Conference LeagueSamir Hadji: „F91 ist die beste Wahl, um zu meiner alten Form zurückzufinden“

Conference League / Samir Hadji: „F91 ist die beste Wahl, um zu meiner alten Form zurückzufinden“
Samir Hadji hat in den Testspielen gemerkt, dass ihm sein Torriecher nicht abhandengekommen ist Foto: Gerry Schmit

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Der Torschützenkönig der Saison 2018/19 ist wieder da: Samir Hadji kehrt mit 31 Jahren noch einmal in die BGL Ligue zurück. Für den Mittelstürmer beginnt beim F91 Düdelingen eine neue Etappe seiner erfolgreichen Karriere. Der kleine Bruder Zachary, der von Esch nach Lausanne gewechselt ist, hat während seiner Abwesenheit jedenfalls große Fußstapfen hinterlassen. Wie er seinen eigenen Transfer nach Virton heute bewertet, was er sich für die Conference League vorgenommen hat und wie er seine Rolle als großer Bruder inzwischen sieht: Ein Interview mit einem Rückkehrer, den man nicht mehr vorstellen muss. 

Tageblatt: Mit welchen Gedanken und Gefühlen kehren Sie nach Luxemburg zurück?

Samir Hadji: Ich freue mich einfach, nach anderthalb Jahren endlich wieder auf einem Fußballplatz stehen zu können. Ich bin unheimlich motiviert, um zur alten Form und Stärke zurückzufinden, die ich vor dieser „Sch….“ hatte. Einerseits hat es mir gefehlt, spielen zu können. Auch die Stimmung in der Kabine und die Gespräche habe ich vermisst. Doch die Sehnsucht, wieder alles geben zu können, war am Größten.

Wie haben Sie sich in den letzten Monaten fit gehalten?

Am Anfang war die gesamte Situation sehr kompliziert. Durch den Corona-bedingten Abbruch lief 2020 zwischen März und August erst einmal gar nichts mehr. Danach habe ich fast nichts gemacht, weil ich vertraglich noch an Virton gebunden war und nicht weggehen konnte. Über die Wintermonate habe ich dann wieder hart an mir gearbeitet, denn ich wollte einen neuen Klub finden. Leider hat man mich nicht gehen lassen. Das war wieder ein moralischer Rückschlag, weshalb ich wieder zwei Monate im Leerlauf war. Im Frühling kam dann der Kontakt mit dem Schifflinger Verein zustande. Ich habe dort mit der Mannschaft trainiert, sie waren sehr gastfreundlich und ich bin dem Verein sehr dankbar dafür. 

Ihr ehemaliger Verein hatte keine Lizenz für die zweite Liga bekommen und stand vor dem Nichts. Warum hat man Sie im vergangenen Winter in Virton trotzdem nicht gehen lassen?

Ich hatte mehrmals nach einer Freistellung gebeten. Ich habe sogar eine Leihe angeboten, da es auch einen anderen Spieler gab, dem dies gestattet wurde. Ich habe zu keinem Zeitpunkt eine Antwort bekommen. Ich habe alles versucht, aber weder auf meine E-Mails noch auf meine Briefe hat der Verein reagiert. Das Risiko, den Vertrag auf eigene Faust aufzulösen, um mich dann angreifbar zu machen und möglicherweise verklagt zu werden, wollte ich wegen sechs Monaten aber nicht eingehen. Das liegt jetzt alles hinter mir und es ist an der Zeit, wieder nach vorne zu blicken.

Nur noch eine Frage zur Vergangenheit: War Virton letztlich eine Entscheidung, die Sie heute bereuen?

Aus rein sportlicher Sicht war es damals der beste Weg: Es war der Profibereich und die Möglichkeit, nach sieben Jahren bei der Fola und in der BGL Ligue noch einmal etwas anderes zu erleben. Als sich mir die Chance bot, habe ich sie ergriffen. Leider weiß man nie, was danach kommt. Es gab Lizenzprobleme, eine Pandemie, … Heute ist sicherlich auch etwas Reue dabei, aber ich bin überzeugt, dass ich mich wieder so entscheiden würde.

Kommen wir also zur Gegenwart. Vor Ihrer Unterschrift in Düdelingen gab es auch Gerüchte um einen möglichen Transfer zur Jeunesse oder zum Racing. Warum führte der Weg zum F91?

Ich hatte Kontakte zu vielen Vereinen … Aber das kennt man ja: Die Leute reden viel, auch ohne etwas zu wissen. Ja, es gab Gespräche mit der Jeunesse und Racing – und auch mit anderen Vereinen – aber nichts weiter. Mit Düdelingen stand ich zu diesem Moment ebenfalls in Kontakt. Ich bin überzeugt, dass es aus persönlicher Sicht die beste Wahl ist, um zu meiner alten Form zurückzufinden. Kollektiv gesehen ist der F91 unheimlich stark, mit einem Trainer, der für eine Rückkehr in die BGL Ligue der perfekte Mann ist. Er schenkt seinen Spielern großes Vertrauen, er gibt alles für sein Team. Ich brauche derzeit jemanden, der mir vertraut. Sportlich gesehen hat das alles den Ausschlag gegeben. Die anderen Gründe, wie das Palmarès und der Europapokal, sind bekannt. 

