Von Luxemburg nach SenegalLuxemburger Familie „hëlleft fir ze hëllefen!“

Von Luxemburg nach Senegal / Luxemburger Familie „hëlleft fir ze hëllefen!“
Die von „Hope Asbl. Luxemburg“ unterstützte Schule bedankt sich Foto: Martine Nicolay

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder. Der Geist eines Baden-Powell lässt sich nicht so einfach abstreifen. Das beweisen Martine Nicolay und Paulette Tonnar mit einer Hilfsaktion für gleich zwei senegalesische Initiativen. Imadi bietet Frauen eine Existenz und Kindern eine Schule, Village Pilote hilft einigen der geschätzt 30.000 Straßenkindern in Dakar.

Der Name Tonnar ist in luxemburgischen Pfadfinderkreisen ein Begriff, der Geist von Baden-Powell und die Bereitschaft, zu helfen, haben sich von Vater Pierre Tonnar auf Tochter Paulette und auch auf Enkelin Martine Nicolay weitervererbt.

Was der Großvater und die Mutter zeitlebens hier in Luxemburg machten, hat Martine Nicolay jetzt nach Afrika weitergetragen. Ihre Ehe mit einem UNO-Mitarbeiter im humanitären Bereich hat die studierte Architektin nach Senegal verschlagen. Die Not vor Ort hat sie berührt und ihr Pfadfinderherz angesprochen.

Tätig vor Martine Nicolay sind die Architektin Fatou Jobe und deren Initiative Imadi geworden. Die gebürtige Gambierin, die ein Architekturstudium im schottischen Glasgow absolvierte, hat eine Frauengemeinschaft gegründet, die in einem Wohngebiet außerhalb von Dakar traditionelle senegalesische Körbe flicht. 183 Frauen aus 30 Dörfern haben so ein Einkommen gefunden.

Sie flechten aus traditionellem Material Körbe, Taschen und Dekorationsobjekte. Sechs von der Initiative festangestellte Frauen entwerfen die einzelnen Stücke, danach werden sie von der Arbeitsgemeinschaft produziert, wobei jedes Dorf seine eigenen Macharten behalten darf.

Schwere Zeiten

Fatou Jobe sorgt allerdings dafür, dass die Korbwaren, die zwar den traditionellen Reis- und Kornbehältern nachempfunden sind, auch den internationalen Qualitätsansprüchen einer gehobenen Kundschaft entsprechen. „Meine Großmutter würde ihre herkömmlichen Körbe nicht mehr wiedererkennen“, sagt die Managerin von Imadi mit einem Augenzwinkern.

Fatou Jobe hat es zurzeit allerdings schwer. Einerseits hat das Leben ihre tatkräftige luxemburgische Mitstreiterin mittlerweile in ein anderes Entwicklungsland verschlagen, andererseits ist durch die Pandemie im Senegal der Fremdenverkehr eingebrochen. Die Frauen bleiben buchstäblich auf ihren Körben sitzen. Ihre Existenz ist gefährdet, nicht zuletzt weil an ihrem Verdienst mittlerweile ganze Familien hängen.

„Ich wollte mehr machen, als nur Körbe zu flechten. Der mit dieser Produktion erzielte Verdienst sollte vor allem den jungen Frauen eine Perspektive bieten, er sollte ihnen neben einem Einkommen auch Bildung ermöglichen. Sie sollten lernen, ihre Arbeit wertzuschätzen und ihr Projekt mit der Zeit eigenständig zu managen“, das hatte sich die Gründerin der Initiative vorgestellt.

Fatou Jobe will die Korbflechterei fördern und den Frauen damit Arbeit und Autonomie geben
Fatou Jobe will die Korbflechterei fördern und den Frauen damit Arbeit und Autonomie geben Foto: Martine Nicolay

Wenn zwei sich finden

Die Weihnachtsmärkte, auf denen die Imadi-Managerin ihre Produkte absetzen wollte, sind weggefallen. Neue Möglichkeiten bietet unter Umständen der Versandhandel und der direkte Kontakt mit europäischen Helfern, den es in den skandinavischen Ländern, in den USA und Frankreich bereits gibt. Dafür arbeitet Fatou Jobe künftig mit zwei Partnern: dem senegalesischen Künstler Saadio und der luxemburgischen Lehrerin und Pfadfinderin Paulette Tonnar-Nicolay.

