Reaktionen auf die Sparpläne der Regierung

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Die Reaktionen auf das Sanierungsprogramm der Regierung haben nicht lange auf sich warten lassen. Nachdem der OGB-L als erste Gewerkschaft Details aus dem Austeritätsprogramm publik gemacht haben, häufen sich die negativen Antworten aus Parteien– und Gewerkschaftskreisen.

(aktualisiert: 15.4.2010, 17:45 Uhr)

Nach dem OGB-L und der CGFP am Montag, dem LCGB und der LSAP am Dienstag haben sich auch KPL, déi Lénk, die Gewerkschaft der Kommunalbeamten FGFC, Landesverband, Apess, Unel und „déi gréng“ zu den Vorschläge der Regierung bei der Tripartite am letzten Samstag geäußert.

Alleinerziehende am Rand der Armutsgrenze

Initiativ Liewensufank a.s.b.l., Association luxembourgeoise des sages-femmes, Fondation Kannerschlass und Cid-femmes protestieren aufs Schärfste dagegen, dass die angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise von der Regierung geplanten Einsparmaßnahmen hauptsächlich Familien mit Kindern treffen und dies in mehreren Punkten, heißt es in einer Mitteilung der Vereinigungen von Donnerstag.

“Neben den Einschränkungen, die der Allgemeinheit zugemutet werden, wie Indexmanipulation, Erhöhung der Solidaritätssteuer, Abschaffung der Steuerbefreiung für die Hälfte der Fahrtkosten und Einführung einer speziellen Krisensteuer sollen Familien mit Kindern weitere Einschränkungen in Kauf nehmen durch eine Reduzierung der Erziehungszulage, der Abschaffung der Schulanfangszulage, eine Beschränkung der Kindergeldzahlung auf 21 Jahre und eine Verkürzung des Elternurlaubes von 6 auf 4 Monate.“

Die unterzeichneten Organisationen verweisen darauf, dass bereits 2006 beschlossen worden war, Familienzulagen wie Kindergeld, Erziehungszulage nicht mehr an die Indexentwicklung anzupassen. „Die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen verbunden mit den aktuell bestehenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt werden unweigerlich dazu führen, dass immer mehr Familien und insbesondere Alleinerziehende – d.h. größtenteils Frauen – an den Rand der Armutsgrenze geraten.“

Landesverband: „Massiver Sozialabbau“

Der Landesverband spricht von einem massiven Sozialabbau, der da von den Beschäftigten verlangt werde. Im öffentlichen Dienst sei zudem ein vierjähriger Lohnstopp vorgesehen. Es sei dies gewissermaßen die Krönung des Papiers, das die Regierung bereits im Hinblick auf die Gehälterreform vorgelegt habe und das es in sich habe.
Der Landesverband hat für den 20. April eine außerordentliche Vorständekonferenz einberufen.

Apess: Einseitiger Angriff auf den sozialen Besitzstand

 Die Professorengewerkschaft Apess spricht von einem einseitigen Angriff der Regierung auf den sozialen Besitzstand der Beschäftigen. Von den rund 500 Millionen, die eingespart werden sollen, würden 310 zu Lasten der physischen Personen gehen. Die 200 Millionen an zusätzlichen Einnahmen beschaffe sich der Staat ebenfalls zum größten Teil bei den Privathaushalten. Mit gerade mal 35 Millionen sei der Beitrag der Unternehmen mehr als bescheiden.

Unel: Falsche Weichenstellung

Vernichtend fällt auch die Analyse der UNEL (Union nationale des étudiants du Luxembourg) aus. Die Studentenorganisation spricht ebenfalls von erheblichen sozialen Einschnitten. Mit der Streichung des Kindergelds ab 21 Jahren werde zudem eine völlig falsche Weichenstellung für die künftige Entwicklung des Landers gestellt.
Diese Entscheidung passe so gar nicht zu dem Diskurs über die künftige Wissensgesellschaft. Für viele sei das Kindergeld ein notwendiger Bestandteil der Studienfinanzierung. Hier zu sparen sei ein schwerer Fehler, der letztlich die wirtschaftliche Situation des Landes noch schwieriger gestalten werde

déi gréng: „Flickwerk“

Bei den Regierungsvorschlägen handele es sich um kurzfristige, finanztechnische Maßnahmen, heißt es bei „déi gréng“. Sie bedauern, dass keine grundlegende Diskussion geführt werde.
Bei den gängigen Ausgaben des Staates müsste das Einsparpotenzial  wesentlich höher sein, als die vorgeschlagenen 10 Prozent.

KPL appelliert an die „ehrlichen Sozialisten“

Die KPL hat mit Empörung zur Kenntnis genommen, dass die Regierung Defizite im Staatshaushalt als Vorwand nehmen will, um einen massiven Sozialabbau durchzusetzen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die KPL stellt fest, dass der geplante Sozialabbau verhängnisvolle Auswirkungen auf die Kaufkraft haben werde. Die Maßnahmen würden bestätigen, dass die Regierung die schaffenden Menschen für eine kapitalistische Krise bezahlen lassen wolle, die sie nicht verschuldet haben, sich aber weigere, das Geld dort zu nehmen, wo es ist: bei den Reichen und beim Groß- und Finanzkapital.

