Bar, Bus, ChorprobeSo verbreitet sich das Coronavirus durch die Luft

Bar, Bus, Chorprobe / So verbreitet sich das Coronavirus durch die Luft
Beim lauten Sprechen und Singen stößt ein Mensch mit dem Coronavirus mehr infizierte Tröpfchen aus als beim normalen Reden Symbolfoto: Pixabay

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Beim Ausatmen, Sprechen und Singen stoßen Menschen mit einer Coronavirus-Infektion große Tropfen und kleine Aerosole aus. Die kleineren Tröpfchen schweben auch noch nach Stunden in der Luft, werden durch Umluft-Belüftungen aufgewirbelt und können so weit entfernte Menschen im selben Raum anstecken.

Das Coronavirus verbreitet sich über die Luft – so viel ist klar. Doch wie genau verhalten sich die schwebenden Partikel, die vom Menschen ausgeatmet werden? Wie beeinflussen Belüftungsanlagen das Verhalten der Teilchen? Die europäische Gesundheitsorganisation „European Centre for Disease Prevention and Control“ (ECDC) unterscheidet zwischen zwei ansteckenden Tröpfchenarten, die beim Ausatmen entstehen: größere Tröpfchen mit einem Durchmesser von mehr als 100 Mikrometern und kleinere Partikel mit einer Größe von unter 100 Mikrometern.

Größere Tröpfchen seien zum Teil sichtbar und würden innerhalb von Sekunden bis Minuten rasch aus der Luft auf Oberflächen in der Nähe fallen, sagt das ECDC. Die Tröpfchen werden vor allem beim Husten und Niesen ausgestoßen und können durch Masken, „Social Distancing“ und das Desinfizieren von Oberflächen bekämpft werden. Kleinere Partikel – sogenannte Aerosole – könnten für mehrere Stunden in der Luft schweben und sich mit Luftströmungen fortbewegen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und das ECDC haben die größeren Tröpfchen von Anfang an als Gefahr eingestuft – das Ansteckungsrisiko durch Aerosole hingegen war eher umstritten. In einem Artikel vom 16. Oktober in der renommierten Zeitschrift Science steht allerdings, dass es „überwältigende Beweise“ dafür gibt, dass die Ansteckung über Aerosole ein „Hauptübertragungsweg“ für das Coronavirus ist. 239 Wissenschaftler haben diesen Text unterzeichnet und fordern „klare Leitlinien zur Verbesserung der Innenraumluft durch Belüftung und Filterung“. Auch für die europäische Gesundheitsorganisation ECDC steht mittlerweile fest, dass „unter verschiedenen Umständen die Menge an infektiösen Partikeln in der Raumluft konzentriert genug war, um das Virus auf andere Menschen zu übertragen“.

Das ECDC nennt mehrere Faktoren, die eine entscheidende Rolle bei der Infektion durch Aerosole spielen sollen. Untersuchungsberichte über Ausbrüche sollen gezeigt haben, dass die Übertragung von Covid-19 besonders effektiv in überfüllten, engen Innenräumen ohne ausreichende Belüftung ist. Auch die Aufenthaltsdauer sei von Bedeutung. Die winzigen Partikel würden für Stunden in der Luft schweben und sich mit der Zeit immer mehr konzentrieren. Singen und lautes Sprechen erhöht laut dem ECDC die Konzentration der schwebenden Atmungstropfen im Raum. Im schlimmsten Fall können beim Schreien oder Singen 50-mal so viele Partikel freigesetzt werden wie bei normaler Lautstärke. Eine Person mit Covid-19 kann der EU-Behörde zufolge 1.500 infektiöse Dosen freisetzen – innerhalb einer Stunde Singen. 

Beispiele für die Übertragung per Aerosole

In einem Dokument mit dem Namen „Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen im Zusammenhang mit Covid-19“ analysierte das ECDC, wie sich Aerosole durch die Luft bewegen können und welche Rolle die Belüftung dabei spielt. Die Gesundheitsorganisation illustriert dies mit mehreren Beispielen aus der ganzen Welt.

Ein Neujahrsmahl in der chinesischen Stadt Guangzhou am 24. Januar ist demnach das beste Beispiel dafür, wie Risiken in Innenräumen reduziert werden könnten. Dieses Szenario wurde von den chinesischen Gesundheitsbehörden in zwei verschiedenen Studien eingehend analysiert. Bei dem Ausbruch im Restaurant gab es zehn Fälle in drei Familien. Ihre Tische waren mehr als einen Meter voneinander entfernt. Die infizierten Menschen saßen entlang der von der Klimaanlage erzeugten Luftströmung. Das bedeutete, dass die Luft kontinuierlich zwischen den drei Tischen zirkulierte und die Aerosole, die Patient 0 in die Atmosphäre ausstieß, unter diesen Kunden verteilte. Die 90 Gäste, die anderswo im Restaurant saßen, wurden nicht infiziert. Die Behörden kamen zum Schluss, dass eine schlechte Belüftung ein entscheidender Risikofaktor sein könne, wenn der Kontakt über längere Zeiträume aufrechterhalten wird. Auch hier gelte, dass Zeit plus soziale Nähe die Risiken vervielfachen könnten.

