TourismusWegen Pandemie geschlossen: Kasematten, Sessellift und Märchenpark ziehen Bilanz

Tourismus / Wegen Pandemie geschlossen: Kasematten, Sessellift und Märchenpark ziehen Bilanz
Diese Aussicht blieb den Besuchern dieses Jahr verwehrt: Die Kasematten blieben wegen der Pandemie die ganze Saison über geschlossen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Corona hat die Tourismusbranche gehörig durcheinandergewirbelt: Im Lockdown mussten die Sehenswürdigkeiten schließen, anschließend blieben die Besucher aus. Ein guter Sommer und „Vakanz doheem“ konnten die Verluste etwas abfedern. Die Betreiber von drei beliebten Luxemburger Sehenswürdigkeiten ziehen Bilanz.

„Warum Luxemburg?“ Freundlich lächelt Max Nomad in die Kamera, die er sich selbst vors Gesicht hält „Weil Luxemburg eines der einzigen Länder ist, die die Grenzen zu Deutschland nicht geschlossen haben“, erklärt der deutsche Vlogger zu Beginn seines neuesten Beitrags auf YouTube. Tatsächlich hat sich Nomad vorgenommen, seinen Abonnenten „the new normal“ zu zeigen – die neue Wirklichkeit, wie sie sich auf seinen Reisen in Corona-Zeiten präsentiert. Und sein erster Ausflug führt ihn ins Großherzogtum.

Tatsächlich ist Luxemburg zu jenem Zeitpunkt eines der einzigen Länder Europas, deren Grenzen Reisenden aus dem Ausland immer noch offen stehen. Es ist Anfang Mai im Großherzogtum, die Straßen sind immer noch leer, die Geschäfte geschlossen. Davon aber lassen sich Nomad und andere Besucher nicht abschrecken: Immer wieder zeigen seine Aufnahmen Luxemburger Sehenswürdigkeiten, die er sich mit anderen Touristen teilen muss.

Viele Reisende sind es nicht: Die Straßen scheinen immer noch menschenleer, die Geschäfte sind geschlossen, vor vereinzelten Restaurants warten Nomad und andere Gäste auf ihr Dinner zum Mitnehmen. Dennoch zeigt das Video des deutschen Vloggers, dass Luxemburg auch während der Pandemie durchgehend besucht wurde – wenn auch in Maßen.

„Wir fühlen uns sicher, sowohl auf dem Campingplatz als auch in der Öffentlichkeit“, erklärt ein junges Paar aus Großbritannien, das nur wenige Wochen später durch das Großherzogtum reist und dieses Abenteuer auf seinem YouTube-Kanal „Travel Beans“ festhält. Den beiden fällt die Maskenpflicht auf, die Akribie, mit der die öffentlichen Räume gesäubert werden, und die Abstände, die überall eingehalten werden. Zu diesem Zeitpunkt haben auch Restaurants und Sehenswürdigkeiten wieder geöffnet – im Gegensatz zu Nomads Besuch Anfang Mai.

„Jammern ist nicht unsere Art“

Allerdings kann auch diese Handvoll Besucher vielen Akteuren die Saison nicht retten: „Bedenkt man, dass sie eigentlich kurz vor Ostern anfängt und bis Mitte Oktober dauert, ist uns dieses Jahr eine halbe Saison durch die Lappen gegangen“, berichtet etwa Marc Neu, der Direktionsbeauftragte des „Parc merveilleux“. Tatsächlich musste das Eröffnungsdatum in Bettemburg wegen der Pandemie vom 26. März auf den 1. Juli verschoben werden.

„Für uns sind das wichtige Monate, weil sich viele Besucher dann in normalen Zeiten ihre Abos und Saisonkarten sichern. Außerdem empfangen wir zwischen Ende Mai und Anfang Juli viele Schulklassen auf ihren Jahresausflügen“, erklärt der Verantwortliche des Märchenparks. Er wolle aber nicht jammern, das sei nicht seine Art. Oder die des Märchenparks. Er freue sich vielmehr über die guten Sommermonate: „Wir sind dankbar, dass wir im Juli doch noch öffnen konnten. Das muss man auch mal so sagen“, betont Neu.

