Deutschland / Das neue Infektionsschutzgesetz wird unter heftigen Protesten der AfD verabschiedet
Während draußen Gegner der Corona-Maßnahmen protestierten, wurde das neue Infektionsschutzgesetz in Bundestag und Bundesrat unter heftigen Protesten der AfD verabschiedet.
Als könnten sie es kaum erwarten, kommen die AfD-Abgeordneten schon eine halbe Stunde vorher in den noch leeren Plenarsaal. Es werden Plakate verteilt, die erst einmal unter den Bänken verschwinden. Draußen rufen Demonstranten „Freiheit, Frieden, keine Diktatur“. Und drinnen wollen die Rechtspopulisten sich als „einzige demokratische Opposition“ darstellen. So ihr Fraktionschef Alexander Gauland in seiner Rede. Es ist der Versuch, die Debatte über die Reform des Infektionsschutzgesetzes zur Schicksalsstunde der Nation zu machen.
AfD-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann leitet die Aussprache mit dem Vorwurf ein, die Regierung wolle sich „ermächtigen wie seit geschichtlichen Zeiten nicht mehr“. Die direkte Gleichsetzung mit Hitlers Ermächtigungsgesetz vermeidet Baumann, ebenso wie Gauland. Er spricht stattdessen von „Symptomen einer nahenden Gesundheitsdiktatur“ und schreit Angel Merkel auf der Regierungsbank fast an: „Haben wir denn die Pest im Land?“
Auf den Plakaten, die dann bei Beginn der Rede von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ausgerollt werden, ist das Grundgesetz abgebildet, samt Trauerflor und dem Beerdigungsdatum 18. November 2020. Nachdem Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Aktion mit der Androhung von Ordnungsrufen beendet hat, kontert Spahn den Vorwurf des Verfassungsbruches ziemlich ruhig: „Die körperliche Unversehrtheit steht auch im Grundgesetz, das Sie gerade hochgehalten haben“, sagt der Minister in Richtung AfD. „Ist Ihnen das Leid auf den Intensivstationen egal?“ Und Spahn fragt die AfD auch: „In welchem Land wären sie eigentlich lieber?“ Fast überall bei den Nachbarn seien die Maßnahmen härter als in Deutschland.
Wie Diktatur hat der Tag nicht gewirkt
Mit Ausnahme von Gauland und FDP-Chef Christian Lindner reden nur Fachpolitiker, was etwas Dramatik rausnimmt. Noch nie habe sie erlebt, sagt die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag, „dass ein Gesetz so missverstanden wurde“. Es erweitere den Spielraum der Regierung bei der Pandemiebekämpfung nicht, im Gegenteil, es enge ihn ein. „Sobald wir Abgeordneten die epidemiologische Lage beenden, sind alle Maßnahmen hinfällig.“ Maag appelliert an die Bürger an den Fernsehschirmen: „Bilden Sie sich Ihre Meinung anhand der Debatten unter den demokratischen Parteien.“ Die CDU-Politikerin hat wie viele andere Koalitionsabgeordnete eine Flut von Protestmails, Beschimpfungen und Drohungen bekommen.
Die Koalition setzt auf Tempo, weil sie fürchtet, ohne bessere Rechtsgrundlage mit ihrer Anti-Corona-Politik immer häufiger vor den Verwaltungsgerichten zu scheitern. Diese Sorge teilen auch die Grünen. Es wird namentlich abgestimmt, das Gesetz mit 415 zu 236 Stimmen angenommen. Kurz danach stimmt ihm auch die Länderkammer zu. Wie Diktatur hat der Tag nicht gewirkt.
- Luxemburg-Stadt erwirbt mehrere Wohnungen für mehr als 66 Millionen Euro - 28. März 2024.
- Die Glocken sind nach Rom: „Klibberkanner“ unterwegs - 28. März 2024.
- Budget: Von Sparmaßnahmen bislang keine Spur - 28. März 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos