SerbienBewegung der Blockfreien Staaten tagt 60 Jahre nach erstem Gipfel erneut in Belgrad

Serbien / Bewegung der Blockfreien Staaten tagt 60 Jahre nach erstem Gipfel erneut in Belgrad
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic (M., vorne) steht für ein Gruppenfoto mit Teilnehmern des Gipfeltreffens der Blockfreien Bewegung zusammen Foto: AP/dpa/Darko Vojinovic

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60 Jahre nach ihrem ersten Gipfel tagt die Bewegung der Blockfreien Staaten erneut im serbischen Belgrad. Die 120 Mitglieder vertreten zwar über die Hälfte der Weltbevölkerung. Doch seit Ende des Kalten Kriegs spielt der lose und wenig homogene Bund der militärisch neutralen Staaten kaum mehr eine Rolle.

Noch einmal kann sich die frühere Hauptstadt des zerfallenen Jugoslawien als Brennpunkt des Weltgeschehens wähnen. 3.000 Gesetzeshüter wachen seit Wochenbeginn auf dem Messegelände im serbischen Belgrad über die Sicherheit der hochrangigen Diplomatendelegationen aus über 100 Staaten: 60 Jahre nach ihrem ersten Gipfeltreffen tagt die sogenannte „Bewegung der Blockfreien Staaten“ (NAM) erneut in der serbischen Hauptstadt.

Im indonesischen Bandung hatten Jugoslawiens Staatenlenker, Josip Broz Tito, und sein indischer Amtskollege Jawarlal Nehru gemeinsam mit dem Ägypter Gamal Abdel Nasser und Gastgeber Sukarno bereits 1955 die Grundlagen für die Bewegung gelegt, die sich schließlich 1961 konstituieren sollte. Die 25, meist afrikanische und asiatische Staaten, die an dem ersten Belgrader Gipfel teilnahmen, verpflichteten sich zu militärischer Neutralität: Als „dritte Kraft“ im sich verschärfenden Ost-Westkonflikt machte sich die NAM jahrzehntelang für ein Ende des Wettrüstens zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt stark.

Als „Erfolgsgeschichte“ feierte der serbische Präsident Aleksandar Vucic zum Auftakt des Jubiläumsgipfels die 60-jährige Geschichte der NAM, in der Gastgeber Serbien genauso wie die ex-jugoslawischen Nachbarn Bosnien, Kroatien und Montenegro nur noch einen Beobachter-Status innehat. In einer Videobotschaft schrieb UN-Generalsekretär Antonio Guterres der NAM gar eine „Schlüsselrolle“ beim Kampf gegen Klimawandel und für Abrüstung zu.

Serbien nutzt Gipfel politisch

Zwar vertreten die heute 120 Mitgliedstaaten mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und machen fast zwei Drittel der Sitze in der UN-Vollversammlung aus. Doch tatsächlich spielt die lose und wenig homogene Bewegung seit Ende des Kalten Kriegs und der Auflösung des Warschauer Pakts politisch kaum mehr eine Rolle. Dennoch versucht vor allem Gastgeber Serbien sich den Gipfel auch politisch zunutze zu machen.

Einerseits wurde zeitgleich mit der NAM-Konferenz in den Belgrader Messehallen die Waffenmesse „Partner 2021“ eröffnet, die die Teilnehmer des „Friedensgipfels“ für die Gaben der serbischen Rüstungsindustrie einnehmen soll. Andererseits dürfte Belgrad die Gelegenheit nutzen, um vor allem unter den afrikanischen, asiatischen und karibischen Delegationen für den Rückzug von Anerkennungen des seit 2008 unabhängigen Kosovo zu werben. Eine kolonialistische „Politik der Destabilisierung“ wirft Kosovos Staatschefin Vjosa Osmani verärgert dem NAM-Gastgeber vor: Serbien müsse die Anstrengungen zur „Untergrabung der internationalen Position Kosovos“ endlich beenden.