Denn: Trotz sanitärer Einschränkungen wie der Covid-bedingten Schließung des Amazonas-Hauses und des Streichelzoos konnten zwischen Juli und September regelmäßig bis zu 2.000 Besucher am Tag im Park empfangen werden. Damit war denn auch die Obergrenze erreicht. „Angesichts der vielen Maßnahmen war das Besuchererlebnis zwar etwas eingeschränkt, doch schien es der Begeisterung unserer Gäste keinen Abbruch zu tun“, bestätigt Neu. Was die Sommermonate angeht, liege man im direkten Vergleich nicht weit unter den Zahlen des Vorjahres.

Ob man vor diesem Hintergrund mit einem blauen Auge davongekommen sei? „Ja, das kann man so sagen“, bestätigt der Direktionsbeauftragte des beliebten Tier- und Vergnügungsparks. Eine Komplettschließung hätte Hochrechnungen zufolge katastrophale Folgen gehabt. So aber habe man das Defizit noch in Grenzen halten können. „Dennoch bleibt ein Verlust im siebenstelligen Vergleich. Das ist schon heftig.“

Ob Quarantäne oder Nebensaison im Märchenpark: Den Tieren ist es egal. Sie müssen weiter verpflegt werden.
Ob Quarantäne oder Nebensaison im Märchenpark: Den Tieren ist es egal. Sie müssen weiter verpflegt werden. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Tatsächlich muss der „Parc merveilleux“ mit den Erträgen aus sechseinhalb Monaten ein ganzes Jahr über wirtschaften. „Den Tieren ist es egal, ob Quarantäne herrscht oder die Saison vorbei ist. Sie müssen weiter verpflegt, ihre Unterkünfte weiter erhitzt werden“, erklärt der Verantwortliche. Neben 17 saisonalen Mitarbeitern beschäftigt das Unternehmen fast genauso viele Festangestellte. Erträge aber werden nur während der Öffnungszeiten erwirtschaftet – an den Eintrittskassen, in den Restaurants oder im Souvenirladen.

Umso mehr freut sich der Direktionsbeauftragte über die Unterstützung aus der lokalen Bevölkerung. Besucher haben beispielsweise die Möglichkeit, Patenschaften für Tiere zu übernehmen. In normalen Jahren kommen auf diesem Weg pro Saison bis zu 80.000 Euro zusammen. „Dieses Jahr aber handelt es sich um das Vierfache, inklusive Spenden“, freut sich Neu. Dennoch reiche auch diese Summe „bei weitem“ nicht aus, um die Verluste zu decken. „Immerhin haben wir drei wichtige Monate verloren.“

Durch Patenschaften erhält der „Parc merveilleux“ in normalen Zeiten bis zu 80.000 Euro jährlich. Dieses Jahr war es das Vierfache.
Durch Patenschaften erhält der „Parc merveilleux“ in normalen Zeiten bis zu 80.000 Euro jährlich. Dieses Jahr war es das Vierfache. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„Die Leute waren vorsichtig“

Ein guter Sommer, der jedoch nicht ausreicht, um die Ausfälle der Frühlingsmonate aufzufangen: So lässt sich auch die Saison des Sesselliftbetreibers in Vianden zusammenfassen. „Juli und August waren dieses Jahr außergewöhnlich gut“, berichtet Jacques Petry. „Fast genauso gut wie letztes Jahr.“ Auch in Vianden hat das Wetter dazu beigetragen, dass die Pandemie-bedingten Ausfälle zumindest etwas aufgefangen werden konnten.

Doch weiß Petry auch um die Bedeutung der Vorsaison, wenn die Besucher aus Luxemburg und dem nahen Ausland nach den langen Wintermonaten endlich wieder in die frische Luft wollen. Eigentlich sollte der Sessellift rechtzeitig zum Osterwochenende öffnen. „Wegen der Pandemie aber konnten wir den Betrieb erst Ende Mai an Pfingsten aufnehmen“, erzählt Petry. Wenn auch nur langsam: Wegen der sanitären Einschränkungen blieb der Ansturm der Besucher zunächst noch aus. „Die Leute waren vorsichtig, aus Angst, sich anzustecken.“

„Vakanz doheem“ hat dem Sessellift in Vianden dieses Jahr zu einer neuen Kundschaft verholfen
„Vakanz doheem“ hat dem Sessellift in Vianden dieses Jahr zu einer neuen Kundschaft verholfen Foto: Editpress-Archiv

