Zwischen Angst und ErleichterungWie Restaurant- und Cafébesitzer auf die neuen Restriktionen reagieren

Zwischen Angst und Erleichterung / Wie Restaurant- und Cafébesitzer auf die neuen Restriktionen reagieren
Manche Betreiber befürchten einen zweiten Lockdown Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Restaurant- und Cafébesitzer reagieren sehr unterschiedlich auf die angekündigten Restriktionen. Dass die Gäste noch maximal zu viert kommen dürfen und ab 23 Uhr eine Ausgangssperre verhängt werden soll, ruft bei einigen Angst vor einem zweiten Lockdown hervor, während andere mit Schlimmerem gerechnet hatten und nun optimistisch an die Sache herangehen.

Reaktionen aus Luxemburg-Stadt

Die neuesten Covid-19-Regelungen bedeuteten für ihn einen erneuten Rückschlag in der kurzen geschäftlichen „Erholungsphase“ seit März, sagt Séverin Laface, Besitzer des Concept Store „Robin du lac“ in Luxemburg-Stadt, zu dem verschiedene Restaurants (u.a. „Come à la maison“), eine Weinbar und ein Café in Hollerich gehören. Im Frühjahr sei sein Umsatz auf zehn Prozent des Vorjahres eingebrochen; langsam habe er sich wieder bis auf 50 Prozent hochschrauben können.

Mit der Bekanntgabe der neuen Bestimmungen vorige Woche haben jedoch etliche Kunden ihre Bestellungen am Wochenende abgesagt. Vor allem die Sperrstunde ab 23.00 Uhr ist ihm ein Dorn im Auge. Eine Stunde später würde er besser finden. „Wir waren voll ausgebucht am Wochenende, doch die Kunden reagieren auf jede neue Ankündigung mit Unsicherheit.“ Einen zweiten kompletten Lockdown würde er nicht überleben, sagt er. Mit der neuen Einschränkung, die besagt, dass nur vier Personen am Tisch Platz nehmen dürfen, hat Laface weniger Probleme. „Wir haben ausreichend Platz, um die Tische angemessen anzuordnen.“ Insgesamt wünscht er sich mehr direkte Hilfe vom Staat, nicht nur in Form von Krediten. Vor allem mache ihm zu schaffen, dass der Arbeitgeber die Sozialabgaben für Kurzarbeiter übernehmen muss.

Séverin Laface bei der Eröffnung des Concept Store „Robin du lac“
Séverin Laface bei der Eröffnung des Concept Store „Robin du lac“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Weit optimistischer klingt Jacques Casanova, Besitzer des Restaurants „La Fontaine“ auf der place de Paris. Er sei im Großen und Ganzen mit den neuen Bestimmungen einverstanden, ist allerdings der Meinung, dass die Sperrstunde bereits um 22.00 Uhr beginnen sollte. Die 23-Uhr-Regel sei wohl nur ein Kompromiss zwischen denen, die wie er denken, und denen, die eine Sperrstunde erst ab Mitternacht wollten. Aber im Interesse der öffentlichen Gesundheit wäre eine Stunde früher bestimmt besser. Er sehe oft spät abends Jugendliche mit Gläsern in der Hand und ohne Masken beisammen. Für ihn selbst würde es keinen Unterschied machen, wenn er um 22.00 Uhr schließen müsste, denn seine Kunden seien um diese Zeit eh bereits gegangen.

Zu Annullierungen von Reservationen haben die neuen Regelungen bei ihm nicht geführt. Er glaube eh, dass die meisten Leute in Luxemburg den Ernst der Lage erkannt haben. Was die neue Begrenzung von maximal vier Personen pro Tisch angeht, ist auch er der Meinung, es sei nicht ausschlaggebend für das Geschäft, ob nun vier oder mehr Personen an den Tischen sitzen dürften.

Mehr als die neuen Covid-Bestimmungen machen ihm einerseits noch immer die Trambaustelle zu schaffen – „die hat viele Leute aus dem Zentrum vertrieben“ – und andererseits die Tatsache, dass viele Angestellte von zu Hause aus arbeiten. Die Telearbeit hätte viele Geschäfte einen Teil ihrer Kundschaft gekostet. Er sei allerdings sehr positiv im Sommer von der Tatsache überrascht gewesen, dass er auch neue Kundschaft gewinnen konnte. „Die Bewohner Luxemburgs sind gekommen und haben uns so unterstützt.“ Was die Covid-Krise angeht, ist Casanova voller Lob für die Regierung und die staatlichen Hilfen. „Man kann die Regierung nur beglückwünschen, wie sie mit der Krise umgeht.“ Er würde auf jeden Fall positiv denken. „On va y arriver“, meint er zum Abschluss unseres Gesprächs.

