„Projekt 7662“Kehrtwende: Bildungsminister zieht umstrittenen Gesetzentwurf zurück

„Projekt 7662“ / Kehrtwende: Bildungsminister zieht umstrittenen Gesetzentwurf zurück
Wir müssen reden: Bildungsminister Claude Meisch (Archivbild) sieht sich grundsätzlich missverstanden Foto: Tania Feller

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Überraschender Entschluss: Das Bildungsministerium hat am Montagnachmittag erklärt, das umstrittene Gesetzesprojekt 7662 zunächst nicht mehr vertreten zu wollen. Es hatte viel Kritik hervorgerufen und etwa bei den Vertretern der Lehrer für schwere Verstimmung gesorgt. Die Rede war von der „Privatisierung“ der Schulen und „Zuständen wie in Amerika“. 

„Die öffentliche Debatte über den Gesetzesentwurf zur Verwaltung der spezialisierten Lyzeen hat eine Reihe von Bedenken seitens der Interessenvertreter der Schulen ans Licht gebracht“, stellt das Bildungsministerium in einer am Montagnachmittag versandten Mitteilung fest. Es gebe offensichtlich „Bedenken, die das Ministerium ernst nimmt und zu denen es die notwendigen Erläuterungen geben will, damit sich ein konstruktiver Dialog entwickeln kann“, heißt es. Das Ministerium für nationale Bildung, Kinder und Jugend halte es jedenfalls „nicht für angebracht, unter den gegenwärtigen Bedingungen über den Text abzustimmen“: Man werde daher den Gesetzentwurf von der Tagesordnung für die Sitzung am 18. November nehmen lassen, damit die Debatte „in der notwendigen Gelassenheit“ stattfinden könne.

Dass eben diese Debatte, beispielsweise als Dialog mit den Gewerkschaften, bisher völlig gefehlt habe, wurde schon vom SEW, dem Lehrersyndikat im OGBL, ausdrücklich kritisiert (das Tageblatt berichtete).

Mit dem Gesetzesprojekt 7662 wollte die Regierung die Möglichkeit schaffen, die Direktionsposten in den „Lycées spécialisés“ mit Personen aus den jeweiligen Branchen zu besetzen, die mindestens fünf Jahre praktische Berufserfahrung vorweisen können. Diese Personen sollten entweder aus der Privatwirtschaft kommen oder aber aus der Besoldungsgruppe A der Beamtenlaufbahn. Aktuell wären das LTPS, das LTPES, die Ackerbauschule in Ettelbrück und die Schule für Hotellerie und Tourismus in Diekirch von den Änderungen betroffen gewesen. Die Vertreter der Gewerkschaften befürchteten allerdings, dass es sich bei dem Gesetz um ein Einfallstor handelt, um die Privatisierung aller öffentlichen Schulen voranzutreiben (das Tageblatt berichtete).

Das Gesetz wurde am 7. September eingereicht. Am 27. Oktober erhielt es das positive Gutachten des Staatsrats, der lediglich redaktionelle Änderungen vornahm und anmerkte, dass Personen aus der Privatwirtschaft, die auf diese Weise verbeamtet werden, maximal für sieben Jahre nominiert werden könnten. Der Gesetzentwurf sollte am Mittwoch, 18. November, von den Abgeordneten im Parlament gestimmt werden. Der OGBL, die APESS, die ACEN und die UNEL hatten deshalb für Mittwoch zu einer Demonstration vor dem Cercle Municipal in Luxemburg-Stadt aufgerufen – hier tagt das Luxemburger Parlament während der Corona-Pandemie, um die vorgeschriebene physische Distanz zwischen den einzelnen Abgeordneten einhalten zu können. Die CGFP hatte ihrem Unmut zudem in einem offenen Brief Luft gemacht (siehe unten).

