DeutschlandCDU-Kanzlerkandidat Laschet: „Söder treibt mich nicht“

Deutschland / CDU-Kanzlerkandidat Laschet: „Söder treibt mich nicht“
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Gespräch mit dem Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Theo Koll Foto: ZDF/dpa/Marius Becker

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Im ZDF-Sommerinterview macht Armin Laschet deutlich, dass er sich von CSU-Chef Markus Söder nicht auf der Nase herumtanzen lassen will. Mittlere Einkommen und Familien will der CDU-Kanzlerkandidat entlasten – aber unter einer Bedingung.

Armin Laschet hat schwierige Tage hinter sich. Die Lach-Bilder aus dem Flutgebiet sorgten für erhebliche Irritationen. In der Klimapolitik steht die CDU nach der Naturkatastrophe unter Druck. Und aus Bayern setzt es ständig Nadelstiche von CSU-Chef Markus Söder, der seine Niederlage im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur wohl nur schwer verwinden kann. Das alles schlägt sich in den Umfragen nieder.

Der NRW-Ministerpräsident hat seit der Flut an Ansehen eingebüßt. Bei einer Direktwahl würden Laschet momentan nur 15 Prozent der Deutschen die Merkel-Nachfolge anvertrauen, vermelden von der Bild am Sonntag befragte Meinungsforscher. Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kommt auf 14 Prozent, Finanzminister und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz auf 22 Prozent. Laschet mag sich trösten, dass bei den Parteien die Union weiter klar die Nase vorn hat. Doch hinter seiner Mission Kanzleramt stehen wieder größere Fragezeichen.

In dieser Gemengelage trifft Laschet am Sonntagmorgen in Berlin zur Aufzeichnung des ZDF-Sommerinterviews ein. Moderator Theo Koll, der seinem Gast später ein klares Nein zu einer Impfpflicht entlockt, kommt gleich auf den Flut-Lacher zu sprechen. Während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Erftstadt den Opfern sein Mitgefühl aussprach, schäkerte der Landesvater im Hintergrund mit Parteifreunden und Kommunalpolitikern herum.

Das war eine ärgerliche Sache. Die ärgert mich am meisten. Mir tut es leid.

Armin Laschet, Über den Lacher im Flutgebiet

Laschet hat sich mehrfach dafür entschuldigt. „Das war eine ärgerliche Sache. Die ärgert mich am meisten. Mir tut es leid“, versichert er erneut. Weckt so ein Auftritt Zweifel an seiner Kanzler-Eignung? Laschet ist zerknirscht, will es mit der Selbstkasteiung aber nicht übertreiben: „Ich würde es nicht weiter interpretieren. Es war blöde, und ich bedaure es.“

Auch nach dem umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen wird er gefragt. Der aus Mönchengladbach stammende Maaßen tritt in Thüringen als Direktkandidat für die CDU an. Viele sehen in ihm einen Provokateur auf AfD-Schmusekurs. Laschet distanziert sich wieder und sagt, er werde im Wahlkampf nicht in Maaßens Wahlkreis nach Südthüringen fahren. Ansonsten müsse man die Nominierung respektieren, auch wenn man Maaßens Positionen nicht teile.

Streitthema Kohleausstieg

Viel lieber möchte Laschet über die Herausforderungen nach der Ära Merkel sprechen. Die Wahl sei eine Richtungsentscheidung. Das gilt speziell für den Klimaschutz. Die Wissenschaft ist sich einig, dass nur wenig Zeit bleibt, um durch eine Dekarbonisierung die Erderwärmung in Schach zu halten. Wie glaubwürdig sind die CDU und Laschet an dieser Stelle?

Kanzlerin Angela Merkel räumte unter der Woche bei ihrer letzten Sommerpressekonferenz Versäumnisse im Klimaschutz ein. Das hat den Bewegungsspielraum des CDU-Kanzlerkandidaten eingeengt. Laschet versucht im ZDF, sich freizuschwimmen und die Verantwortung auch auf andere Parteien abzuwälzen. Die CDU habe die letzten 16 Jahre nicht alleine regiert, FDP und SPD seien mit an Bord gewesen. Noch 2016 habe Rot-Grün in NRW den Braunkohleabbau bis 2045 beschlossen. Ein Fehler sei das zu lange Festhalten an der Atomkraft gewesen: „Wir haben alle zusammen in der Prioritätensetzung auf die Kernenergie gesetzt, was im Zweifel die falsche Reihenfolge war.“

Über das richtige Timing tobt seit längerem zwischen Söder und Laschet Streit. Söder will den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorziehen, rasch Steuern senken und am liebsten den gesamten Wahlkampf anders aufziehen. Die Union könne nicht „im Schlafwagen“ ins Kanzleramt rollen, ätzte Söder in Laschets Richtung.

Der zeigt mal wieder Stehvermögen. Treibt Söder ihn nicht dauernd in die Enge, will der ZDF-Mann wissen? „Mich treibt er damit nicht“, erwidert Laschet ungerührt. Die mit vielen Experten besetzte Kohlekommission habe das Ausstiegsdatum 2038 bewusst gesetzt, um soziale und wirtschaftliche Verwerfungen vor allem in Ostdeutschland zu minimieren: „Ich finde, Politik muss verlässlich sein. Man sollte im Zeitplan bleiben.“

Dissens bei Steuersenkungen

Und was ist mit dem Dissens bei Steuersenkungen? Die CSU pocht wie wild darauf. Laschet gibt nicht nach, verweist auf die Rekordschulden in der Pandemie, die zurückgezahlt werden sollten. Das CDU-Wahlprogramm sei „prinzipiell kein Steuersenkungsprogramm“. Flächendeckende Entlastungen wären „unseriös“. Nur Wachstum könne Spielraum dafür schaffen. Um Söder nicht völlig auf die Palme zu bringen, stellt Laschet zumindest Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen sowie Familien in Aussicht. Allerdings frühestens zur Mitte der nächsten Wahlperiode ab 2023 – und unter Vorbehalt der Finanzierbarkeit.

Wird der rauflustige Söder das akzeptieren? Laschet beteuert, das persönliche Verhältnis sei gut, man spreche viel. „Wir sind auch bei der Steuerfrage eng beieinander.“ Die Bayern setzten eben gern andere Akzente. Die nächste Gelegenheit dazu bekommt der bayerische Ministerpräsident spätestens am nächsten Sonntag. Dann ist Söder im ZDF-Sommerinterview dran. Das Gespräch wird in seiner Heimatstadt im Fußballstadion des 1. FC Nürnberg geführt. Dieses Match könnte für Laschet wieder ruppig werden.