Opioid-Krise auch in Luxemburg? Regierung sieht keine Hinweise auf Problematik

Opioid-Krise auch in Luxemburg? Regierung sieht keine Hinweise auf Problematik

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die „Opioid-Krise“ erschüttert seit Jahren die USA. Gemeint ist damit der deutlich angestiegene Missbrauch starker Schmerzmittel. In Luxemburg haben die Grünen im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage wissen wollen, wie die entsprechende Situation hierzulande ist.

Das Gesundheitsministerium hat in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen mitgeteilt, dass die Verschreibungsrate von „Morphin-Schmerzmitteln der Opiatgruppe“ zwischen 2007 und 2017 um 5,9 Prozent gesunken sei: Von 405 Verschreibungen pro 1000 Personen sei man bei 389 gelandet. Das am häufigsten verschriebene Opiat war dabei Tramadol. Allein oder in Kombination mit allen Mitteln machte es 2017 etwa die Hälfte aller Rezepte aus.

Das eher schwächere Codein wird deutlich seltener verordnet: Machte es 2007 noch 40 Prozent aller Verschreibungen aus, waren es 2017 nur noch 18 Prozent. Der Anteil von Fentanyl an den Verschreibungen betrug 2007 noch 7 Prozent und verdoppelte sich 2017 auf 15 Prozent.

Oxycodon, das erst Ende 2008 eingeführt wurde, machte 2017 rund 5 Prozent des verschreibungspflichtigen Anteils aus. „Im Allgemeinen nahm von 2007 bis 2017 die Verschreibung starker Opioide (Fentanyl, Oxycodon, Morphium, Hydromorphon) stetig zu“, heißt es in der Erklärung des Gesundheitsministers – während die Verschreibungen schwächerer Opioide wie Codein seltener geworden seien.

 

Verschreibungen von Opioiden in Luxemburg
(nach Angaben des Gesundheitsministeriums 2019)

Gleichzeitig ist die durchschnittlich verordnete Dosis pro Patient und Jahr gestiegen – nämlich um etwa 17 Prozent von 36,41 auf 42,47 DDD (Defined Daily Dose). Doch diese Zahl, eine rechnerische Größe, die für Zwecke der Arzneimittelverbrauchsforschung entwickelt wurde, sei im Hinblick auf mögliche Missbräuche oder Abhängigkeitsphänomene schwer zu interpretieren.

Generell scheint die Frage, ob es, etwa unter Senioren, aufgrund zu schneller Verschreibung zu missbräuchlicher Nutzung oder Abhängigkeit kommt, bisher kaum untersucht zu werden.

Der Gesundheitsminister Etienne Schneider (LSAP) teilt jedenfalls in seiner Antwort mit, dass die verschiedenen in Luxemburg verfügbaren Datenbanken weder eine klare Unterscheidung erlauben zwischen der Abhängigkeit von legal verschriebenen und illegalen Opioiden noch die Identifikation der Ursachen einer möglichen Abhängigkeit. Darum sei es „unmöglich, zuverlässige, eindeutige und umfassende Informationen über die Anzahl der Menschen zu liefern, die aufgrund von Schmerzbehandlungsvorschriften eine Opioidabhängigkeit entwickelt haben.“

Es gebe allerdings die Möglichkeit, die Abhängigkeit von Opioiden nach ärztlicher Verschreibung über ein Meldeformular für Nebenwirkungen zu melden, das an die Gesundheitsdirektion zu senden ist. Bisher sei das nur einmal passiert.

Gras als sanfte Alternative?

Anders als Opioide stillt auch Cannabis Schmerzen, macht dabei aber nicht körperlich abhängig. Zudem kann man sich damit praktisch nicht tödlich überdosieren. Doch ob „Gras“ oder Cannabis-Öl als verträglichere Alternative den Opioiden Konkurrenz macht, ist unklar.

Seit der Verfügbarkeit von medizinischem Cannabis im Februar 2019 sei dieses in 89 Prozent der Fälle wegen „schwerer fortgeschrittener oder unheilbarer Krankheiten, die chronische Schmerzen verursachen“ verschrieben worden, weiß der Gesundheitsminister zwar. Er kann aber nicht sagen, „ob medizinisches Cannabis die Verwendung von Opioiden ersetzt, vermieden oder verzögert hat“.


EXTRA: Die Krise in den USA

Die „Opioid-Krise“ erschüttert seit Jahren die USA: Mittel werden teilweise sehr schnell verschrieben – und sogar dann noch genommen, wenn es medizinisch gar nicht mehr notwendig wäre. Manche Konsumenten steigen von zunächst medizinisch begründeten Substanzen auf eine günstigere Alternative vom Schwarzmarkt um: Heroin.

Der starke Anstieg der Zahl der Drogentoten (siehe Grafik) war dort einer der Gründe dafür, dass die durchschnittliche Lebenserwartung 2017 das dritte Jahr in Folge erstmals seit dem Ersten Weltkrieg sank. Quelle Zahlen & Grafik: Wikipedia

I. Schneider
8. September 2019 - 22.33

Hochinteressanter Artikel! Wer ist denn die zitierte "Gesundheitsministerin", von der dreimal in diesem Artikel die Rede ist. Haben wir in Luxemburg mit Etienne Schneider aktuell nicht einen Herrn Gesundheitsminister?