PandemieVor einem Jahr – Höhepunkt der Hamsterkäufe in Luxemburg

Pandemie / Vor einem Jahr – Höhepunkt der Hamsterkäufe in Luxemburg
Je nach Produktklassen wurden die Supermarkt-Regale von besorgten Kunden regelrecht leergeräumt Foto: dpa/Heikki Saukkomaa

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Bis Mitte März 2020 kannte man es nur vom Fernsehen, aus Filmen oder aus anderen Ländern: Verunsicherte Kunden, die in Geschäfte stürmen und Reserven für eine unsichere Zukunft kaufen. Doch vor einem Jahr passierte es auch in Luxemburg. Es waren die Tage zwischen der Ankündigung des ersten Lockdowns und seinem tatsächlichen Anfang.

Nachdem die Regierung am Donnerstag, 12. März 2020 als Reaktion auf das Coronavirus einen ganzen Katalog von Maßnahmen verkündet hatte, stieg hierzulande die Nervosität. Scharen von Menschen stürmten in die Geschäfte und versuchten sich mit dem Notdürftigsten einzudecken. 

„Ob Nudeln, Reis oder Gemüsekonserven – was lange haltbar ist, liegt derzeit nicht lange in Luxemburgs Supermarktregalen. Viele Regale sind leergekauft. An den Kassen bilden sich sehr lange Schlangen, oft sind die Einkaufswagen rammelvoll“, berichtete das Tageblatt am Freitag, dem 13. März. 

Zwar beteuerten alle offiziellen Stellen wie auch die Supermärkte, dass es genügend Nachschub gebe, doch die beobachteten Folgen des Virus in China und in Italien hatten Spuren bei den Menschen hinterlassen. Auch die Berichte über Störungen in den weltweiten Lieferketten hatten kein Vertrauen geschaffen. Sichtbar ausgeleerte Regale halfen nicht. Niemand wusste, was in naher Zukunft nun noch alles passieren könnte. Es herrschte große Unsicherheit. 

Klopapier als Symbol

Ende November legte Statec Zahlen zum Kauf-Verhalten der Luxemburger in diesen Monaten vor.  Das Tageblatt hatte darüber berichtet. Teilweise zeigten die Zahlen deutlich, dass es sich um vorbeugende Hamsterkäufe gehandelt hatte. Teilweise belegten die Zahlen jedoch auch, dass Corona die Einkaufslisten nachhaltig verändert hatte.

Entwicklung der Verkäufe von Klopapier und Reinigungsmitteln
Entwicklung der Verkäufe von Klopapier und Reinigungsmitteln Screenshot: Statec

Wie auch in den Nachbarländern war es das Klopapier, das sich zum Symbol der Hamsterkäufe entwickelte. Im Monat März verkauften die Geschäfte, Statec zufolge,  mehr als doppelt so viel (130 Prozent) davon wie im Vorjahresmonat. Auch im April blieb der betreffende Umsatz noch spürbar höher. Im Mai wurden die angelegten Reserven dann benutzt. Der Umsatz brach, verglichen mit dem Vorjahresmonat, um sieben Prozent ein. Mit dem Rückgang beim Einkauf von Toilettenpapier war es jedoch schnell wieder vorbei. In den Monaten Juni, August und Oktober lagen die Verkäufe wieder zwischen 10 und 20 Prozent über den entsprechenden Vorjahresmonaten. Wohl ein Zusammenspiel von mehr Menschen im Home-Office und Urlaub, der im Gegensatz zu den Vorjahren nicht am Strand im Ausland verbracht wurde.

Verbraucher haben mehr zu Hause gekocht

Neben Klopapier kauften die Verbraucher zu Beginn der Lockdown-Periode vor allem Lebensmittel mit langer Haltbarkeit wie Reis, Nudeln, Couscous, Dosenware und Softdrinks, berichten die Statistiker weiter aus ihrer Analyse von Verkaufsdaten von Supermärkten. Um satte 35 Prozent war der Umsatz mit Lebensmitteln im März, im Vergleich zum Vorjahr, angestiegen. Auch in den folgenden Monaten blieben Lebensmittel-Verkäufe, etwa von Mehl, Öl, Salz, Gewürzen und Küchenkräutern, deutlich höher als im Vorjahr (zwischen 7 und 20 Prozent), berichtet Statec weiter. Auch diese Entwicklung lässt sich wohl mit dem Home-Office, dem Urlaub zu Hause und geschlossenen Restaurants erklären.