Die KPL lehnt die Pläne kategorisch ab, begrüßt, dass OGB-L, CGFP und Landesverband sich solidarisch dem Sozialabbau widersetzen wollen und hofft, dass sich alle anderen Gewerkschaften anschließen werden. Die KPL richtet einen Appell an alle ehrlichen Sozialisten, und insbesondere an die sozialistischen Arbeiter, sich gegen die Austeritätspläne zur Wehr zu setzen und auf politischer Ebene zusammen mit den Kommunisten und anderen fortschrittlichen Kräften gegen Sozialabbau zu mobilisieren. 

FGFC zeigt sich kampfbereit

Auch die Gewerkschaft der Gemeindebeamten ist nicht gewillt, den Sparkurs der
Regierung mitzutragen. „Wann der eis sicht, da fannt der eis“, heißt es in einer Stellungnahme, in der die Gewerkschaft ihren Widerstand gegen die am Samstag vorgelegten Pläne deutlich macht.
 Nachdem die Regierung vor zwei Wochen bereits eine „nicht annehmbare Gehälterrevision“ auf den Tisch brachte, ließ diese bei der dritten Tripartite-Runde am letzten Samstag eine „weitere Katze aus dem Sack“, heißt es vonseiten der FGFC.
Nach der so genannten Gehälterrevision, die nahezu alle Errungenschaften des öffentlichen Dienstes der letzten 50 Jahre in Frage stellt, blase die Regierung nun generell zum Angriff auf die Kaufkraft sämtlicher Beschäftigten im Land. Die Beschäftigten des öffentlichen Diensts würden so gleich zweimal zur Kasse gebeten.
Die geplante Strategie einer Haushaltskonsolidierung führe zu einer massiven Austeritätspolitik, die für die nationale Geschäftswelt überhaupt keinen Sinn mache.
Die FGFC, als repräsentativste Gewerkschaft im kommunalen Sektor, werde einen solchen Sozialabbau nicht mittragen. Sollte „die Regierung der Patronatsseite weiterhin hörig sein“ und das viel gepriesene Luxemburger Modell und den Sozialfrieden weiterhin mit Füßen treten, müsse sie mit dem Widerstand der Gewerkschaften rechnen.
Die FGFC-Exekutive zeigt sich solidarisch mit der Staatsbeamtengewerkschaft CGFP und den beiden führenden Gewerkschaften im Privatsektor, OGB-L und LCGB, im angekündigten gewerkschaftlichen Kampf. 

déi Lénk: Putsch der CSV?
 
„Putscht die CSV?“, fragt sich „déi Lénk“ in einer Pressemitteilung. Die von Finanzminister Frieden bestätigten Einschnitte in das Sozialnetz kämen einem Putsch gegen die Wählerinnen und Wähler und gegen den Sozialdialog gleich. Dafür habe die CSV allerdings kein Mandat bei den Wahlen vom Juni 2009 erhalten.
Im Gegenteil, 30.000 Menschen seien im Mai vorigen Jahres auf die Straße gegangen, um genau diese Politik zu verhindern, unter dem eindeutigen Motto: „Mär bezuelen net fir är Kris“. Die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen beträfen die ganze Bevölkerung und würden weitere Strukturreformen auch bei den Renten und den Krankenkassen vorbereiten. Sie zerstörten das Sozialmodell und den sozialen Zusammenhalt, indem sie den mittleren Einkommen eine Privatversicherung aufzwängen und die niedrigen Einkommen von der Sozialhilfe abhängig machen wollten. Das sei der eigentliche Zweck der sogenannten „selektiven“ Sozialpolitik.
„Déi Lénk“ unterstützt die gewerkschaftliche Einheitsfront und alle Aktionen gegen diese präzedenzlose Politik im Interesse des Geldsacks. Sie fordert die LSAP auf, eine klare Position zum Regierungspaket zu beziehen!

Syvicol fühlt sich übergangen

Der Dachverband und Interessenvertreter der Luxemburger Kommunen Syvicol fühlt sich übergangen. Das Syndikat bedauere, dass die  Regierung das Syndikat nicht im Vorfeld der Tripartite-Verhandlungen über die geplanten  Einschnitte bei den staatlichen Subventionen für die  Gemeinden informiert habe. Über seine Beihilfen an die  Gemeinden beteilige sich der Staat an der Finanzierung von Investitionsprojekten in den Gemeinden, die oftmals eine direkte  Folge der Regierungspolitik seien, so das Syvicol in einer Stellungnahme.

Noch vor einem Jahr habe das Parlament im Rahmen der Diskussionen um die Abfederung der Krisenfolgen auf die wichtige Rolle der  Gemeinden als Investoren hingewiesen. Sollte die Regierung nun die entgegen gesetzte Politik verfolgen, werde sich dies auf die Auftragsbücher der kleinen und mittleren Unternehmen auswirken. Was auch einen negativen Impakt auf die Luxemburger Wirtschaft insgesamt haben werde.