsitzung in Brüssel hatte EP-Präsident David Sassoli am Montag mitgeteilt, die luxemburgische EU-Parlamentarierin Monica Semedo wegen „psychologischer Belästigung“ für die Dauer von 15 Tagen von den Arbeiten des Parlaments auszuschließen und ihr während dieser Zeit die Tagesgelder zu streichen. Seine Entscheidung basierte Sassoli auf den Untersuchungen eines hausinternen Beratungsgremiums, das sich mit Beschwerden über Mobbing befasst, sowie auf eine Anhörung der EU-Parlamentarierin selbst.

Um es gleich vorweg zu sagen: Zu den Vorwürfen, die letztendlich zum zeitweiligen Ausschluss der DP-Europaabgeordneten Monica Semedo von den Aktivitäten der Volksvertretung geführt haben, gibt es keine Stellungnahme des EP. Entsprechende Angelegenheiten werden vertraulich behandelt, eventuelle Dokumente bleiben unter Verschluss und sind somit geheim. Dies dürfte wohl nicht nur im Sinne der Beschuldigten, sondern unter Umständen auch der Kläger sein.

Dass vom EP-Präsidenten Sanktionen gegen Abgeordnete ausgesprochen werden, komme „ziemlich regelmäßig“ vor, erklärte uns gestern eine Parlamentssprecherin. Allerdings handele es sich dabei überwiegend um Fälle, in denen die Volksvertreter während der Debatten ihre Wortwahl nicht im Griff haben, es beispielsweise während Parlamentsdebatten zu Beleidigungen und Beschimpfungen gegen andere Mitglieder des hohen Hauses kommt oder andersartige Äußerungen getätigt werden, die nicht akzeptabel sind. Strafen im Zusammenhang von Mobbing seien jedoch bis vor kurzem erst drei verhängt worden: 2016 gegen einen schwedischen Abgeordneten, 2018 gegen eine italienische und 2019 gegen eine portugiesische Parlamentarierin. Ersterer zog gegen die Entscheidung sogar vor den Europäischen Gerichtshof. Er scheiterte jedoch im September 2018 mit seiner Klage, wie aus EuGH-Akten hervorgeht.

Keine juristische Prozedur

Bei dem Verfahren im EP handele es sich nicht um eine juristische Prozedur, erklärte die Parlamentssprecherin weiter, auch wenn gegen die Entscheidung Berufung eingelegt werden kann, worauf Monica Semedo in ihrem Fall verzichtet. Der Entscheidung geht eine „eingehende Untersuchung“ durch das Beratungsgremium voraus. Diesem gehören drei EU-Parlamentarier an, die auch als Quästoren im EP fungieren und somit mit anderen Verwaltungstätigkeiten im Parlament betraut sind. Zudem sind zwei akkreditierte Assistenten, also Mitarbeiter der EP-Abgeordneten, in diesem Gremium vertreten. Sie führen eine Untersuchung durch, hören die betroffenen Parteien sowie Zeugen an und legen dem EP-Präsidenten schließlich einen Bericht vor, der ebenfalls einen Vorschlag zu einer eventuellen Sanktion enthält. Alles laufe sehr vertraulich ab, wie die Parlamentssprecherin immer wieder betonte.

Warum die Prozedur im Falle von Monica Semedo so lange gedauert hat, führt die Sprecherin auf die Einschränkungen während der Covid-Pandemie zurück. Denn die beschwerdeführenden ehemaligen Assistenten der luxemburgischen EP-Abgeordneten hatten bereits sechs Monate nach ihrer Einstellung gekündigt. Neue Assistenten hatte sie bereits im März vorigen Jahres eingestellt, wie aus einer Pressemitteilung der EP-Abgeordneten hervorgeht.

„Eine schwierige Situation“

Monica Semedo wird nun während 15 Tagen nicht an den Sitzungen des Plenums sowie den Ausschüssen des Parlaments teilnehmen können. Ihr wurde das Rederecht entzogen. Allerdings darf sie an den Abstimmungen im Parlament teilnehmen. „Ihr wurde nicht das Mandat als Abgeordnete entzogen“, präzisierte die Parlamentssprecherin. Zudem werden der EP-Abgeordneten für den gleichen Zeitraum die Tagegelder entzogen. Die EU-Parlamentarier erhalten 324 Euro für jeden offiziellen Arbeitstag des Parlaments in Brüssel oder Straßburg, wenn sie anwesend sind und andere Bedingungen erfüllen.

Es sei „eine schwierige Situation“, die nicht gut für die Betroffenen sei, gestand gestern der DP-Europaabgeordnete Charles Goerens. Er verwies darauf, dass seine Parteikollegin ihre Fehler eingesehen und sich entschuldigt habe. Das Parlament habe Prozeduren, die dazu geführt hätten, dass nun Sanktionen ausgesprochen wurden, so der EP-Abgeordnete weiter. „Das System hat funktioniert“, meinte seinerseits der luxemburgische EU-Parlamentarier Christophe Hansen mit Blick auf die seit 2018 überarbeiteten Regeln zur Beilegung von Mobbing-Fällen zwischen EP-Abgeordneten und ihren Assistenten. Der CSV-Politiker verwies in diesem Zusammenhang auf eine halbtägige fakultative Ausbildung, die im EP für die EU-Parlamentarier angeboten werde und bei der es um die Prävention von Mobbing und moralischer Belästigung gehe. Dabei werde man unter anderem darauf aufmerksam gemacht, das eigene Verhalten infrage zu stellen. Wenn man nicht gewohnt sei, ein Büro zu leiten, sei das keine schlechte Sache. „Und sehr nützlich“, wie Christophe Hansen aus eigener Anschauung meinte.

den Tutebatti
23. Januar 2021 - 15.41

Déi Madamm huet dach anscheinend op der Uni politesch Wëssenschaften studéiert, wéi hätt si soss " Picobello" kënne mdéréieren.

HTK
20. Januar 2021 - 14.07

Buchtip " Raumschiff Brüssel" .Schon alt aber nur um zu wissen was möglich ist im Djungel.