Patrick Arendt vom SEW hat das Gesetzesvorhaben scharf kritisiert
Patrick Arendt vom SEW hat das Gesetzesvorhaben scharf kritisiert Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Neben einer „Privatisierung“ beklagten die Gewerkschaften auch, dass das auf diese Weise rekrutierte Personal möglicherweise nicht die pädagogische Eignung mitbringen könnte, um eine Schule zu leiten und die Arbeit angehender Lehrer zu beurteilen. Außerdem biete das Gesetz der Regierung die Möglichkeit, hohe Beamtenposten zukünftig „nach dem Prinzip der Vetternwirtschaft“ und „nach rein subjektiven Kriterien“ zu besetzen. Das Bildungsministerium widerspricht und verweist auf eine Erklärung in dem Gesetzestext. Dort heißt es: „Neben einem ausgeprägten Sinn für Pädagogik müssen die Leiter der spezialisierten Gymnasien über ausgezeichnete Kenntnisse des spezifischen Fachgebiets der Spezialisierung des Gymnasiums verfügen, aber auch enge Verbindungen zu den Akteuren in der Praxis unterhalten können.“

Regierung sieht sich falsch wiedergegeben

Auch das „Comité de conférence“ des LTPES zeigte sich in einer Stellungnahme wenig begeistert und kritisierte unter anderem das Zustandekommen des Textes. „Dieser Gesetzentwurf, der unter größter Geheimhaltung und ohne vorherige Rücksprache mit Spezialisten auf diesem Gebiet oder mit den Gewerkschaften ausgearbeitet wurde, wirft unsererseits eine ganze Reihe von Fragen und Zweifeln auf.“ Genau wie der OGBL stellte das LTPES demnach auch die Behauptung des Ministers infrage, dass es einen Mangel an Kandidaten für die entsprechenden Posten gebe – vielmehr seien die Mängel in der zurzeit gängigen Ausschreibungspraxis zu suchen.

Ein weiterer Kritikpunkt für OGBL, CGFP und LTPES waren die erforderlichen Sprachkenntnisse der potenziellen Direktoren. „Wir erwarten von unseren Schülern gute Sprachkenntnisse in den drei Verwaltungssprachen des Landes. Wäre es nicht absurd, eine Schule von jemandem leiten zu lassen, der diese Kriterien nicht erfüllt?“, fragte das LTPES in dem Schreiben.

In diesem Punkt widersprach das Ministerium ebenfalls in seiner Stellungnahme von Montagmorgen: „Im Gegensatz zu dem, was derzeit in der öffentlichen Debatte fälschlicherweise behauptet wird, müssen die Kandidaten für den Posten des Schulleiters einer weiterführenden Schule, einschließlich spezialisierter weiterführender Schulen, über die erforderlichen Fähigkeiten in den drei Verwaltungssprachen verfügen.“ Das sei auch im Bericht des zuständigen Parlamentsausschusses so festgehalten worden.

UPDATE: Dieser Artikel ist gegenüber einer früheren Version grundlegend aktualisiert worden.

Offener Brief der CGFP an die Abgeordneten des Luxemburger Parlaments

Léif Dammen an Hären Deputéiert,

De kommende Mëttwoch, 18. November, steet de Gesetzprojet mat der Nummer 7662 um Ordre du Jour vun der Chamber. Dëse Projet stellt een absolutten No-Go duer! Heiduerch soll nämlech d’Méiglechkeet geschafe ginn, Direktiounsposten an eise Schoulen zukünfteg net méi, ewéi bis ewell, exklusiv mat erfuerene Kandidaten aus där héichster Fonctionnairescarrière beim Staat ze besetzen, mee och mat Leit aus dem Privatsecteur.

Des Weidere solle weder e Minimum u Beruffserfarung an der Schoul nach en adequat Beherrsche vun de Sprooche vum Ëffentlechen Déngscht zwéngend noutwendeg Viraussetzunge fir d’Funktioune vum Direkter a vum Adjoint bleiwen. Nodeems déi ëffentlech Schoul an de Statut vum Fonctionnaire iwwert déi lescht Joren duerch eng systematesch a progressiv Salamitaktik ëmmer méi staark ënnergruewe goufen (Verwässerung vun de Promotiounskritäre vun de Schüler, déifgräifend Reform vum Stage a Verwässerung vun den Zougangskonditioune fir de Beruff vum Enseignant …), sollen duerch dëse Gesetzesprojet d’Weichen nach méi wäit a Richtung Degradéierung vun der ëffentlecher Schoul an domat och Privatiséierung gestallt ginn. Zwar soll dat geplangte Gesetz elo mol just fir d’Direktiounsposte vun enger begrenzter Unzuel u spezialiséierte Schoule gëllen, mee aus dem Exposé des motifs geet onmëssverständlech ervir, dass d’Lëscht vu dëse Lycéeën an Zukunft problemlos wäert kënnen erweidert ginn.

