DeutschlandAltmaier will Gemeinden und Anwohner an Erträgen von Windrädern beteiligen

Deutschland / Altmaier will Gemeinden und Anwohner an Erträgen von Windrädern beteiligen
Windräder stehen hinter einem Wäldchen und einem blühenden Rapsfeld.  Roland Holschneider/dpa

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Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will betroffene Gemeinden und Anwohner an den Einnahmen von Windrädern beteiligen und so die Zustimmung zu solchen Anlagen erhöhen. Er legte dazu jetzt einen konkreten Vorschlag vor. Allerdings fehlt in der Koalition und mit den Ländern weiter eine Einigung über den Mindestabstand zu den nächsten Siedlungen.

Altmaier schlägt vor, dass die Betreiber an jede Standortkommune je erzeugte Kilowattstunde „mindestens“ 0,2 Cent pro Jahr zahlen sollen. Das sind laut Rechnung des Ministeriums pro Windrad im Schnitt 20.000 Euro. Das Ziel der Maßnahme wird in dem „Eckpunktepapier“, das dem Tageblatt vorliegt, nicht verheimlicht: „Für Kommunen ist eine so hohe Einnahme geeignet, die Akzeptanz neuer Windenergieanlagen spürbar zu erhöhen und zukünftig auch weitere Flächen zur Verfügung zur stellen“. Einen Teil der Summe sollen die Betreiber auch direkt an die Bürger ausschütten können, und zwar in Form vergünstigter Stromlieferungen. Je Haushalt könnten das 100 bis 200 Euro Ersparnis im Jahr sein. Der Vorschlag soll nur für Anlagen gelten, die ab 2021 errichtet werden. Kleinanlagen sind ausgenommen.

Der Widerstand gegen neue Windparks gilt als Hauptgrund für den fast vollständigen Stillstand der Branche im Jahr 2019. Zwar gab es im ersten Quartal 2020 eine leichte Erholung, als bundesweit 107 Windräder neu errichtet wurden. Doch noch immer sind das 60 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt. Das große Ziel der Klimaschutzpolitik, bis 2030 mehr als 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu produzieren, scheint gefährdet. Die Beteiligung der Bürger ist Teil eines 18-Punkte-Plans, den Altmaier schon im Herbst vorgelegt hatte, um das Problem zu beheben.

Eine „Brücke zur Akzeptanz“

Der Präsident des Bundesverbandes Wind-Energie, Hermann Albers, begrüßte die Idee. Sie entspricht weitgehend einem eigenen Vorschlag des Verbandes, der „ein bis zwei Prozent“ der Erträge für die Kommunen angeboten hatte. Zusätzlich hatten die Windkraftbetreiber noch vorgeschlagen, den betreffenden Gemeinden einen höheren Anteil der Gewerbesteuer zu belassen, zu Lasten der Gemeinden, in denen die Gesellschaften ihren Sitz haben. Diese Idee übernahm Altmaier nicht. Albers sagte, die finanzielle Beteiligung sei eine „Brücke zur Akzeptanz“. Erforderlich sei nun aber, dass die Bundesregierung in einen „Chancen-Modus“ umschalte und die Energiewende durchgehend positiv erkläre.

Hauptproblem bei der anstehenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist jedoch der anhaltende Streit zwischen den Koalitionsparteien um die Abstandsregeln für Windräder und die Anhebung des sogenannten Solardeckels. In diese Wunde bohrte der Grünen-Energieexperte Oliver Krischer, der die Bürgerbeteiligung an den Windkraft-Erträgen an sich begrüßte. Das Eckpunktepapier sei „Pseudo-Politik“, sagte Krischer. Gefragt sei ein Gesetz. „Dazu höre ich aber bisher nichts.“

Der Verhandlungsführer der SPD, Fraktionsvize Matthias Miersch, zeigte sich allerdings zuversichtlich, bald eine Einigung zu finden. Er begrüßte Altmaiers Vorschläge. „Wir bekommen jetzt hoffentlich die Dynamik, die ein großes Paket zwischen Bund und Ländern noch vor der Sommerpause ermöglicht“, so Miersch zu unserer Redaktion. Nächste Woche solle eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden, um die Ministerpräsidentenkonferenz im Juni vorzubereiten. Die wichtigsten Umwelt- und Naturschutzorganisationen appellierten gestern in einer gemeinsamen Erklärung, den „besorgniserregenden Stillstand“ beim Ausbau der Windenergie möglichst rasch zu beheben.