Indonesien / 10.000-mal stärker als normale Wellen: Hat eine Untermeerwelle das U-Boot-Unglück verursacht?
Das gesunkene indonesische U-Boot könnte Opfer einer Untermeerwelle geworden sein. Dies vermuten indonesische Behörden. Für die neue Theorie sprechen einige Faktoren.
Die russische „Kursk“, das argentinische U-Boot „ARA San Juan“ und nun Indonesiens „KRI Nanggala 402“ – der Horror, der mit einem U-Boot-Unglück einhergeht, ist so groß, dass sich oft wilde Theorien um die Hintergründe der Tragödien ranken.
Um herauszufinden, was im Fall des indonesischen U-Boots geschehen ist und um den 53 getöteten Crewmitgliedern die letzte Ehre zu erweisen, will das südostasiatische Land das gesunkene U-Boot bergen, wie am Wochenende bekannt wurde. Das Boot liegt in über 800 Metern Tiefe am Meeresgrund vor der indonesischen Insel Bali.
Naturgewalt als Unglücksursache?
Schon jetzt ranken sich mehrere Theorien um die Ursache der Tragödie. Neben einem Stromausfall, Materialschwäche und menschlichem Versagen scheint es möglich, dass auch ein eigentlich faszinierendes, natürliches Phänomen das Unglück herbeigeführt haben könnte: eine interne Welle oder Untermeerwelle, die das U-Boot in die Tiefe zog.
Für die Theorie der Naturgewalt sprechen einige Faktoren, wie der australische Sender ABC herausgefunden hat. So zitiert der Sender indonesische Marinebeamte, die berichten, dass solche internen Wellen wohl häufiger im Meer vor Bali auftreten. Diese Wellen erzeugen einen intensiven vertikalen Sog unter der Meeresoberfläche, der das U-Boot in die Tiefe gerissen haben könnte. Laut der US-Raumfahrtbehörde NASA treten diese intensiven internen Wellen in der Lombokstraße – eine Meerenge zwischen den Inseln Bali und Lombok – etwa alle 14 Tage auf. Die Untermeerwellen entstehen, da in der Region eine Kombination aus starken Gezeitenströmungen, einem unebenen Meeresboden und Wasseraustausch zwischen zwei Kanälen – einem flacheren und einem tieferen – zusammentrifft.
10.000-mal stärker als Wellen an der Meeresoberfläche
Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2015 fand bereits heraus, dass solche internen Wellen das Wasser mehr als 10.000-mal stärker in Turbulenzen versetzen können als Wellen an der Meeresoberfläche. Dass sie Schiffe ausbremsen und U-Boote heftig durchschütteln können, ist also bereits bekannt. Doch im Fall des indonesischen U-Bootes könnte solch eine Welle nun 53 Menschen ins Verderben gerissen haben.
Tatsächlich sei das U-Boot genau zu dem Zeitpunkt im Norden Balis gesunken, als eine interne Welle aufgetreten sei, wurde Muhammad Ali, ein früherer Kommandant des U-Bootes, der nach wie vor für die indonesische Marine tätig ist, nun in einem Beitrag der ABC zitiert. „Wir haben natürliche Gründe in Verdacht“, bestätigte der Indonesier. Seine Aussagen werden von Satellitenaufnahmen aus dem Zeitraum unterstützt, wie andere Marinevertreter im Gespräch mit Journalisten betonten. So sollen sowohl der japanische Satellit Himawari 8 als auch der europäische Satellit Sentinel interne Wellen zu dem Zeitpunkt in der Region aufgezeichnet haben.
U-Boot war über 40 Jahre alt
Experten haben aber noch andere Theorien aufgestellt, was mit dem U-Boot passiert sein könnte. So wurde gemutmaßt, dass das U-Boot von der Rakete eines ausländischen Schiffes getroffen worden sein könnte. Auch ein Stromausfall hätte das Unglück verursachen können. Diskutiert wird auch, ob das U-Boot überladen war. Es sei nur für 34 Menschen ausgerichtet gewesen, habe aber 53 Besatzungsmitglieder an Bord gehabt, hieß es in Medienberichten.
Doch die Verantwortlichen streiten dies laut der ABC ab. Die nur 34 Betten an Bord ließen sich damit erklären, dass die Besatzung in drei Schichten aufgeteilt war und abwechselnd schlief. Experten halten es zudem für möglich, dass eine Materialermüdung das Unglück verursacht haben könnte. So könnten sich Risse oder Korrosion im Metall gebildet haben. Das knapp 60 Meter lange U-Boot „KRI Nanggala 402“ wurde Ende der 1970er Jahre in Deutschland gebaut und zuletzt 2012, also vor fast einem Jahrzehnt, zum letzten Mal überholt.
Das U-Boot hatte den Kontakt zur Außenwelt während einer Übung Ende April verloren. Zu diesem Zeitpunkt hielt es sich rund 95 Kilometer nördlich von Bali auf. Mehrere Staaten, darunter die USA und Australien, halfen bei der Suche nach der vermissten Besatzung mit. Doch trotz der aufwendigen Rettungsaktion konnte keines der 53 Crewmitglieder lebend geborgen werden.
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