„Eine Katastrophe“

„Eine Katastrophe“ nennt Joseph Pala die augenblickliche Lage. Der Inhaber des „Club5“ im Escher Park Laval meint damit weniger die neuen Maßnahmen der Regierung, sondern vielmehr die Angst seiner Gäste. „Die Konsequenzen kamen  sofort. Unmittelbar nach der Pressekonferenz vom Freitag habe ich die ersten Abbestellungen bekommen. Seitdem sind so um die zehn Reservierungen annulliert worden“, sagt Pala. Mit der um eine Stunde vorverlegten Sperrstunde habe das nichts zu tun, schon etwas mehr mit der Reduzierung von maximal zehn auf vier Gäste pro Tisch. So wurde auch eine Reservierung für zehn rückgängig gemacht. „Aber in erster Linie geht es um die Psychologie. Die Leute haben jetzt Angst und bleiben wieder zu Hause.“

Ob es noch viel Sinn ergebe, abends das Restaurant zu öffnen, fragt er sich momentan. Dabei hatte sich das „Club5“ durch einen sehr guten Sommer auch dank der großzügigen Terrasse vom zweimonatigen Lockdown im Frühling erholt. Dafür hatte das Restaurant im September auf den zweiwöchigen „congé annuel“ verzichtet und durchgearbeitet. Immerhin, sagt Pala, habe er seit 2003 im „Club5“ gut gewirtschaftet, sodass er auch über die nächste schwierige Zeit kommen dürfte. „Aber für andere wird diese Situation verheerend werden.“

Sonia Dos Santos vom „Escher Kafé“ passt sich an die Maßnahmen an
Sonia Dos Santos vom „Escher Kafé“ passt sich an die Maßnahmen an Foto: Editpress/Claude Lenert

Die Ausgangssperre ab 23.00 Uhr wird auch Sonia Dos Santos im benachbarten „Escher Kafé“ zu spüren bekommen. „Wir hatten zwischen 22.00 und 24.00 Uhr immer so etwas wie eine kleine zweite Welle an Gästen“, berichtet sie. Was daran lag, dass die Leute nach dem Restaurant-Besuch noch auf einen Kaffee oder ein Digestif vorbeikamen. Jetzt haben sie keine Zeit mehr dafür, sofern sie denn überhaupt ausgehen.

Auch sie hat Angst vor dem psychologischen Faktor. Schon am Freitag und Samstag seien merklich weniger Leute da gewesen als sonst. Mit der Beschränkung auf vier Personen pro Tisch könne sie sich arrangieren, sagt Sonia Dos Santos: „Wir können den Raum der Kegelbahn benutzen und stellen da Vierertische rein. Aber wie soll ich kontrollieren, wer zum Beispiel zu einem Haushalt gehört?“ Kontrolle sei aber ein gutes Stichwort. „Ich denke, dass man in Cafés besser kontrollieren kann, ob sich an die Vorschriften gehalten wird. Das sieht ja der Wirt“, sagt sie, „bei den Leuten daheim geht das nicht:“    

„Dachte, es würde schlimmer kommen“

Ein Foto vom April, als das „Atelier gourmand“ auf Take-away setzte<br />
Ein Foto vom April, als das „Atelier gourmand“ auf Take-away setzte
 Foto: Editpress/Julien Garroy

In Düdelingen haben Restaurantbesitzer weniger Probleme mit den (noch) strengeren Regeln. Ihnen bereitet die Tatsache Bauchschmerzen, dass die Gäste aus Angst vor einer Ansteckung ausbleiben.

„Ich dachte, es würde schlimmer kommen“, erzählt Philippe Barre, Inhaber des Restaurants „L’Atelier gourmand“. Er habe damit gerechnet, wieder für vier Wochen schließen zu müssen. Die 23-Uhr-Sperrstunde sei kein Problem für ihn. Da viele aus seiner Kundschaft früh essen gehen und in Düdelingen und Umgebung wohnen, hätten diese auch nur einen kurzen Heimweg. Er schätzt, dass die Restaurants in Luxemburg-Stadt diesbezüglich eher Schwierigkeiten haben werden.

Die verringerten Sitzplatz-Zahlen an den Tischen auf vier Personen sieht er ebenfalls nicht als dramatisch an. Bei einer Reservierung für acht Personen teilt er die Gäste auf zwei Tische auf, die etwas weiter voneinander weg stehen. Dazwischen stellt er eine Art Fenster mit einer transparenten Leinwand auf. So könnten sich die acht sehen, als ob sie an einem Tisch säßen.

„Das Problem ist nicht die Sperrstunde oder die Sitzplatz-Anzahl, sondern die Angst der Menschen“, so Barre weiter. Bei der Reservierung würden viele gerne wissen, wo ihr Tisch steht oder wie viele sonst noch an dem Abend dort essen würden. Aus diesem Grund hat er bereits alles in die Wege geleitet, um seinen Lieferdienst ausweiten zu können.