Der zweite Fall wurde in der chinesischen Provinz Zhejiang verzeichnet. Dort fuhren zwei Busse mit 128 Menschen zu einer buddhistischen Zeremonie. Die Fahrt dauerte 100 Minuten – jeweils 50 Minuten pro Fahrtrichtung. Die Fahrzeuge waren voll besetzt, mit knapp 75 Zentimetern zwischen den Sitzreihen. In dem Bus mit 68 Menschen saß eine Person, die sich mit dem Coronavirus angesteckt hatte. Insgesamt wurden 23 Menschen im Bus infiziert. Niemand wurde im anderen Bus krank, obwohl die Reisenden während der Zeremonie zusammenkamen. Und: Die Passagiere infizierten sich unabhängig von ihrer Entfernung zum Patienten 0. Die Klimaanlage war auf Umluftbetrieb eingestellt. Wie im Restaurant könnte die Übertragung durch Aerosole und Tröpfchen erklärt werden, die aufgrund der Zugluft der Klimaanlage längere Strecken zurücklegten.

Im dritten Fall geht es um eine verhängnisvolle Chorprobe im März in den Vereinigten Staaten. Dort infizierte eine kranke Person 53 der 61 Chormitglieder. Dabei trafen die Musikfreunde bei ihrer Probe einige Vorsichtsmaßnahmen, wie z.B. keine Umarmungen oder Händeschütteln. Es wurden auch Anstrengungen unternommen, um einen Sicherheitsabstand und Hygienemaßnahmen einzuhalten. Die Sänger trugen allerdings keine Masken, es gab keine Belüftung und sie sangen über einen längeren Zeitraum. Die Probe dauerte drei Stunden. Einige der Infizierten waren 14 Meter entfernt. Wenn die Teilnehmer Masken getragen hätten, wäre das Risiko halbiert – doch nicht komplett eliminiert worden.

Wie man sich vor den Aerosolen schützen kann

„Die Viren sammeln sich mit der Zeit im Raum an, deswegen muss man mindestens einmal pro Stunde lüften“, erklärt Professor Claude Muller. Er ist Teil der Luxemburger „Infectious Disease Unit“ und berät verschiedene Einrichtungen im Umgang mit dem Coronavirus. „Die warme Luft, die wir ausatmen, trifft auf die kältere Luft in der Umgebung, wodurch winzige Kondensationströpfchen entstehen“, sagt Muller. Er vergleicht das Verhalten der Aerosole mit Wasserdampf, da sich die kleinen Partikel in der Luftfeuchtigkeit des Atems niederschlagen würden: „Wie sich diese Teilchen bewegen, kann man beobachten, wenn man duscht und danach das Fenster öffnet – im richtigen Licht sieht man die Tröpfchen des Wasserdampfes durch das Badezimmer schweben.“ Um solche Aerosole in der Luft aus dem Raum zu befördern, sei es beim manuellen Lüften wichtig, die Fenster für kurze Zeit weit zu öffnen – stoßlüften anstatt Fenster kippen.

Bei Belüftungsanlagen müsse man darauf achten, dass die Systeme nicht nur mit Umluft funktionieren, sondern dafür sorgen, dass der Raum mit einem gewissen Prozentsatz Frischluft versorgt werde. Ansonsten würden die Aerosole immer wieder zurück in die Räume gelangen. Auch Raumluftfilter seien eine Möglichkeit, gegen die Aerosole vorzugehen. „Diese Apparate könnten auch in den Klassenzimmern aufgestellt werden – es gibt auch günstige Geräte“, sagt Muller. Je nach Modell seien innerhalb von wenigen Minuten die meisten Tröpfchen aus der Luft gefiltert. Auch das ECDC unterstützt die Nutzung von Filtern. Dabei sei es wichtig, dass es sich um „High-Efficiency Particulate Air“-Filter (HEPA) handele. „Diese haben sich bei Partikeln der Größe des SARS-CoV-2-Virus bewährt und werden in Flugzeugen und im Gesundheitswesen eingesetzt“, geht aus einem Bericht des ECDC hervor.

Um zu wissen, wie verbraucht die Luft ist, gebe es die Möglichkeit, ein CO2-Messgerät einzusetzen, erklärt Prof. Muller: „Der Apparat gibt einen Hinweis darauf, wie stark der Luftaustausch ist, was wiederum ein indirekter Hinweis darauf ist, wie viele Aerosole aus dem Raum befördert wurden.“

BG
12. November 2020 - 5.53

Dem Virus sind also Grenzen gesetzt , er bleibt artig im Raum . ,Das sollte auch unser « alter Mann und das Merde «  einsehen , alle Grenzen strengstens kontrollieren und so den Lebensraum in seiner Demokratur schützen , oder?

Fööss amgang seit 11.11.11:11?
11. November 2020 - 20.55

Was ist mit den ausser Atem hechelnden und rotzenden Joggern, die ohne Maske an einem vorbei keuchen ohne im geringsten daran zu denken einen Meter auszuweichen. Seit das ´Leierpersonal´ wieder arbeitet ist es zwar nicht mehr so schlimm. ?

de Prolet
11. November 2020 - 13.03

Eine Binsenweisheit. Weshalb sonst Mund-+ Nasenschutz?