Aussicht auf Frieden

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Ein offizieller Friedensschluss und eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel – auf diese Ziele haben sich die Staatschefs von Nord- und Südkorea, Kim Jong-un und Moon Jae-in, am Freitag bei ihrem historischen Gipfeltreffen verständigt.

Der seit mehr als sechs Jahrzehnten geltende Kriegszustand solle noch dieses Jahr beendet werden, erklärten sie bei ihrer symbolträchtigen Begegnung im Grenzort Panmunjom. Die internationale Gemeinschaft reagierte verhalten optimistisch. In ihrer gemeinsamen Erklärung nannten Kim und Moon eine „dauerhafte und stabile“ Friedensregelung als gemeinsames Ziel. Es werde „keinen Krieg mehr auf der koreanischen Halbinsel geben“ und Korea werde wieder „eins“ werden. Nun solle es mit den USA und möglicherweise auch mit China Treffen für eine Friedensvereinbarung geben, hieß es in der Gipfelerklärung. Bei ihrem Treffen in der entmilitarisierten Zone zwischen ihren beiden Ländern nannten Kim und Moon auch „das gemeinsame Ziel“, „durch eine vollständige Denuklearisierung eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu verwirklichen“.

Das Gipfeltreffen war eine Begegnung voller Symbolik: An der Demarkationslinie reichten sich Moon und Kim am Morgen die Hand. Kim betrat als erster nordkoreanischer Machthaber seit Kriegsende südkoreanischen Boden. Hand in Hand überschritten die beiden Staatschefs anschließend die Grenze zum Norden. Nach einem Handschlag kehrten sie dann auf südkoreanisches Gebiet zurück und schritten zur sogenannten Friedenshalle auf der südlichen Seite des Grenzortes Panmunjom. Dort trug sich Kim in das Gästebuch ein: „Eine neue Geschichte beginnt jetzt – am Ausgangspunkt der Geschichte und des Zeitalters von Frieden“, schrieb er. Später pflanzte Kim zusammen mit Moon einen Baum nahe der Demarkationslinie. Nach der Unterzeichnung ihrer gemeinsamen Erklärung umarmten sich Kim und Moon. Nordkoreas Machthaber versprach, dass die Vereinbarung – anders als in früheren Fällen – auch tatsächlich umgesetzt werden solle.

Als Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen will Moon noch im Herbst in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang reisen. In dem Abschlussdokument ist zudem für den 15. August, den sogenannten Nationalen Tag der Befreiung, ein Treffen koreanischer Familien vorgesehen, die durch die Grenze getrennt wurden. Ende Mai oder Anfang Juni soll es auch ein Treffen zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump geben.

Korea-Krieg

Am 25. Juni 1950 beginnen auf der koreanischen Halbinsel verheerende Kämpfe: Die nordkoreanischen Truppen überqueren den 38. Breitengrad, die Grenze zwischen dem kommunistischen Norden und dem prowestlichen Süden. Sie erobern binnen drei Tagen Seoul. Zwischen zwei und vier Millionen Menschen werden in den kommenden drei Jahren getötet, wobei China den Norden und die USA den Süden unterstützen. Nach dem Waffenstillstandsabkommen vom 27. Juli 1953 wird kein Frieden geschlossen. Nord- und Südkorea befinden sich formal weiter im Kriegszustand.