Bei einigen Produkten jedoch, etwa Reis und Nudeln, zeigen die Statec-Zahlen, dass im März viele Hamsterkäufe getätigt wurden: So hatte sich der Absatz von Reis und Nudeln im März 2020 verdoppelt (im Vergleich zu März 2019). Danach brachen die Verkäufe regelrecht ein: Im April wurden 34 Prozent weniger Nudeln un Reis verkauft als im Vorjahr, im Mai 25 Prozent weniger und auch im Juni 23 Prozent weniger.

Auch andere Produkte verkauften sich im März 2020 und den darauffolgenden Monaten überaus gut. So gingen im März 260 Prozent mehr Thermometer über die Ladentheke als im Vorjahr. Das Gleiche gilt für Reinigungsmittel. Hier lag der Umsatz im März 2020 168 Prozent über dem des Vorjahres. Auch in den folgenden Monaten blieben die Verkäufe hoch – etwa 50 Prozent über dem Vorjahr.

Der gleiche Trend in ganz Europa

Europaweit hat die Pandemie sichtbare Folgen für die Einkaufslisten der Verbraucher. „Covid-19 hat eine klare Kluft zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen im Lebensmittelsektor geschaffen“, schreibt beispielsweise Thijs Geijer, Senior Economist bei der ING im Bereich Food and Agri Sectors, in einer Analyse

Seit März wurden in Europa spürbar mehr Lebensmittel verkauft
Seit März wurden in Europa spürbar mehr Lebensmittel verkauft Screenshot: ING-Analyse

Da gebe es auf der einen Seite Foodservice-Unternehmen, wie Restaurants und Bars, die stark von Covid-bedingten Einschränkungen und sozialer Distanzierung betroffen sind, so Thijs Geijer. Allein im letzten Quartal des Jahres 2020 fiel ihr Umsatz auf 55 Prozent des normalen Niveaus. Auf der anderen Seite habe der Lebensmittel-Einzelhandel in hohem Maße von den Covid-19-Restriktionen profitiert, so der Volkswirt weiter. Innerhalb des Euroraums seien die Einzelhandelsumsätze mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren seit Beginn der Pandemie im Durchschnitt um vier Prozent gestiegen. Eine solche einstellige Wachstumsrate sei derweil nicht bescheiden, wenn man bedenkt, dass die absoluten Umsätze im Lebensmittel-Einzelhandel etwa 2,5-mal größer sind als bei Foodservice-Unternehmen, so der Volkswirt.

Außerdem sei es mit den Corona-bedingten Veränderungen noch nicht vorbei, schreibt er weiter. Durch die Verlängerung der Schließungen im ersten Quartal dieses Jahres bleibt der Umsatz von Foodservice-Unternehmen auf niedrigem Niveau. Für den Lebensmittel-Einzelhandel funktioniere es eindeutig umgekehrt: Je länger es dauert, bis die Beschränkungen gelockert werden, desto länger werden sie diese hohen Umsatzzahlen erleben.

Vor einem Jahr: Hamsterkäufe in Luxemburg – an den Kassen bildeten sich lange Schlangen
Vor einem Jahr: Hamsterkäufe in Luxemburg – an den Kassen bildeten sich lange Schlangen Foto: Editpress-Archiv
Hamsterkäufe im Cactus Belle Etoile – so mancher besorgte Bürger kaufte viel mehr als benötigt
Hamsterkäufe im Cactus Belle Etoile – so mancher besorgte Bürger kaufte viel mehr als benötigt Foto: Editpress-Archiv
Symbolisch für die Hamsterkäufe war die surrealistische Jagd nach Klopapier
Symbolisch für die Hamsterkäufe war die surrealistische Jagd nach Klopapier Foto: dpa/René Traut
Geschlossene Restaurants hatten zur Folge, dass die Lebensmittelverkäufe auch nach März hoch blieben
Geschlossene Restaurants hatten zur Folge, dass die Lebensmittelverkäufe auch nach März hoch blieben Foto: AFP/Thomas Kienzle