MotorsportLe Mans und Nürburgring: Zwei Motorsportklassiker binnen einer Woche

Motorsport / Le Mans und Nürburgring: Zwei Motorsportklassiker binnen einer Woche
Ein reduziertes Starterfeld und völlig leere Tribünen in Le Mans Foto: FIA/WEC/Harry Parvin

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24-Stunden-Rennen sind für Hardcore-Racing-Fans ein Highlight: Campen, Lagerfeuer und Feiern stehen normalerweise auf dem Programm, und dies über ein ganzes Wochenende. 2020 ist jedoch alles anders: So fanden die 24-Stunden-Rennen von Le Mans und vom Nürburgring nicht wie gewohnt im Mai, sondern erst im September statt, und zwar Corona-bedingt mit Masken und ohne bzw. mit nur sehr wenigen Zuschauern und Medienvertretern.

1968 wurden die traditionsreichen 24 Stunden von Le Mans wegen der Studentenunruhen in den September verlegt, diesmal war es die Covid-19-Pandemie, welche die Verschiebung bedingte. Dies bedeutete für die Piloten vor allem eine längere Nachtschicht, was sich aber im Nachhinein als problemlos erwies. Auch der angekündigte Regen blieb aus, sodass das Rennen ohne größere Probleme und ohne schwere Unfälle über die Bühne ging. Es gab insgesamt nur vier Safetycar-Phasen. Von 59 gestarteten Autos wurden 43 gewertet.

Wie in den letzten beiden Jahren triumphierte erneut ein LMP1 Toyota. Die Japaner hatten mit den privaten Teams Rebellion und ByKolles ja auch keine ebenbürtige Konkurrenz. So ganz ohne Probleme ging es aber auch bei den Japanern nicht. Nachdem das Auto von Buemi/Nakajima/Hartley am Samstagnachmittag bereits mit kleineren technischen Problemen zu kämpfen hatte, warfen in der Nacht Turboprobleme das Schwesterauto mit Kobaiashi/Lopez/Conway chancenlos zurück. Mit Platz zwei gelang Rebellion sein bestes Teamergebnis, sodass auch der Teamchef sich insgesamt zufrieden zeigte: „Uns fehlte einfach die Rennpace, besonders bei den Überholvorgängen im Verkehr.“ Das fünfte LMP1-Auto, der ByKolles, war einfach zu langsam, sowohl im Qualifying als auch im Rennen. Ein wegfliegender Heckflügel bedeutete schließlich das Aus der Mannschaft mit Dependance in Echternach.

Spannung bei den GT-Profis

Mit 24 Teilnehmern und gut einem Dutzend Sieganwärtern war die „kleine“ LMP2-Kategorie dieses Jahr das Highlight in Le Mans. Mit United Autosports gewann schließlich das Team, das in der WEC und in der European-Le-Mans-Serie bereits über die letzten Monate einen Sieg nach dem andern einfuhr. Die endgültige Entscheidung über den Sieg fiel jedoch erst in den letzten zehn Minuten, als der zweitplatzierte Jota-Oreca-Gibson von Davidson/da Costa/Gonzales zu einem letzten Splash & Dash an die Boxen musste und somit der Sieg für Albuquerque/Di Resta/Hanson sicher war. Die ebenfalls als Favoriten eingeschätzten Teams von Alpine und G-Drive mussten sich am Ende mit den Plätzen vier und fünf zufriedengeben. Das Racing Team Nederland mit Jungstar Nick de Vries und Routinier Guido van der Garde landete gar nur auf Gesamtrang 19. Dem viel mediatisierten Damenteam von Richard Mille Racing mit Tatiana Calderon/Sophia Flörsch/Beitske Visser unterliefen keine Fehler und somit landeten die Damen auf Rang neun in der LMP2 und 13 in der Gesamtwertung – ganz beachtlich für ein Le-Mans-Debüt.

Nachdem BMW und Corvette dieses Jahr in der GTE-PRO-Kategorie nicht mehr antraten und Porsche seinen Einsatz auf nur zwei Werkswagen reduziert hatte, blieben nur vier Ferrari, zwei Aston Martin und zwei Porsche übrig. Nachdem Porsche die Pole-Position erobert hatte, zeigte sich jedoch ab der ersten Rennrunde, dass die Zuffenhausener im Rennen nicht mithalten konnten. Viele verschiedene Mangel brachten mit sich, dass Porsche dieses Jahr ohne Chancen auf den Klassensieg war. Diesen machten Aston und Ferrari unter sich aus. Trotz magerer Besetzung blieb es dennoch spannend zwischen dem Aston Martin Nr. 97 von Martin/Lynn/Tincknell und dem Ferrari von PierGuidi/Calado/Serra. Unter anderem dadurch, dass Aston schonender mit den Bremsen war, vergrößerte die Nr. 97 am Sonntagmorgen ihren Vorsprung auf den Ferrari auf mehr als eine Minute und feierte zum Schluss ein Doppelpodium mit Martin/Lynn/Tincknell auf Platz eins und Thiim/Sörensen/Westbrook auf Platz drei.