Dan Thill von der Bistro-Brasserie „MontChalet“ schätzt die Situation ähnlich ein. Ob vier, sechs oder acht fremde Menschen an einem Tisch sitzen, mache keinen großen Unterschied. Etwas ist ihm jedoch aufgefallen: Nach jeder Pressekonferenz der Regierung zum Thema Covid-19 bleiben die Gäste für ein paar Tage gänzlich aus. Vor allem die älteren Menschen, die sonst zu den Stammgästen gehören, trauen sich nicht mehr ins Bistro. „Sie kommen nur, wenn im Lokal nur ein oder zwei andere Menschen sitzen“, sagt Thill. Doch dies reicht bei weitem nicht aus, um das „MontChalet“ am Laufen zu halten.

Damit sich das Restaurant trägt, müssen 30 bis 40 Sitzplätze ständig belegt sein. Schon jetzt rechnet Dan Thill mit einem beträchtlichen Umsatzverlust. Er geht davon aus, dass sich die Lage mit der Sperrstunde um 23.00 Uhr noch verschlechtern wird. „Das sind dann abends bereits zwei Stunden weniger, die wir arbeiten können.“ Morgens öffnet er mittlerweile erst um 9.00 Uhr statt wie sonst um 7.00 Uhr, da die Frühstücksgäste ausbleiben. „So fehlen mir jeden Tag vier Stunden, an denen ich etwas verkaufen könnte.“ Auch denkt er an jene, die abends länger arbeiten müssen oder die alleine leben. Diese Menschen werden seiner Meinung nach bestraft und isoliert. „Menschen, die ganz alleine sind, bleiben gerne bis zum Schluss im Bistro, statt zu Hause herumzusitzen“, sagt Thill.

„Wir werden uns anpassen“

Daniel Rameau von „La Rameaudière“ aus Ellingen-Gare bleibt optimistisch. „Wir werden uns an die neuen Maßnahmen anpassen“, sagt der Chefkoch und Inhaber des Restaurants. „Wir fangen jetzt früher an, ab 18.00 Uhr an, und halten den nötigen Hygieneabstand zwischen den Tischen ein. Ich habe glücklicherweise genug Platz“, sagt Rameau und weist auf die Raumteilung in seinem Restaurant hin, das aus mehreren Salons besteht und wo Tische für höchstens vier Personen hergerichtet werden. „Natürlich werden wir etwas Platz und Einnahmen verlieren“, sagt er, „aber wir können weiterhin arbeiten.“ In diesem Zusammenhang berichtet Rameau von der Wertschätzung der Gäste für die heimische Gastronomie: „Die Luxemburger sind solidarisch mit uns.“ Diejenigen, die nicht in den Urlaub fahren würden, kämen jetzt öfter zum Essen.

Daniel Rameau von „La Rameaudière“ gibt sich optimistisch
Daniel Rameau von „La Rameaudière“ gibt sich optimistisch Foto: Editpress/Julien Garroy

Dennoch gäbe es Kollegen, die nur mit zehn Tischen und weniger Platz wie Rameau arbeiten. „Ich denke, dass sie es schwer haben werden“, sagt er. Und trotz der angespannten Lage will der vielfach ausgezeichnete Koch seine Zuversicht in die Zukunft nicht verlieren. Die Situation sei nicht schön, sagt er. Doch man könne nicht ständig die Dinge negativ betrachten. „Wir müssen uns mit der Situation arrangieren, sonst werden wir es nie schaffen, sie zu überwinden.“

Cyril Molard, Chefkoch und Eigentümer des Restaurants „Ma langue sourit“ in Moutfort (zwei Michelin-Sterne), reagierte bereits am vergangenen Freitag, dem Tag, an dem die neuen Restriktionen bekannt gegeben wurden, auf die neuen Bestimmungen. In einem Facebook-Post lädt er seine Gäste ein, ab 18.00 Uhr ins Restaurant zu kommen, ihr „Aperitif in Ruhe“ zu genießen. „Statt Worte zu dieser neuen Situation und dieser Ausgangssperre zu finden, scheint mir ein Zitat von Winston Churchill angebracht“, schreibt Molard. Frei übersetzt aus dem Französischen bedeutet es: „Es ist besser, die Veränderung an der Hand zu nehmen, bevor sie uns an der Kehle packt.“ In diesem Sinne wünscht Molard seinen Gästen und deren Familien „Alles Gute“ und schließt mit „Passen Sie auf sich auf … Bis bald“ ab.

Überall müssen die Lokalbesitzer stärker auf die Hygieneregeln achten
Überall müssen die Lokalbesitzer stärker auf die Hygieneregeln achten Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante