Am Ende bleibt nur Asche

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Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger

In Valencia schmücken riesige Figuren aus Pappmaché Straßen und Plätze. Sie sind bunt, fantasievoll und manche nehmen die Politik auf die Schippe. Aber am 19. März, dem Josefs-Tag, gehen alle Kunstwerke in Flammen auf. So wird der Frühling begrüßt.

Auf Besucher aus dem Norden wirken die Fallas von Valencia wie ein stehen gebliebener Karnevalszug am Rhein. Überall in der Stadt stehen kleine, mittlere und riesige Figuren und Figurengruppen aus Holz und Pappmaché. Und wie am Rhein werden auch am Mittelmeer aktuelle Ereignisse und bekannte Personen, vor allem aus der Politik, aber auch dem Sport, satirisch auf den Arm genommen.

Die Fallas sollen die Gesellschaft widerspiegeln, so wie sie heute ist. Daran glaubt man im Dachverband aller Fallas-Verbände in Valencia. Die Frauen haben das gehört und verlangen in diesem Jahr mehr Präsenz. Sie wollen nicht nach dem Motto „Halt den Mund und sei schön“ auf die Rolle der „Falleras“ in traditionell prächtigen Gewändern reduziert werden, wie es bisher Tradition ist. Allerdings ist das Fest, alljährlich vom 15. bis zum 19. März, tatsächlich keine reine Männersache mehr. 390 Fallas-Vereine gibt es in Valencia und Umgebung. Und immerhin 43 haben heute eine „Presidenta“. Ein solches Amt als Vorsitzende wäre in den 60er oder 70er Jahren noch undenkbar gewesen.

Feuerwerk von Frauenhand

Etwa Xelo Salavert. Sie ist Ko-Präsidentin der Falla L’Antiga de Campanar, einer der Traditionsverbände. Als sie vor fünf Jahren dazugestoßen sei, habe es bei den Fallas-Gruppen im Stadtteil Campanar nur drei Frauen an der Spitze gegeben, heute seien es ein Dutzend. „Ich habe mich niemals diskriminiert gefühlt, weil ich eine Frau bin“, sagt Xela. Manche Feministinnen sehen das andern, protestieren gegen „Ninots“ – so heißen die Pappepuppen –, die Frauen zu Sexsymbolen herabwürdigen. Monica Oltra, Vizepräsidentin der autonomen Region Valencia und Gleichstellungsbeauftragte der Landesregierung, warnt, die Frauen würden bei den Fallas nicht mehr herabgesetzt als sonst. „Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir von den Fallas mehr verlangen als vom Rest der Gesellschaft.“ Jedenfalls sind die Fallas, so wie sie sind, von der Unesco zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt worden.

Und was die Frauen angeht, so haben sie in einem Bereich bei den Fallas schon einen als typisch männlich geltenden Posten erobert: In diesem Jahr wird die Feuerwerkerin Reyes Martí das große Feuerwerk entzünden, das gegen Mitternacht das Fest beendet, nachdem die Fallas überall in Valencia angezündet und verbrannt worden sind. Bisher durfte sie nur „Mascletas“ zünden, die ohrenbetäubenden Böller-„Konzerte“, die im März täglich Valencias Ruhe vernichten.

Cristiano wird zur Asche

Verbrannt werden wahre Kunstwerke, an denen fast ein Jahr lang gebastelt wurde. Die Themen der Puppen und Puppengruppen reichen von historischen Ereignissen wie der Eroberung Amerikas durch die Konquistadoren bis zur Eroberungen aller denkbaren Fußball Trophäen durch Cristiano Ronaldo. Er wird am 19. März ebenso zu Asche verbrennen wie Premier Mariano Rajoy, dessen markantes Kinn aus Pappmaché einen halben Meter misst. Und wie Wladimir Putin, Donald Trump und – nicht wegzudenken aus politischer Satire dieser Art – Carles Puigdemont, im Konquistadoren-Gewand auf der Suche nach „Eldorado“, was er wohl mit „Republik Katalonien“ übersetzen würde.

Ob man die Anspielungen nun versteht oder nicht – Touristen rasen mit Kameras los, um möglichst alles „drauf zu bekommen“, verrenken dabei den Hals und Kopf hinter ihrer Kamera wie so mancher Ninot und knipsen, was das Zeug hält. „Fiesta de japoneses – ein Fest für die Japaner“, meint ein Kellner lakonisch, als er den „café solo“ – ein Espresso – im Straßencafé nahe der Plaza del Ayuntamiento auf den Tisch stellt. Bis zu einer Million Touristen sind in vergangenen Jahren schon zu den Fallas gekommen.

Parallel zur fröhlichen Fiesta der Fallas wird in Valencia der Stadtpatronin gedacht. Eine 15 Meter hohe Statue der „Virgen de los Desamparados“ (Heilige Jungfrau der Schutzlosen) wird auf der Plaza de la Virgen aufgebaut. Sie steht auf einem Holzgerüst, das mit Zigtausenden von Blumensträußen aufgefüllt wird, sodass ein gemusterter Mantel entsteht. Bei dieser „Ofrenda“ (Blumenspende) bringen zwei Tage lang rund 100.000 Valencianer Blumensträuße zur Virgen. Diese Statue wird natürlich nicht verbrannt.