In der GTE-AM-Kategorie waren 23 Autos am Start, davon nur zwei Aston Martin. Aber auch hier gelang den Engländern der Klassensieg mit dem englischen TF-Sport-Team von Yoluc/Adam/Eastwood. 

Regen am Nürburgring

Nachdem Porsche Le Mans nicht mit dem gewohnten Erfolg verlassen hatte, erwartete die Zuffenhausener bereits am Montag vor dem Nürburgring-Rennen die nächste Hiobsbotschaft: Drei Teammitglieder waren an Covid-19 erkrankt und somit entschloss man sich, alle Porsche-Werksfahrer, die in Le Mans dabei gewesen waren, sowie das Manthey-Team vom Nürburgring zurückzuziehen. Eine mutige und sehr lobenswerte Entscheidung, die die Gesundheit der Teammitglieder vor dem medialen Erfolg klar in den Vordergrund stellt.

Auch wenn dieses Jahr in der Eifel insgesamt weniger Autos am Start waren, gab es doch fast 30 Anwärter auf den Gesamtsieg. Vom Regen, der in Le Mans angekündigt war und nie ankam, gab es in der Grünen Hölle genug, sowohl beim Training, Qualifying wie auch im Rennen. Letzteres musste sogar zwischen Samstag 22.30 Uhr und Sonntag 8.00 Uhr unterbrochen werden. An Spannung und Abwechslung sollte es aber in der verbleibenden Renndauer nicht fehlen. Über den ganzen Samstag wechselten sich die zwei Mercedes von HRT (Christodoulou/Engel/Stolz/Metzger) und Getspeed (Schiller/Götz/Buhk/Marciello) an der Spitze ab, bis sie sich beide durch separate Unfälle verabschiedeten. Danach übernahm Audi das Sagen, dicht gefolgt von einer Armada von BMW, die mit den abtrocknenden Bedingungen am Sonntagmorgen am besten zurechtkamen.

Von nun an lieferten sich die beiden bayrischen Marken ein Hin und Her an der Spitze, das dann mit dem ersten Sieg für ROWE und dem 20. BMW-Gesamtsieg beim Nürburgring-24-Stunden-Rennen endete. „Dies war das schwierigste Rennen meiner Karriere. Man musste genau die richtige Entscheidung zum passenden Moment treffen und durfte vor allem nicht den geringsten Fehler begehen!“, meinte Nick Catsburg, der genau wie Alexander Sims auch bereits die 24 Stunden von Spa gewonnen hat. Hinter Catsburg/Sims/Yelloly und Haase/Winkelhock/Bortolotti (Audi) belegte der Schnitzer-BMW von Farfus/van der Linde/Klingmann/Tomczyk den dritten Podestplatz. Die zeitweise führenden Phoenix- und Land-Audis handelten sich Strafen ein und brachten sich unter anderem dadurch um alle Chancen auf den Gesamtsieg. Porsche war über das gesamte Rennen nie ganz vorne zu finden. Auf Platz sieben war der Frikadelli-911er mit dem frischgebackenen Le Mans-GTPRO-Sieger Maxime Martin, zusammen mit dem in Luxemburg wohnenden Mathieu Jaminet sowie Lance David Arnold und Lars Kern die beste Mannschaft aus Zuffenhausen.

Man muss feststellen, dass die diesjährigen 24 Stunden erneut ein vom wechselhaften, nasskalten Eifelwetter und somit von der Reifenwahl bestimmtes, äußerst hartes Rennen waren, das bis zum letzten Boxenstopp unentschieden blieb. Genau wie in Le Mans blieben auch in der Eifel größere Unfälle aus. Dies spricht für die Disziplin aller Fahrer, wenn man die großen Geschwindigkeitsunterschiede der verschiedenen Klassen und das miserable Wetter dieses Jahres bedenkt.

Ergebnisse

24 Stunden Nürburgring:
Carlos Rivas / Porsche GT3 Cup – Platz 22 (Sieger SP-PRO Pro-Am)
Daniel Bohr / Porsche 718 Cayman GT4 – Platz 39 (4. Cup 3)
Charles Kauffman / Porsche 911 GT3 Cup II – Platz 45 (Sieger AT / Biokraftstoff)
Yann Munhoven & Alain Pier / Porsche 718 Cayman GTS – Platz 52 (Sieger SP4 T)
Bob Wilwert / Porsche 991 Cup – nicht gewertet