DeutschlandDas Universum des Olaf Scholz: Wer den SPD-Kanzlerkandidaten berät und wem er vertrauen muss

Deutschland / Das Universum des Olaf Scholz: Wer den SPD-Kanzlerkandidaten berät und wem er vertrauen muss
Nicht nur die Bundesvorsitzenden der SPD Saskia Esken (r.) und Norbert Walter-Borjans (l.) werden Olaf Scholz unterstützen müssen bei seiner Kanzlerkandidatur  Foto: dpa/Kay Nietfeld

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Wer die Macht will, braucht die volle Rückendeckung seiner Partei sowie Berater und Vertraute, die einen in- und auswendig kennen. Die auch mal den Mund aufmachen, wenn etwas schiefläuft. Finanzminister Olaf Scholz will im Herbst nächsten Jahres für die SPD das Kanzleramt erobern und das Erbe von Angela Merkel (CDU) antreten. Wem vertraut der Kandidat, wem muss er vertrauen? Das Scholz-Universum.

Die Partnerin. Seit 1998 ist Olaf Scholz mit Britta Ernst verheiratet. Sie ist seine wichtigste Ratgeberin. Ernst ist politisch versiert. Seit 2017 ist die 59-jährige Bildungsministerin in Brandenburg, zuvor hatte sie diese Funktion in Schleswig-Holstein inne. Man kann sich also gut vorstellen, wie am heimischen Küchentisch in Potsdam über Politik debattiert wird. Ernst war maßgeblich daran beteiligt, dass Scholz bei der Wahl zum Parteivorsitz die befreundete Brandenburger SPD-Politikern Klara Geywitz als Mitstreiterin wählte. Ohne Erfolg freilich. Ernst gilt als sachlich, pragmatisch und diszipliniert, genauso wie ihr Ehemann. Über Privates reden beide öffentlich so gut wie nie.

Der Schattenmann. Es gibt wohl niemanden in seinem politischen Umfeld, dem Scholz so nahesteht wie Wolfgang Schmidt. Scholz und sein Staatssekretär bilden seit fast 20 Jahren ein Team. In der Corona-Krise war der 49-Jährige federführend in der Taskforce des Finanzministeriums. So gab es wöchentlich Schaltkonferenzen mit Deutschlands Top-Ökonomen. Schmidt ist einer der Urheber der milliardenschweren Corona-Hilfsprogramme. Der Hamburger besitzt die Fähigkeit, größer zu denken. So wie sein Minister. Er hat auch immer daran geglaubt, dass Scholz der beste Kanzlerkandidat für die SPD ist. Die Bewunderung für seinen Chef zeigt Schmidt gerne bei Twitter.

Der Schattenmann und die Boygroup

Die Parteiführung. Mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wird es Scholz nicht leicht haben. Das zeigte sich schon am Montag bei der Präsentation des Kandidaten, als das Vorsitzenden-Duo die Themen setzte und Scholz 15 Minuten schweigend dabei stehen musste. Ihr Unterfangen, einen Mann der Mitte mit einem Linksrutsch der SPD zu kombinieren, ist riskant, taktisch aber nicht unklug. Denn die SPD will Merkel-Wähler gewinnen. Innerparteilich gelten Esken und Walter-Borjans als „loose cannon“, als unberechenbar. Das könnte zum Problem für Scholz werden. Die Vorsitzenden kann er aber nicht ignorieren, zumal sie für die Geschlossenheit der Partei sorgen müssen.

Die Boygroup. Mit Generalsekretär Lars Klingbeil, 42, und dem noch amtierenden Juso-Chef Kevin Kühnert, 31, gibt es ein Duo, das tonangebend für die Wahlkampagne und das Programm sein dürfte. Insgeheim gilt Klingbeil sogar als einer der Architekten der Scholz-Kandidatur. Kühnert soll dafür sorgen, dass die SPD nicht in die alte Quertreiberei verfällt. Er selbst hat seinen Frieden mit Scholz gemacht, den er als Parteichef verhindert und dessen Kanzlerkandidatur er vor Monaten noch abgelehnt hatte. Klingbeil und Kühnert sollen nun Realpolitik und linke Programmatik miteinander verbinden. Das wird spannend. Im Ziel sind sie sich mit Scholz einig: bloß keine Neuauflage der GroKo mehr.

Das Establishment. Scholz geht mit einer langjährigen Regierungserfahrung ins Rennen, er hat den Machthunger. Das ist sein Vorteil. Und das Aufatmen bei führenden SPD-Politikern war unüberhörbar, weil sie selber nicht konnten oder wollten: die Rheinland-Pfälzerin Malu Dreyer und Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig aus gesundheitlichen Gründen, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil aus Unlust. Und Familienministerin Franziska Giffey will Bürgermeisterin von Berlin werden. Sie müssen Scholz nun mit ihrem Einfluss den Rücken freihalten. Genauso wie Fraktionschef Rolf Mützenich. Sonst könnte es Scholz wie einst Schulz und Steinbrück ergehen.