KroatienCorona als Wahlhelfer: Konservativer Premier Plenkovic hat nach Erdrutschsieg freie Hand

Kroatien / Corona als Wahlhelfer: Konservativer Premier Plenkovic hat nach Erdrutschsieg freie Hand
„Sieg, Sieg, Sieg!“: Andrej Plenkovic ist alter und neuer Premier Kroatiens, seine Corona-Wahlparty trieb den Epidemiologen allerdings Schweißperlen auf die Stirn  Foto: AFP/Damir Sencar

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In der Coronanot setzen Kroatiens Wähler auf das vertraute Regierungsboot: Nicht zuletzt die Viruskrise hat der konservativen HDZ von Premier Andrej Plenkovic einen unerwartet klaren Erdrutschsieg beschert. Bei der Regierungsbildung hat „Teflon-Plenki“ nun freie Hand.

Schon nach der Bekanntgabe der ersten Nachwahlprognosen fielen bei den Siegern und Verlierern von Kroatiens Coronawahlen alle Masken. „Sieg, Sieg, Sieg!“, skandierten die sich um den Hals fallenden Würdenträger der konservativen HDZ, als ihr umjubeltes Bugbild und Wahltriumphator Andrej Plenkovic mit in die Höhe gereckten Armen zu den martialischen Klängen der Rocky-Hymne „Eye of the Tiger“ zum Mikrofon schritt.

„Dieses Resultat verpflichtet“, bedankte sich Kroatiens bisheriger und künftiger Premier bei seinen Wählern mit eher ruhigen Worten für den „glänzenden Sieg“: „Wir haben ein sehr schweres Regierungsmandat hinter uns. Und die Herausforderungen, die vor uns stehen, sind noch größer.“

Die spannendste Wahl seit der Unabhängigkeit 1991 hatten Kroatiens Meinungsforscher vor dem Urnengang prophezeit. Doch tatsächlich entpuppte sich das prognostizierte Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem von der sozialdemokratischen SDP geführten „Restart“-Bündnis als das einseitigste Wahlrennen seit Ende des Kroatienkriegs.

Kritiker nennen ihn „Teflon-Plenki“

Als „Teflon-Plenki“ hatten seine Kritiker den Premier wegen der Vielzahl der an ihm abperlenden Korruptionsskandale in seiner ständig wechselnden Ministerriege in den letzten vier Jahren gerne verspottet. Doch mit 37,3 Prozent der Stimmen fuhr seine HDZ nun 66 der 150 Mandate im künftigen „Sabor“ ein – das beste Resultat von Kroatiens Partei der Macht seit 1995.

Als „totalen Triumph von Plenkovic“, kommentierte das Webportal „index.hr“ am Montag den Wahlausgang. Die HDZ sei so „dominant wie nie zuvor“: „Angesichts der Pandemie und der Rezession haben sich die Wähler mehrheitlich für das Sichere und Bekannte entschieden – und das ist die HDZ.“

Plenkovic hätte sich eher bei den Nichtwählern als bei den Wählern bedanken sollen, spöttelte derweil das Webportal „24sata.hr“ angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung, die vor allem auf Kosten der Sozialdemokraten ging: „Corona hat die Wahl entschieden. Mit der Zahl der Infizierten stieg das Rating der HDZ. Plenkovic hatte den Wahlkampf ganz auf dem erklärten Sieg über die Epidemie abgestimmt – und von der Angst vor der Rückkehr des Virus profitiert.“

Wundenlecken bei den Sozialdemokraten

Wundenlecken ist derweil in den Reihen der Sozialdemokraten (SDP) angesagt. Das von ihr geführte „Restart“-Bündnis kam mit 24,9 Prozent nur auf 44 Sitze. In ihrer Hochburg Zagreb, wo das linksalternative „Mozemo“-Bündnis (7 Sitze) fast gleichauf lag, stimmte nur noch jeder fünfte Wähler für die Sozialdemokraten. Parteichef Davor Bernardic sollte zurücktreten, forderte noch in der Wahlnacht die SDP-Europaparlamentarierin Biljana Borzan, die nun als aussichtsreiche Nachfolgekandidatin gehandelt wird.

Auch bei der rechtsnationalen DP des Barden Miroslav Skoro wollte sich über den Pyrrhussieg als drittstärkste Kraft (10,9 Prozent/16 Mandate) keine rechte Freude einstellen. Die anvisierte Rolle als Zünglein an der Waage können die Rechtsausleger nicht spielen. Mit der rechtsklerikalen Most (8 Sitze) oder den Abgeordneten der Minderheiten und der kleineren liberalen Parteien verfügt Plenkovic über mehr Alternativen – und hat beim Koalitionspoker freie Hand.

Dass bei der Corona-Wahlparty der HDZ eher freudiger Schweiß und inniges Umarmen als Desinfektionsmittel, Masken oder das Gebot der sozialen Distanz angesagt waren, ließ nicht nur bei den heimischen Epidemiologen die Warnglocken schrillen. Als „furchteinflößend“ bewertete das Webportal „24sata“ am Montag düster den „Orban-Sieg“ der Regierungspartei: „Wir haben nun eine HDZ, die die Regierung ohne Koalition und ohne die Opposition bilden kann: Wenn die HDZ feiert, hat gewöhnlich Kroatien zu leiden.“