Saadio gehört in seiner senegalesischen Heimat zum künstlerischen Establishment. Die aktuelle Krise macht ihm jedoch zu schaffen. Deshalb stellt er Imadi seine Bilder zur Verfügung und ist bereit, ein Viertel des Gestehungspreises an Hilfsaktionen abzugeben.

Dabei kommt Luxemburg ins Spiel. Wer mit 60 Euro in die Aktion Hope einsteigt, die Paulette Nicolay zusammen mit den Sekundarschullehrerinnen Peggy Diederich und Sonja Schintgen-Nick sowie zwei Pfadfindern gegründet hat, bekommt ein signiertes Originalbild (+/- 26 x 36 cm auf Malkarton) von Saadio und unterstützt damit die luxemburgische Initiative. „Es war uns wichtig, im Bildungsbereich zu helfen“, so die Lehrerinnen. Mit ihrer Hilfe bekommen die Frauen von Imadi, die ihre Körbe nicht absetzen können und dadurch kein Einkommen mehr haben, alle zwei Wochen ein Essenspaket mit Basisprodukten wie Reis, Öl, Butter oder Seife.

Die luxemburgische Hilfe hat erlaubt, die Schule von Villages Pilote auszustatten
Die luxemburgische Hilfe hat erlaubt, die Schule von Villages Pilote auszustatten Foto: Martine Nicolay

Künstlerporträt

Der 53-jährige Autodidakt Mamadou Diallo, unter dem Künstlername Saadio bekannt, verbindet in seiner Kunst die senegalesischen Traditionen und die moderne Gesellschaft, er verknüpft auf humorvolle Art die Geheimnisse seiner Abstammung von den Peuhls mit den Symbolen der modernen Gesellschaft. Das in bunten Bildern, die jeweils einen spezifischen Aspekt des afrikanischen Alltagslebens in den Kontext der wuseligen senegalesischen Gesellschaft setzen. Saadio wurde 2004 von einer spezialisierten Pariser Galeristin entdeckt und gefördert. 2008 hat er sein Heimatland auf der Weltausstellung im spanischen Saragossa vertreten, seit 2011 hat er auch schon in Brüssel, Los Angeles, Freiburg, Barcelona, Paris und auch in Luxemburg ausgestellt.

Kindern eine Zukunft bieten

Hope ist eine im Juli 2020 gegründete gemeinnützige Organisation, mit dem Ziel, den Kindern in Senegal Perspektiven zu bieten. Wichtig ist dabei der durch Martine Nicolay entstandene direkte Kontakt. „Wir wissen, wo unser Geld hingeht“, betonen die Gründerinnen. Bei der Imadi-Initiative hat sie die Tatsache berührt, dass die Korbflechterinnen selbst weitergebildet werden bzw. ihren Kindern eine Ausbildung möglich gemacht wird. Hope unterstützt aber auch eine weitere senegalesische Initiative. Villages Pilote hilft den Straßenkindern in Dakar. Das sind größtenteils Talibé, Schüler der Koranschulen. Ein Kind in eine Daraas, eine Koranschule, zu schicken, war für viele Familien die Möglichkeit, ein hungriges Mäulchen weniger stopfen zu müssen und dem Kind eine Ausbildung zu ermöglichen. Allerdings trügt der schöne Schein.

Die Talibé müssen in ihren Schulen nicht nur beten, sondern vor allem betteln. Bringen sie am Abend nicht genug Geld, werden sie geschlagen. Die senegalesische Regierung kennt das Problem, überlässt die Lösung jedoch den Nicht-Regierungsorganisationen. Auch hier hat Martine Nicolay angepackt. Die freiwilligen Helferinnen von Village Pilote verteilen täglich bis zu 300 Sandwiches. Darüber hinaus betreuen sie seit 25 Jahren jährlich etwa 80 Straßenkinder, die ausgebildet und in die Gesellschaft eingegliedert werden. Mit der luxemburgischen Unterstützung wurde ein Kühlschrank gekauft, um die Produkte für die Sandwiches hygienegerecht zu horten.

Die Sandwich-Aktion ist in diesen Zeiten notwendiger denn je
Die Sandwich-Aktion ist in diesen Zeiten notwendiger denn je Foto: Martine Nicolay

Hëlleft eis hëllefen!

Mit 60 Euro unterstützen die Spender zwei Hilfswerke und den Künstler Saadio, von dem sie ein Bild bekommen. Hope Asbl. BCEE LU11 0019 5755 3706 0000