Vier Trainer, vier Welten

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Ein Welt- und Europameister als Spieler, ein Weltmeistercoach, zwei relativ Unbekannte. Die vier Trainer der EM-Halbfinalisten unterscheiden sich enorm.

Immer, wenn Didier Deschamps sein „Dach der Welt“ bestieg, wurde Joachim Löw kurz zuvor entlassen. Das mag Zufall sein – Deschamps ist 1998 als Kapitän der französischen Fußball-Nationalmannschaft nicht Weltmeister geworden, weil der heutige Bundestrainer im selben Sommer beim VfB Stuttgart scheiterte, und 2000 nicht Europameister, weil Löw vorher beim Karlsruher SC gehen musste.

Dennoch: Die Karrieren der beiden Halbfinal-Trainer könnten kaum unterschiedlicher sein. Deschamps war früher einer der besten Defensivspieler der Welt. Löw, der seine aktive Karriere ein paar Jahre früher als der Franzose beendet hatte, galt bestenfalls als solider Bundesliga-Stürmer.

Als Trainer hingegen gehört Löw zu den Besten. Viele sagen seit der WM 2014, es gebe keinen Besseren. Deschamps hinkt als Coach (französischer Meister 2010) hinterher. Was wiegt mehr? Nicht zu beantworten. „In solchen Momenten hat man den Wunsch, die Zeit anzuhalten und einzufrieren“, sagte Deschamps über den Abend, an dem er vor 18 Jahren den WM-Pokal als Spieler in den Himmel über St. Denis riss: „Man ist auf dem Dach der Welt!“

Löw beschreibt seine magische Trainer-Nacht von Rio de Janeiro vor zwei Jahren mit ähnlichen Worten. Allein: Deschamps kann aufholen und auch als Trainer große Titel holen wie einst Mario Zagallo und Franz Beckenbauer.

Davon sind die beiden anderen Halbfinal-Trainer weit entfernt. Chris Colemans größte Leistung ist, die tapferen Waliser in die Vorschlussrunde geführt zu haben.

Portugals Trainer Fernando Santos spielte nur bis zu seinem 21. Lebensjahr Fußball, und das nicht besonders gut. Sein letzter Titel als Trainer liegt 14 Jahre zurück: Er war griechischer Pokalsieger 2002 mit AEK Athen. Der Portugiese, der am Mittwoch (21.00) gegen Coleman und Wales spielt, ist von den vier auf dem Papier besten Nationaltrainern in Europa der erfahrenste.

Der 61-Jährige coacht seit den 1980er-Jahren. Coleman (46) und Deschamps (47) ticken hingegen noch mehr wie ihre Spieler. So lange ist es nicht her, dass sie selbst auf dem Platz standen.

Und Löw? Mit seinen 56 Jahren irgendwo dazwischen. Löw, Deschamps und Coleman haben alle Verträge bis 2018, sie könnten auch bei der WM in Russland noch an der Seitenlinie stehen – wohl vorausgesetzt, dass es im EM-Halbfinale keine allzu schmachvolle Niederlage setzt, wie beispielsweise das 1:7, das Brasilien vor zwei Jahren als WM-Gastgeber gegen Deutschland kassierte.

Santos‘ Vertrag läuft nach der EM aus, ob er Cristiano Ronaldo weiter trainieren darf, ist offen. Zumindest Coleman hat schon kundgetan, was er nach der EURO auf keinen Fall tun werde. „Niemals im Leben“ würde er als englischer Nationaltrainer arbeiten, sagte der 46-Jährige: „Ich werde daran keinen Gedanken verschwenden: „Ich bin Waliser durch und durch. Für mich kommt nur Wales infrage. Mein nächster Job nach Wales, wann immer dies sein wird, wird mich ins Ausland führen.“