KommentarMétro, Boulot, Dodo

Kommentar / Métro, Boulot, Dodo
Im Buchladen stöbern geht seit letztem Freitag nicht mehr – wer Bücher aus seinem Buchladen bestellen will, muss dies mithilfe des neuen „Click and collect“-Systems tun Foto: AFP/Stéphane de Sakutin

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Frankreichs zweiter Lockdown solle weniger rigoros als der erste ausfallen, versicherte Präsident Emmanuel Macron. Konkret bedeutet dies, dass man alles tut, um die Arbeitswelt am Laufen zu halten, alles andere aber verbietet. Gefüllte Metros sind kein Gefahrenherd, leere Theaterhäuser schon. Wie im Film „Matrix“ wird der Mensch zunehmend zur reinen Arbeitsmaschine, die man bis zur totalen Erschöpfung ausmelkt. Was die Regierung dabei vergisst: Der Mensch braucht den Ausgleich nach dem Arbeitstag, er braucht das Restaurant, das Theater, die Kneipe oder das Fußballspiel.

Trotz nachweislich geringer Infektionszahlen im Kultursektor mussten nun sämtliche kulturellen Orte erneut schließen. Die Strenge, mit der die Annullierungen im Kulturbetrieb gehandhabt werden, wäre fast schon karikaturenhaft, wenn sie nicht so beunruhigend wäre: Als die französische Regierung die Schließung der Buchhandlungen verkündete, den großen Kaufhausketten wie der FNAC aber weiterhin den Verkauf von Büchern erlaubte (da diese ja auch „wesentliche“ Güter im Angebot führen), lehnten sich die französischen Buchhändler verständlicherweise gegen diese Bestimmung auf – zumal am kommenden Dienstag der renommierte Prix Goncourt verliehen wird, der alljährlich ein gutes Geschäft für den Buchhandel darstellt.

Anstatt Bücher zu „biens de première nécessité“ zu erklären und somit die Wiederöffnung der Bücherläden gutzuheißen, hat die französische Regierung am Wochenende entschieden, dass die Kaufhausketten ihre Kulturabteilungen schließen müssen. Kunden können nun via „Click-and-collect“-System Bücher bestellen und diese in den Buchläden abholen. Damit verkennt man nicht nur, dass eine Buchhandlung vom Stöbern und Austausch lebt, sondern schadet zudem einem wirtschaftlich bereits angeschlagenen Sektor, indem man Online-Giganten wie Amazon in die Hände spielt. Dass Buchhändler sich nun für die Wiederöffnung ihrer Läden einsetzen und teilweise einfach stur weiter öffnen, setzt in kulturlosen Zeiten ein wichtiges Zeichen.

GOELFF JEAN-PIERRE
4. November 2020 - 21.48

Anscheinend kriegt der überhebliche Jupiter im Elysee ein dickes Weihnachtsgeschenk von Jeff Bezos!

J.Scholer
4. November 2020 - 10.24

Bücherläden schließen, scheint nicht von reifer Überlegungen zu dein, gerade Bücher manch Zeitgenossen über die trostlose Zeit hinweghelfen können. Natürlich schreien die Kindle-, Tabletjunkies jetzt, das Buch das überalterte von Keimen, Viren sprießende Wesen vergangener Epochen gehöre längst abgeschafft.Die Moderne, der Fortschritt voran. Doch gerade die Pandemie beweist uns wie Moderne , Fortschritt an ihre Grenzen gelangt sind das Virus zu bekämpfen .Ein über Jahrhundert altes ,bewährtes Mittel der Hygiene, das Händewaschen der Moderne, dem Fortschritt den Rang abläuft.