Bill Gates baut eine Stadt

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Von unserem Korrespondenten John Dyer, Boston

Bill Gates geht in die Wüste. 80 Kilometer westlich von Phoenix in Arizona soll in der Sonora-Wüste Belmont entstehen, die Stadt der Zukunft. „Belmont wird ein unbebautes Stück Land in eine geplante Stadt auf dem neuesten Stand verwandeln, die rund um ein flexibles Infrastrukturmodell errichtet wird“, teilte Belmont Properties mit.

Die Firma gehört Bill Gates, dem Gründer von Microsoft, ebenso wie Cascade Investment. Dieses Unternehmen hat im Auftrag des zweitreichsten Mannes der Welt – nach Jeff Bezos von Amazon – soeben für 80 Millionen Dollar (68,64 Millionen Euro / 79,54 Millionen Franken) das Gelände im Westen von Phoenix gekauft, insgesamt 24.800 Acres oder 10.000 Hektar.

Den Namen Belmont für die Stadt der Zukunft soll Bill Gates selber ausgesucht haben. Die Stadt soll 80.000 Wohnungen und Häuser beherbergen, aber auch eine Wirtschaftszone, Büros und Ladengeschäfte, öffentliche Schulen und viele Grünflächen. Derzeit ist es noch ein Stück unwirtliches Land im Nirgendwo, allerdings nur sieben Kilometer von der geplanten Autobahn von Mexiko über Phoenix nach Las Vegas entfernt.

Sonnenenergie und Selbstlenker

Die Stadtplaner in den USA hoffen, dass Belmont eine neue Vision des Bauens im Südwesten der USA mit sich bringen wird. Dort hat ungezügelte Bautätigkeit zu Staus und Smog in einer Region geführt, die in früheren Jahren zum Magneten für Rentner und andere geworden war, die saubere Luft und ein ruhiges Leben suchten. „Sie denken neu darüber nach, wie eine Stadt aussehen soll, deren Entwicklung nicht von Bauinteressen bestimmt wird“, sagt Grady Gammage, Immobilienanwalt bei Belmont Properties.

Nutzung von Sonnenenergie, autonom fahrende Autos und andere moderne Technologien werden der Schlüssel zur Verwirklichung der Vision sein. „Belmont wird eine vorausschauende Stadt schaffen, mit einem Rückgrat aus Kommunikation und Infrastruktur, mit Technologie auf dem neuesten Stand, digitalen Hochgeschwindigkeitsnetzen, Datenzentren, neuen Produktionstechniken und neuen Versorgungsmodellen, autonomen Fahrzeugen und autonomen Logistikeinrichtungen“, versichert Belmont Properties.

Arizona hofft auf Wachstum

In Arizona freut man sich über das Projekt. Man erwartet, dass dadurch Jungunternehmen und andere Firmen entstehen werden, die neues Wachstum in diesem Bundesstaat generieren. „Bill Gates ist für seine Innovationen bekannt und ich glaube, er hat den richtigen Platz ausgewählt“, sagt Ron Schott, ehemals Leiter des Technologierates von Arizona. „Schließlich ist Arizona als ein Platz für Innovationen bekannt.“

Aber es wurden auch Fragen zu dem Vorhaben laut. So warnt Jon Talton, Kolumnist der Seattle Times, der selbst aus Arizona stammt, vor den Herausforderungen durch das Klima. Viele Utopien, die für Arizona entwickelt worden seien und zu Baubooms und einem Auf und Ab im vergangenen Jahrhundert geführt hätten, seien an einem Problem gescheitert: Wasser.

Nicht genug Wasser

„Arizona hat nicht genug Wasser, um diese Art Entwicklungen weiterzumachen, was immer auch die Großsprecher der Immobilienfirmen erzählen“, schreibt Talton. „Es ist sogar eine offene Frage, ob Phoenix Mitte des Jahrhunderts noch bewohnbar sein wird“, fügt er mit Blick auf die Hauptstadt des Bundesstaates mit ihren 1,6 Millionen Einwohnern hinzu.

Belmont wird nicht die erste „Smart City“ sein. In den 70er-Jahren baute der italienische Architekturprofessor Paolo Soleri die futuristische Stadt Arcosanti, ebenfalls in Arizona, in modernster Architektur. Die Investitionsruine zieht zwar jährlich tausende Besucher an, aber keine Einwohner. Und in Columbus im Bundesstaat Ohio finanziert Microsoft die Entwicklung eines intelligenten Verkehrsleitsystems. Autonom fahrende Shuttles sollen dort das Fehlen eines Busnetzes in der 860.000 Einwohner zählenden Stadt ausgleichen.

Zum Autor:

John Dyer schreibt von Boston aus über Politik, Wirtschaft und Technologie in Nordamerika. Ausser für Café Europe schreibt er auch für Newsday, den Boston Globe und andere Medien in Amerika und Europa. Den alten Kontinent kennt er von seinen Jahren an der Amerikanischen Universität in Sofia und durch ein Fellowship an der Universität Oxford.