Wa sech an Zukunft méi Leit mat deene richtege Kompetenze fir Direktiounsposten am Enseignement solle mellen, da mussen dës Posten däitlech méi attraktiv gemaach, an hir Ausschreiwung nees méi visibel ginn, mat engem raisonnabelen Delai fir d’Kandidaturen anzereechen.Well duerch dëse Gesetzesprojet e Präzedenzfall net nëmme fir d’Schoul, mee och fir de Rescht vum Ëffentlechen Déngscht soll geschafe ginn, sinn hei souwuel de Minister vun der Educatioun wéi och dee vum Ëffentlechen Déngscht an der Verantwortung. Et gesäit aus, wéi wann den Educatiounsminister am Wandschiet vu Corona d’Koalitiounsdeputéiert iwwerrompele wéilt, fir eppes duerchzeboxen, wat en plus guer net am Koalitiounsvertrag virgesinn ass!

Mir froen iech:

o Wat ass d’Plus-value fir eis Schoulen a Kanner, fir vun Direkteren ouni pedagogesch
Ausbildung an ouni Erfarung um Terrain encadréiert ze ginn, déi net emol eis
Landessproochen adequat beherrschen?
o Wie wëll, dass eis Schoulen an Zukunft vu Manager geleet ginn, déi sech méi fir de Präis
vun der Bildung intresséieren ewéi fir hire Wäert?
o Wéi laang loosse sech d’Deputéiert nach op der Nues ronderëmdanzen?
o Wéi laang ass esou e Minister nach drobar, och fir seng eege Leit?

Dofir:

Huelt de Gesetzprojet 7662 vum Ordre du Jour, dëst am Interessi vun der ëffentlecher Schoul
a vum ganze Land! Kee braucht dës Reform, ausser vläicht déi, déi d’Schoul wëlle
liberaliséieren. Zoustänn ewéi an Amerika wëlle mir awer hei am Land definitiv keng kréien!

FÉDUSE/Enseignement-CGFP

Association des membres des directions de l’enseignement post-fondamental public
luxembourgeois (ADIL/CGFP)

Confédération générale de la Fonction publique (CGFP)

Kremer H.
16. November 2020 - 15.40

Mir hunn d'Pafen aus de Schoulen eraus krut, elo musse mer nach hir Wieler, d'Staatsbeamten erauskréien.

Ferdinand
16. November 2020 - 15.35

Fir d'éischt op d'Demo an dann a Quarantän. Staatsbeamtentum fir Schoulmeeschteren ass weeder néideg nach ubruecht.

frolick
16. November 2020 - 15.34

Ich hätte lieber Zustände wie in Dänemark, wo ALLE Lehrer Privatbeamte sind.

Observer
16. November 2020 - 15.06

Alles durch digitale Lerninhalte ersetzen, die überall abrufbar sind zu jeder Zeit! Den digitalen Nomaden gehört die Zukunft in Freiheit, ohne verstaubte Strukturen.

Jeanchen
16. November 2020 - 13.17

Den Ressort Enseignement wor wëll eiweg een schwierége Dossier, egal waat fir een Minister do responsabel ass, blo,rout,schwarz etc.déi sinn alleguer nie d'accord matt egal wéi eng Decisiounen do getraff ginn. Fréier wor daat nach aanescht,do ass geschafft ginn, egal wéivill Schüler an der Klass woren,Eiergeiz an Autoritéit woren präsent,haut ass wuel eng aaner Gesellschaft,mais geschafft muss ower ginn,nëtt nëmmen un d'Freizeit denken etc.,