Und da gibt es ja auch noch F91-Kapitän Mehdi Kirch …

Er ist einer meiner besten Freude und hat auch seinen Anteil an dieser Wahl. Wir haben oft telefoniert, haben beim gemeinsamen Essen darüber geredet. Er hat seinen Klub jedenfalls teuer und gut verkauft. Er spielte eine Rolle, aber ich bin auch ein großer Junge und kann eigenständige Entscheidungen treffen (lacht). 

Wie würden Sie Ihren Fitnesszustand so kurz vor dem Auftakt der Conference League beschreiben?

Die Formkurve zeigt nach oben. Ich komme, wenn man das so sagen kann, von weit hinten … Ich hatte schon vor Trainingsauftakt eine kleine Basis, aber die Arbeit auf dem Platz, mit Ball und Gegner, ist eben immer etwas anderes als eine Laufeinheit. Das habe ich gebraucht. Ich fühle mich gut, obwohl ich noch nicht wieder bei 100 Prozent bin. Das braucht Zeit. Bleibt abzuwarten, wie der Trainer entscheidet. Ich selbst habe alles gegeben, um für den Europapokal wieder einsatzbereit zu sein. 

Und auf mentaler Ebene?

Revanchistisch und motiviert. Der Europapokal hat mir gefehlt. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass wir diese Runde überstehen, da es sehr wichtig für den Klub ist. Persönlich wird es meine eigene Chance, eine Revanche zu nehmen, für das, was ich zuletzt erlebt habe. 

Welchen Eindruck hatten Sie von Ihren Testspiel-Einsätzen?

Einen guten. Ich habe ein paar Tore gemacht und war entscheidend am Spielverlauf beteiligt. Das Ziel dieser Testbegegnungen war nicht unbedingt, oft zu treffen, sondern eher auf meine Fitness ausgelegt. Es ging darum, auch wenn es manchmal nur 45 Minuten waren, meine Form zu testen und ein bisschen überall zu laufen, um das Gefühl auf dem Platz wiederzufinden. Es gab immer mal ein paar Tiefen, aber insgesamt verlief die Vorbereitung sehr positiv.

Sie haben im Laufe Ihrer Karriere gute Erfahrungen gegen typisch britische Mannschaften gemacht. Gehört Bohemians Dublin (IRL) auch zu diesem Typ Gegner?

Die Videoanalyse findet gleich statt (nach dem Interview). Soweit ich gehört habe, ist es eine Kick-and-rush-Mannschaft, die mit weiten Bällen agieren und ihre Athletik einsetzen. Ich kenne diesen Typ Gegner und habe gegen Aberdeen (1:0-Siegtreffer beim Heimspiel der Fola) getroffen. Das gute ist, dass diese britischen Teams meist mit der Hitze zu kämpfen haben, deshalb kommt uns das Wetter in dieser Woche entgegen. Wir möchten dieses Heimspiel jedenfalls gewinnen. 

Trainer Carlos Fangueiro betitelt seine Spieler gerne als „Krieger“ und stellt das Kollektiv in den Fokus. Ist das auch der erste Eindruck, den Sie bekommen haben?

Auf jeden Fall. Er spricht noch immer von der beeindruckenden Einstellung der vergangenen Saison und pocht darauf, dass wir mit dieser exemplarischen Attitüde antreten müssen. Die Trainingseinheiten sind jedenfalls sehr intensiv. Als jemand, der den Profibereich gekannt hat, kann ich nur sagen, dass es hier deutlich intensiver zugeht … Jeder muss Verantwortung übernehmen, das zieht die Mannschaft nach oben. 

Während Ihrer Zeit in Virton hat Ihr kleiner Bruder Zachary keine halben Sachen gemacht und den nationalen Torrekord gebrochen (33 Saisontreffer). Wie groß sind die Fußstapfen, in die Sie jetzt treten müssen?

Er hat sich den Erfolg dieser Saison selbst erarbeitet und verdient. Er hatte diese Qualitäten schon immer. Was fehlte, war jemand der auf ihn setzte. Ich bin unheimlich froh und stolz. Aber mein Ziel ist es jetzt nicht, diesen Rekord zu brechen. Wenn ich es schaffe, umso besser. Primär geht es aber darum, meiner Mannschaft mit Toren zu helfen. Rekorde oder der Titel des Torschützenkönigs sind nicht das Wichtigste. Ich will mich in den Dienst meiner Kollegen stellen. 

Sind das also Ihre Ziele für die kommenden Monate?

Das Ziel ist, wie jedes Jahr, Titel zu gewinnen. Spielen, mein Niveau wiederzufinden und mir am Ende der Saison sagen zu können: „Samir, du hast deine Wette gewonnen und diese Herausforderung geschafft.“

Am Donnerstag könnte Samir Hadji seine offizielle Premiere im neuen gelben Trikot feiern
Am Donnerstag könnte Samir Hadji seine offizielle Premiere im neuen gelben Trikot feiern Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Steckbrief

Samir Hadji 
Geboren am
12. September 1989
Nationalität: Franko-Marokkaner
Position: Mittelstürmer, Rechtsfuß
Bisherige Vereine: SR Creutzwald (F), Saarbrücken (D), AS Nancy B, Racing Strasbourg (beide F), Hassania Agadir (MAR), Fola Esch, RE Virton (B), F91 Düdelingen
Statistiken: 174 BGL-Ligue-Spiele/109 Tore; 15 Pokalspiele/15 Tore
Erfolge: zweimal Meister, einmal Torschützenkönig