Fondation KräizbiergStandortbestimmung nach Rücktritten

Fondation Kräizbierg / Standortbestimmung nach Rücktritten
Der monatelang andauernde Sozialkonflikt zwischen Personal und Direktion der „Fondation Kräizbierg“ dürfte die Nerven aller Beteiligten arg strapaziert haben. Jetzt soll Ruhe einkehren. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Nach monatelangem Sozialkonflikt zwischen Personal und Direktion der „Fondation Kräizbierg“ sieht es nun nach Ruhe aus. Dass Geschäftsführer Jeannot Berg und Direktor Tom Wagner, wie am Donnerstag angekündigt, zurücktreten, hat offensichtlich für Erleichterung gesorgt. Die Bedürfnisse der behinderten Menschen in der Stiftung sollen nun wieder in den Vordergrund gerückt werden, heißt es in vielen Reaktionen am Tag danach. Es geht nun auch um Standortbestimmung.

Geschäftsführer Jeannot Berg und Direktor Tom Wagner verlassen die „Fondation Kräizbierg“. Sie tun das aus freien Stücken, um wieder sozialen Frieden herzustellen, wie es in einem Schreiben nach der Sitzung des Verwaltungsrates am Donnerstag heißt.

Ob der seit Monaten andauernde Sozialkonflikt zwischen Personal und Direktion damit endgültig vorbei ist, bleibt abzuwarten. Zumindest ist bei Vertretern der Eltern, des Personals und der Bewohner der Stiftung am Freitag eine gewisse Erleichterung zu verspüren.

Nach vorne schauen scheint jetzt die Devise zu lauten. So geht es für Joël Delvaux von der OGBL-Abteilung „Behinderte Mitarbeiter“ um Wiederaufbau und Aussöhnung: „Jetzt, wo die Hauptprobleme aus der Welt geschafft sind, wollen wir eine neue Vertrauensbasis zwischen allen Beteiligten aufbauen!“ Gemeint sind damit die Direktion, das Personal, die Bewohner und Mitarbeiter und nicht zu vergessen der Verwaltungsrat unter Präsident Henri Grethen.

Joël Delvaux ist der Meinung, dass jetzt ein Kernstück der Forderungen der Personaldelegation und der Gewerkschaft in die Tat umgesetzt werden müsse. Nämlich eine Vertretung von Personal und Mitbewohnern im Verwaltungsrat. Nicht nur als Publikum, sondern vollumfänglich mit Stimmrecht. Die dafür nötige Statutenänderung sei eigentlich nur eine Formsache, also eine Sache des guten Willens, wie Joël Delvaux und Henri Knuppertz, Vertreter der Elternvereinigung, betonen.

„Ich bin froh, wie es jetzt gekommen ist, es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Knuppertz. Jetzt gehe es darum, die Weichen wieder stärker in Richtung der Bedürfnisse der Behinderten zu stellen, statt wie in jüngster Vergangenheit der Produktivität zu oft Priorität einzuräumen. Henri Knuppertz sagt auch, dass er sich sehr wünsche, dass bald wieder ein normales Leben in „Kräizbierg“ möglich sein kann, mit Besuchen, Austausch und gemeinsamen Aktivitäten. Aus bekannten Gründen geht das bisher nicht, was Eltern wie ihre Kinder sehr bedrückt.

Niemals wieder Schieflage

„Grandios“, nennt Personalvertreterin Daniela Willems am Freitag die Stimmung in der Stiftung. „Seit Donnerstagabend laufen die Telefone warm und Mitarbeiter, ehemalige wie aktuelle, reagieren sehr emotional.“

Und wie soll es nun weitergehen? Alle seien gespannt, so Willems: „Wir wollen uns jedenfalls alle dafür einsetzen, dass niemals wieder eine solche Schieflage in ,Kräizbierg‘ entsteht.“ Auf die Frage, wer neuer Geschäftsführer werden soll, weiß die Personalvertreterin keine Antwort, sie kann allerdings auch nicht sagen, ob es überhaupt noch einen solchen geben soll oder ob es nicht besser zu einer tiefgreifenden Systemänderung mit anderer Arbeitsaufteilung kommen solle: „Die Frage ist ja, ob man nochmals einer Person so viel Macht gibt.“

Bei aller Aufbruchsstimmung geht es jetzt in „Kräizbierg“ auch um Standortbestimmung und um Zukunftsperspektiven. Vorerst bleiben bei denen von uns Befragten auch noch einige Wermutstropfen. Kritisiert wird zum Beispiel, dass Gewerkschaft und Personalvertretung wohl keinen Einblick in das zwischen September und November gemachte Audit erhalten werden – aus Gründen der Vertraulichkeit. Immerhin sehe es jetzt ja so aus, als ob diese Untersuchung der internen Beanstandungen durch ein externes Büro die jetzige Entwicklung ausgelöst, ja sogar gefordert habe. „Zu wissen, was da steht, wäre schon angebracht“, so Daniela Willems. Bei ihr und anderen besteht auch Interesse daran, zu erfahren, wie freiwillig oder zu welchen Bedingungen die Rücktritte des Geschäftsführers und des Direktors in Wirklichkeit erfolgt sind.