Der Ausfall sei enorm: „Ostern, der Mai mit den vielen Feiertagen … Die Leute wollen raus, vor die Tür. Die Vorsaison ist enorm wichtig für uns“, erklärt der Betreiber. „Diese Besucher fehlen jetzt in den Berechnungen. Nicht nur uns, sondern auch den Hotel- und Restaurantbesitzern.“ Zwischen Juli und August befördere der Sessellift im Schnitt bis zu 25.000 Besucher im Monat. In der gesamten Vorsaison seien es bis zu 30.000 Gäste, schätzt Petry. Ein Ausfall, der nicht mehr aufzuholen sei.

Dennoch gibt es auch Lichtblicke: „Wir hatten dieses Jahr eine ganz andere Kundschaft als sonst“, schlussfolgert der Unternehmer, der auch das benachbarte Restaurant und ein Gasthaus in Bettel betreibt. In seinen Augen habe der Aufruf zur „Vakanz doheem“ durchaus Früchte getragen. „Viele Leute konnten dieses Jahr nicht ins Ausland und haben ihren Urlaub bei uns verbracht. Die ausgebliebenen Urlauber aus Deutschland, Frankreich oder anderswo konnten wir mit den Besuchern aus Luxemburg wieder auffangen.“

Geführte Touren in der Hauptstadt hatten Erfolg

Die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit des Landes konnte indessen nicht vom guten Wetter im Sommer profitieren. Auch der Aufruf zur „Vakanz doheem“ konnte den Betroffenen nicht weiterhelfen: Die Kasematten in der Luxemburg-Stadt mussten das ganze Jahr über geschlossen bleiben.

Insofern fällt die Bilanz des Betreibers, des „Luxembourg City Tourist Office“ (LCTO), auch „ziemlich durchwachsen“ aus – mit vielen „Ups and Downs“, wie Sprecherin Marie Heuertz mitteilt. Natürlich sei die Tourismusbranche ganz besonders stark von der Krise betroffen. „Auch das LCTO hat die Auswirkungen am eigenen Leibe zu spüren bekommen: Zum Beispiel blieb unser Empfangsbüro, das in der Regel das ganze Jahr über geöffnet ist, von Mitte März bis Mitte Mai geschlossen. Das ist in dieser Form noch nie dagewesen.“

Dennoch freue man sich beim LCTO über jeden einzelnen Besucher, den es dieses Jahr nach Luxemburg verschlagen hat. Dabei habe man den gleichen Trend festgestellt wie in Vianden und anderswo: „Weniger internationale Besucher, dafür aber mehr Einwohner, die im Rahmen der ,Vakanz doheem’ Stadt und Land neu entdecken wollten“, stellt die LCTO-Sprecherin fest. Die Kasematten blieben ihnen zwar verschlossen. Dafür aber waren andere Angebote weiter zugänglich. So wurden etwa von Mitte Juli bis Ende August täglich bis zu acht exklusive Besichtigungen im großherzoglichen Palais angeboten.

Bei den 356 geführten Touren konnten immerhin 2.906 Besucher empfangen werden. „Was bei 3.255 verfügbaren Tickets eine Auslastung von fast 90 Prozent ausmacht. Damit waren die geführten Besichtigungen trotz aller Einschränkungen ein großer Erfolg“, sagt Heuertz. Im Empfangsbüro hätten indessen im Schnitt nur 200 Besucher am Tag vorbeigeschaut. „Das ist ein Drittel von dem, was ansonsten üblich wäre.“

Neu sei die Situation für alle Betreiber und Anbieter im Land gewesen, auch fürs LCTO. „Wir müssen jetzt abwarten, wie sich die Lage weiterentwickelt“, meint Heuertz. „Natürlich aber hoffen wir alle, dass sich die Situation langsam wieder beruhigt.“ Damit dürften wohl auch die Betreiber des Märchenparks in Bettemburg und des Sessellifts in Vianden einverstanden sein. Denn eines scheint gewiss: Einen weiteren Ausfall im nächsten Jahr werden nur die wenigsten verkraften.

Romain Juni
14. Oktober 2020 - 20.18

Aber in Luxemburg Stadt soll ein Weihnachtsmarkt statt finden! Wie krank ist das denn?