 Angriffe aus dem Norden

Nordkorea stellt den Waffenstillstand wiederholt auf die Probe. Am 21. Januar 1968 soll ein von Pjöngjang entsandtes Kommando den südkoreanischen Präsidenten Park Chung-hee in Seoul ermorden. Das Kommando wird wenige Hundert Meter vor dem Präsidentenpalast gestoppt. Bei einem Schusswechsel werden mehr als 90 Südkoreaner getötet. Am 18. August 1976 töten nordkoreanische Soldaten zwei US-Soldaten, die in der entmilitarisierten Zone entlang der Grenze eine Pappel zurückschneiden wollen. Nach Nordkoreas Darstellung waren die US-Soldaten auf nordkoreanisches Territorium vorgedrungen. Am 9. Oktober 1983 attackiert Nordkorea in der myanmarischen Stadt Rangun ein Mausoleum, das der südkoreanische Präsident Chun Doo-hwan besucht. Es gibt 21 Tote. Am 18. September 1996 werden 24 nordkoreanische Agenten und vier Südkoreaner getötet, als ein U-Boot nahe der östlichen Hafenstadt Gangneung versucht, in südkoreanisches Gebiet vorzudringen.

Direkte Konfrontation

Am 15. Juni 1999 liefern sich zwei Schiffe beider Seiten vor der Insel Yeonpyeong ein Seegefecht. Rund 50 Nordkoreaner werden getötet. Am 26. März 2010 wird die Korvette „Cheonan“ laut Seoul von einem nordkoreanischen U-Boot zerstört, 46 Seeleute werden getötet. Pjöngjang bestreitet jede Verantwortung. Am 23. November 2010 schießt Nordkorea 170 Raketen auf die Insel Yeonpyeong – es ist der erste Angriff auf ein von Zivilisten bewohntes Gebiet seit dem Krieg. Zwei Soldaten und zwei Zivilisten werden getötet, Südkoreas Militär schießt zurück.

Nukleare Ambitionen

Am 9. Oktober 2006 gibt Nordkorea seinen ersten Atomtest bekannt. Der UN-Sicherheitsrat beschließt erstmals Sanktionen und weitet die Strafmaßnahmen nach weiteren Atom- und Raketentests in den folgenden Jahren aus. Im Jahr 2017 testet Nordkorea mehrfach Raketen und nimmt am 3. September seinen sechsten und bislang gewaltigsten Atomtest vor. Machthaber Kim Jong-un liefert sich einen verbalen Schlagabtausch mit US-Präsident Donald Trump und erklärt sein Land zur Atommacht.

Annäherung

Trotz der Spannungen suchen Nord- und Südkorea immer wieder das Gespräch. 2000 und 2007 beruft Nordkoreas damaliger Staatschef Kim Jong-il zwei Gipfeltreffen ein, was zu einer Beruhigung der Lage führt.

Olympisches Tauwetter

Nach der Eskalation mit den USA signalisiert Nordkoreas Kim Anfang 2018 Dialogbereitschaft. Am 9. Januar folgt ein Treffen ranghoher Vertreter beider Staaten, dabei kündigt Nordkorea seine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen in Südkorea an. Bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele in Pyeongchang am 9. Februar ziehen Sportler aus Süd- und Nordkorea gemeinsam ins Stadion ein. Auf der Tribüne reicht Moon der Schwester von Nordkoreas Machthaber, Kim Yo-jong, und dem protokollarischen Staatsoberhaupt Nordkoreas, Kim Yong-nam, die Hand. Kim Jong-un lädt den südkoreanischen Präsidenten zu einem Treffen in Pjöngjang ein. Im März vereinbaren beide Seiten ein Gipfeltreffen für April, ein Gipfel zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump soll Ende Mai oder Anfang Juni folgen.

Historisches Gipfeltreffen

Am 27. April treffen sich Kim und Moon im Grenzort Panmunjom in der demilitarisierten Zone. Beide reichen sich lange die Hände, gehen symbolisch den Schritt über die Grenze nach Nord- beziehungsweise Südkorea. In einer gemeinsamen Erklärung kündigen sie danach an, dass bis Jahresende eine „dauerhafte und stabile“ Friedensregelung gefunden werden solle. Die Halbinsel soll zudem atomwaffenfrei werden. Kim und Moon unterschreiben auch einen weiteren historischen Satz: „Es wird keinen Krieg mehr auf der koreanischen Halbinsel geben.“