EU-ParlamentAuch die Bereitstellung von Impfstoffen für ärmere Länder stockt

EU-Parlament / Auch die Bereitstellung von Impfstoffen für ärmere Länder stockt
Eine Palästinenserin hält ein Fläschchen mit dem Corona-Impfstoff von Moderna hoch Foto: AFP/Jaafar Ashtiyeh

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Die Europäische Union steht an vorderster Front, wenn es darum geht, auch für die ärmsten Länder auf der Welt Corona-Impfstoff zu besorgen. Nur sind die Aussichten dafür nicht gerade rosig.

Eine Diskussion gestern im Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments (EP) hat gezeigt, dass bei den EU-Europäern zwar goße Solidaritätsbereitschaft besteht, sie aber von der eigenen Realität eingeholt werden. Dennoch: Bereits zu einem frühen Zeitpunkt hatten sich im April vergangenen Jahres die EU und ihre Mitgliedstaaten dafür eingesetzt, dass bei der Her- und Bereitstellung eines Impfstoffes gegen Covid-19 die sogenannten Entwicklungsländer unterstützt werden. Daraus entstand unter anderem die Organisation „Covid-19 Vaccines Global Access“, kurz Covax, bei der die EU eine „führende Rolle“ spiele, wie die EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaft, Jutta Urpilainen, gestern während der Debatte im EP erklärte. Mit Covax soll gewährleistet werden, dass auch die ärmsten Länder Zugang zu den Corona-Impfstoffen erhalten sollen. Die EU habe dazu bisher 850 Millionen Euro bereitgestellt, so die Kommissarin. Bis Ende des Jahres sollen 1,6 Milliarden Impfdosen-Dosen für 92 Länder mit niedrigsten bis mittleren Einkommen bereitgestellt werden. Sie gehe sogar davon aus, dass es am Ende 2,3 Milliarden Dosen sein würden, so die Finnin.

Allerdings konnte auch sie keine eindeutigen Antworten darauf geben, wo der Impfstoff herkommen soll. Denn trotz all des guten Willens schälte sich aus den Fragen der EP-Abgeordneten Handlungsgrenzen heraus, mit denen selbst die EU-Staaten konfrontiert sind. Es mangelt bislang an Produktionskapazitäten und niemand könne zu diesem Zeitpunkt sagen, wann genügend Vakzine verfügbar sind, so der allgemeine Tenor. Jutta Urpilainen ging es jedoch von einer optimistischen Seite an und verkündete, dass Biontech/Pfizer kommende Woche im Rahmen von Covax die ersten Impfstoffe an 18 Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika ausliefern werden. Was aber von EP-Abgeordneten mit dem Verwies relativiert wurde, dass es sich beim Impfstoff dieser Hersteller gerade um dasjenige handelt, das aufgrund der erforderlichen sehr niedrigen Temperaturen in den Zielländern am schwersten zu handhaben ist. Für das in Sachen Kühlung weniger komplizierte Vakzin von AstraZeneca hingegen hat die Weltgesundheitsbehörde nach Angaben der EU-Kommissarin noch keine Zulassung gegeben.

Aus Sicht der Entwicklungsländer sei Covax bislang allerdings noch „kein Erfolgsprojekt“, hielt die EVP-Abgeordnete und Ko-Autorin einer Resolution zum Thema, Hildegard Bentele, entgegen. Es gebe noch „keine klaren Zusagen“ für die Lieferung der Impfstoffe, keine Zeitpläne und keine Mengenangaben. Die Afrikanische Union (AU) habe daher für 270 Millionen Dollar eigene Impfstoffe bestellt, zu viel höheren Preisen als die Europäer, wie die deutsche EP-Abgeordnete weiter erklärte. Einzig Russland, China und Indien würden derzeit die ärmsten Länder beliefern. Zwar sei die EU „ganz wichtig“ für diese Länder, doch sehe sie auch, „dass wir ein großes moralisches Problem haben“, so Hildegard Bentele weiter, die dabei auf die Konkurrenz innerhalb der EU selbst um den Impfstoff verwies.

Patentschutz aufheben

Vielfach wurde darauf hingewiesen und gefordert, dass die Impfstoffe als öffentliches Gut betrachtet werden müssten und daher für jeden zugänglich sein müssten. Dies habe die EU von Beginn an unterstützt, so Jutta Urpilainen, die allerdings der Frage auswich, ob die Union sich auch für die Aufhebung des Patentschutzes einsetzen würde. Das würde es vielen anderen Arzneimittelherstellern erlauben, in die Produktion der Vakzine einzusteigen. Allerdings sind bislang noch viele Länder dagegen, den Patentschutz auf den Impfstoffen aufzuheben, allen voran die USA und die Schweiz.

Dass es mit der Bereitstellung von Corona-Impfstoffen für die ärmeren Staaten in der Welt noch längst nicht getan ist, darauf weist die Resolution der EU-Parlamentarier hin, die demnächst im Plenum verabschiedet werden soll. Darin verlangen sie, dass unter anderem die Hilfsgelder für die Entwicklungsländer erhöht werden sollen. Denn wegen der Pandemie gebe es einen zusätzlichen Bedarf an humanitärer Hilfe. So wird in der Entschließung darauf hingewiesen, dass nach immerhin 20 Jahren im vergangenen Jahr die „extreme globale Armut“ wieder „dramatisch“ angestiegen sei.