Jetzt ist es offiziell: Großbritannien hat nach dem Brexit ein erstes großes Freihandelsabkommen unter Dach und Fach gebracht. Der Deal wird mit der einstigen britischen Kolonie Australien geschlossen. Die Länder verbindet bis heute ein gemeinsames Staatsoberhaupt – die britische Königin Elisabeth II. Der britische Premierminister Boris Johnson verkündete den Deal offiziell am Dienstagmorgen.
Johnson wies darauf hin, dass die Länder bisher schon ausgezeichnete Handelsbeziehungen pflegen – Großbritannien ist Australiens achtgrößter Handelspartner. Jetzt hoffe er jedoch, dass es dank dieses Abkommens noch mehr Austausch zwischen ihnen geben werde.
Australien werde den Briten Vegemite schicken und die Briten den Australiern Marmite, scherzte Johnson und spielte dabei auf die jeweiligen beliebten Hefeextrakt-Aufstriche in den Ländern an. „Wir geben ihnen Burberry und Macintosh und sie geben uns RM Williams“, brachte er auch die bekannten Modemarken ins Spiel.
Den endgültigen Deal, den die Handelsminister der Länder bereits seit Monaten besprechen, konkretisierten Australiens Premierminister Scott Morrison und Johnson schließlich während eines dreistündigen Abendessens am Montagabend. Einige Bedenken, die noch bestanden, wurden laut der BBC über walisischem Lamm, schottischem Räucherlachs und australischem Wein ausgeräumt.
Bedenken aus der Landwirtschaft
Die britischen Landwirte hatten sich zuvor besorgt darüber geäußert, dass Australien sie durch billige Agrarimporte unterbieten könnte oder billigeres Fleisch auf den Markt kommen könnte, bei dem die Tierhaltung nicht den Tierschutzstandards Großbritanniens entspricht.
Morrison war ursprünglich zum Treffen der sieben führenden Industrienationen (G7) nach Großbritannien gereist. Obwohl Australien nicht Teil der G7 ist, war der Australier als Gast geladen gewesen. Für Großbritannien ist der neue Freihandelspakt ein wichtiges positives Zeichen nach dem Brexit. Australien hilft das neue Abkommen dabei, seine Exporte weiter zu diversifizieren, nachdem China in den vergangenen Monaten hohe Strafzölle auf Produkte wie den australischen Wein erhoben hat.
„Ein wahrhaftig globales Britannien“
Das Abkommen, das vermutlich Mitte des kommenden Jahres in Kraft treten wird, ist auf 15 Jahre angelegt. Australischen Medien zufolge könnte der Deal die australische Wirtschaft um bis zu 1,3 Milliarden Australische Dollar oder umgerechnet 824 Millionen Euro ankurbeln. Die Briten gehen davon aus, dass ihr Bruttoinlandsprodukt um 0,02 Prozent oder 500 Millionen Pfund (580 Millionen Euro) wachsen wird. Es wird erwartet, dass im Rahmen des Abkommens auch die jeweiligen Visabestimmungen gelockert werden, sodass Briten leichter in Australien leben und arbeiten können und umgekehrt.
Großbritannien hatte bereits im vergangenen Jahr verkündet, dass es nach dem Brexit Handelspakte mit seinen „Freunden aus dem Commonwealth“ schließen wolle. Neben Australien verhandelt das Land auch mit Neuseeland. „Der Brexit macht uns frei, ein wahrhaftig globales Britannien zu schaffen“, hatte Boris Johnson einst gesagt. Ein Freihandel mit der früheren britischen Kolonie Australien erfüllt die postkolonialen Träume des britischen Premiers nun zumindest teilweise.
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