Balkanländer streiten über Nationalhymnen

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Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Soll man das Mutterland mit der Vatersprache besingen – oder doch lieber umgekehrt? Nicht nur in großen Ländern wogen gewichtige Nationalhymnen-Debatten. Bosnier und Kosovaren ringen noch immer um einen Text für ihre sprachlosen Lobeshymnen aufs zerrissene Land.

Nicht nur große Staaten plagen gewichtige Probleme. Soll man das Mutterland mit der Vatersprache besingen – oder doch lieber umgekehrt? Was den Deutschen die Nationalhymnen-Diskussion um einen couragierten oder brüderlichen Sängereinsatz fürs Heimatland, ist den Österreichern der Zwist um zu besingende Töchter und Söhne oder den Schweizern die Zweifel am frömmelnden Gotteslob.

Doch auch die Texte der blutrünstigen „Marseillaise“ oder waffenklirrenden „Portuguesa“ befeuern die Endlosdebatten, ob historische Weisen noch ein zeitgemäßer Ausdruck des nationalen Empfindens sind: Nur wenige Fußballer der niederländischen Nationalmannschaft dürften wissen, warum sie vor Anpfiff einen Wilhelmus von „deutschem Blut“ besingen, der den König von Spanien „allzeit geehrt“ habe. Und die Balkanstaaten Kosovo und Bosnien harren noch immer auf einen Text fürs Loblied aufs zerrissene Land.

Lieber sprachlos als kontroverse Zeilen

Bei der Unabhängigkeit im Februar 2008 ließ Staatsneuling Kosovo als Hymnenersatz Beethovens Götterfunken ertönen. Um Konflikte mit den Minderheiten zu vermeiden, hatte UNO-Vermittler Martti Ahtisaari vorab für eine Hymne ohne Text plädiert. Die neuen Landesväter hielten sich an seinen Vorschlag – und kürten im Sommer 2008 eine vom dem heimischen Komponisten Mendi Mengjiqi geschaffene „Europa“-Weise zur textfreien Nationalhymne.

Der weggelassene Text zur getragenen Weise scheint bislang kaum jemand zu stören. Die Mehrheit der Kosovo-Albaner betrachtet die albanische Hymne als das eigentliche Nationallied. Und die schrumpfende serbische Minderheit legt ohnehin nur bei Serbiens Loblied auf den „Gott der Gerechtigkeit“ die Hand aufs patriotisch klopfende Herz.

Bosniens Parlament will Text

Keineswegs alle Bosnier sind hingegen über ihre textfreie Nationalhymne glücklich, die den provisorisch anmutenden Namen „Intermezzo“ trägt. Zwar konnten sich Bosniens politische Dauerstreithähne 1999 immerhin auf die von dem Komponisten Dusan Sestic verfasste Nationalweise einigen.

Aber obwohl eine Kommission von Bosniens Parlament sich bereits 2009 auf einen Text verständigt hatte, der den gemeinsamen Gang in die Zukunft besang, fiel der Liedkompromiss den Zentrifugalkräften des labilen Staates zum Opfer. Auch wenn sich eine Parlamentarierinitiative nun erneut für die Verabschiedung eines Texts ausspricht, dürfte dieser noch lange in Bosniens eher ungünstigen Sternen stehen.

Gesang ist nicht immer von Vorteil

Doch wann wird eine Nationalhymne eigentlich tatsächlich mitgebrummt – und nicht nur gespielt? Noch bis in die 80er-Jahre ließen die kickenden Hoffnungsträger die pathetischen Landesweisen meist stumm und mit vermehrtem Kaugummi-Einsatz über sich ergehen.

Nicht nur der wilde, aber vergebliche Sängereinsatz von Brasiliens Abwehrass David Luiz vor dem 1:7-Debakel gegen Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2014 bestärkt die Zweifel an der Trainerthese, dass patriotischer Gesang die Leistung fördere: Spaniens Fußballer wissen trotz kollektiven Schweigens beim Abspielen ihrer textfreien Hymne regelmäßig zu überzeugen.

Nomi
8. März 2018 - 9.31

Elo mat der Gender Diskussio'un : Ass et dann Mammeland oder Pappeland ???? Wei' wann mer keng vill mei' richteg Probleemer ze lei'sen haetten !