WohlstandStatec-Bericht: Covid-Krise schafft neue Ungleichheiten

Wohlstand / Statec-Bericht: Covid-Krise schafft neue Ungleichheiten
Jérôme Hury und Serge Allegrezza stellten gestern den „Rapport travail et cohésion sociale“ vor Foto: Editpress

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Donnerstag, sprich einen Tag vor dem heutigen Tag der Bekämpfung der Armut, hat Statec seinen diesjährigen Bericht zu Arbeit, Wohlstand und Armut in Luxemburg vorgestellt. Das Resultat: Die Ungleichheiten steigen weiter.

Bereits im Jahr vor der Corona-Krise haben die Ungleichheiten hierzulande weiter zugelegt, erläuterte Jérôme Hury vom statistischen Institut Statec vor Journalisten. Beispielsweise sei der Gini-Koeffizient im Vorjahr leicht gestiegen – auf 0,32. Im Jahr 2000 lag er noch bei 0,26. „0“ bedeutet, dass jeder Mensch genau das Gleiche verdient – bei „1“ erhält eine Person alle Einkommen.

Bei den Einnahmen geht die Schere weiter auseinander, so der Statistiker weiter. Die stärkste Entwicklung wurde im Vergleich der fünf wohlhabendsten Prozent mit den am wenigsten wohlhabenden fünf Prozent gemessen. Erstere verdienen mittlerweile satte 20,7 Mal mehr. Die zehn wohlhabendsten Prozent verdienen derweil neunmal mehr als die am wenigsten wohlhabenden zehn Prozent.

Das Armutsrisiko ist im Jahr 2019 mit 17,5 Prozent stabil geblieben, so Jérôme Hury. Langfristig sei aber ein klarer Anstieg zu erkennen. Im Jahr 2000 lag die Quote erst bei 12 Prozent. Unter den von Armut bedrohten Menschen sind unter anderem viele Menschen mit wenig Ausbildung, Arbeitslose, Ausländer und Familien mit Kindern. „Je mehr Kinder, desto größer das Armutsrisiko“, so Hury. Zu den armutsgefährdeten Menschen zählt, wer weniger als 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens verdient.

„Je mehr Kinder, desto größer das Armutsrisiko“

Die staatlichen Sozialtransfers senken das Armutsrisiko derweil deutlich. Ohne diese Gelder würde die Quote bei 26,5 liegen, so Hury. Gleichzeitig warnt er aber, dass die Sozialtransfers in der Vergangenheit schon mal mehr Unterschied gemacht hätten. All diese Zahlen gehen aus dem am Donnerstag vorgestellten „Rapport travail et cohésion sociale” hervor.

Im Jahr der Corona-Krise sind derweil neue Ungleichheiten entstanden, und bestehende haben sich verschärft. Statec schätzt, dass die Menschen hierzulande dieses Jahr im Schnitt einen Kaufkraftverlust von sechs Prozent erlitten haben. Leider habe man noch keine genauen Zahlen, bedauert Statec-Direktor Serge Allegrezza. In Bezug auf Studien aus dem Ausland geht er aber davon aus, dass vor allem die unteren Einkommensschichten betroffen waren. Ungleichheiten und Armut werden weiter zulegen, davon ist er überzeugt.

Bereits feststellen konnten die Statistiker neue Ungleichheiten im Bereich Digitalisierung, Automatisierung – und Telearbeit. „Wer kann und wer darf nicht?“, fragen sie sich. Schlussendlich seien es vor allem Angestellte, die in Branchen arbeiten, in denen höhere Gehälter bezahlt werden, und die oftmals eine bessere Ausbildung haben, also die, die geschützt arbeiten durften“, antwortet der Statec-Direktor. „Die anderen sind mehr der Krankheit exponiert.“

Bevölkerungsdichte erhöht Ansteckungsgefahr

Das belegt er mit Zahlen. So sind rund zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung in sogenannten „wesentlichen“ Berufen tätig. Etwa die Hälfte muss im Kontakt mit anderen Menschen arbeiten. Dazu zählen Menschen im Lebensmittelsektor oder im Gesundheitswesen. Oft handelt es sich um Frauen. Im Schnitt verdienen diese Angestellten sieben Prozent weniger als der Durchschnitt, hob Statec hervor. „Das schafft neue Ungerechtigkeiten, neue Ungleichheiten“, so Allegrezza.

Von den Jobverlusten im zweiten Quartal seien derweil Grenzgänger besonders getroffen. Während in Bereichen wie Buchhaltung, Marketing und Reisebüros (minus drei Prozent), im Handel (minus 2,4 Prozent) und in der Industrie (minus 0,9 Prozent) Jobs abgebaut wurden, ist die Zahl der Angestellten beim Luxemburger Staat im zweiten Quartal um 1,9 Prozent gestiegen.

Nur die Krankheit an sich habe scheinbar keinen Unterschied zwischen dem Vermögen der Menschen gemacht, so Serge Allegrezza. Nach einer genauen Analyse der Luxemburger Zahlen habe man herausgefunden, dass das Hauptkriterium für die Häufigkeit von Ansteckungen die Bevölkerungsdichte der Gemeinden sei.