Vor dem RuhestandInterview mit General Duschène: „Die Armee ist immer dann zur Stelle, wenn sie gebraucht wird“

Vor dem Ruhestand / Interview mit General Duschène: „Die Armee ist immer dann zur Stelle, wenn sie gebraucht wird“
Besonders in Krisenzeiten kann sich eine Armee beweisen: Der scheidende General und Stabschef Alain Duschène ist stolz auf den Einsatz seiner Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten während der Pandemie.  Foto: Lëtzebuerger Arméi

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General Alain Duschène tritt heute in den Ruhestand. Nach 42 Jahren im Dienst der Luxemburger Armee überlässt er den Posten des Stabschefs nun Colonel Steve Thull. An seinem letzten offiziellen Arbeitstag hat sich der scheidende General mit dem Tageblatt über seine Karriere unterhalten, die Herausforderungen, die jetzt noch auf die Armee zukommen, und was ein hoher Offizier im Ruhestand alles vorhat. 

Tageblatt: General Alain Duschène, was tut ein Stabschef der Luxemburger Armee an seinem ersten Tag im Ruhestand?

Alain Duschène: Als Erstes höre ich auf meine Frau! Sie hat sich bereits einige Aufgaben für mich ausgedacht. Jahrelang habe ich entschieden, wie mein Tag verläuft. Zu Hause hat jetzt aber meine Ehefrau das Sagen. Sie ist der Boss (lacht)! Aber im Ernst: Jetzt widme ich mich meiner Familie. Die ist jahrelang zu kurz gekommen. Mit meinen drei Enkeln werde ich das nachholen, was ich mit meinen Kindern aus Zeitgründen nicht machen konnte. Die freuen sich jetzt schon, wenn Opa abends nach Hause kommt. Ob das aber so bleibt, wenn Opa den ganzen Tag über zu Hause ist? (lacht)

42 Jahre haben Sie der Luxemburger Armee gedient. Mit welchem Gefühl treten Sie heute in den Ruhestand?

1978 bin ich der Armee als freiwilliger Soldat beigetreten, heute verlasse ich sie als General und Stabschef. Auf diesen Werdegang bin ich ganz besonders stolz. Ich bin aber auch meiner Familie dankbar, die mich in dieser Zeit stets unterstützt hat. Diesen Rückhalt sollte man nicht unterschätzen: Ab und zu stehen auch weniger rosige Zeiten an. In diesen Augenblicken sollte man sich glücklich schätzen, eine Familie zu haben, die einem den Rücken freihält.

In welchem Punkt hat sich die luxemburgische Armee in all diesen Jahren am meisten verändert?

Mir fallen an erster Stelle der technische Wandel und die Ausrüstung ein. Vor allem auf digitaler Ebene hat sich in den letzten Jahrzehnten viel getan. Ein Trend, der sich in Zukunft noch fortsetzen wird. Positiv aber ist, dass der Nachwuchs mit den Herausforderungen gewachsen ist. Für die neuen Rekruten ist der Umgang mit den neuen Technologien durchaus normal.

Leider hatte das Korps lange Zeit mit einem Imageproblem zu kämpfen. Inzwischen aber scheint sich das Bild in der Öffentlichkeit etwas gewandelt zu haben, wenn man jüngsten Umfragen Glauben schenken kann …

Unsere Öffentlichkeitsarbeit der letzten Jahre hat Früchte getragen. Inzwischen kümmern sich zwei Mitarbeiter in Vollzeit um die Kommunikation und Pressearbeit, mit besonderem Fokus auf die sozialen Medien. Am liebsten aber lassen wir unsere Arbeit für uns sprechen. Jüngste Krisen, wie die Überschwemmungen im „Ärenzdall“, der Tornado oder die Covid-Pandemie haben gezeigt, dass die Armee immer dann zur Stelle ist, wenn sie gebraucht wird. In diesen Fällen haben wir schnell und gezielt gehandelt. Genau das wird von den Bürgern gewürdigt. Indessen freuen sich die Soldaten und Unteroffiziere, dass sie helfen können. Sie fühlen sich in ihrer Arbeit bestätigt.

Welches Bild muss eine moderne Armee im Jahr 2020 abgeben können?

Eine moderne Armee muss immer auf dem neuesten Stand sein, mit dem Wandel Schritt halten können. Genau das haben unsere Leute bereits intus! Eine moderne Armee muss aber auch imstande sein, sich immer wieder infrage zu stellen, um in bestimmten Situationen besser reagieren zu können.

Welche Herausforderungen kommen in den nächsten Jahren noch auf Ihren Nachfolger und die Truppe zu?

Die größte Herausforderung ist das Personal. Die Regierung hat vor kurzem einen Rekrutierungsplan genehmigt, den wir aufgestellt haben. Uns wurden die nötigen Mittel zugesagt, um das Korps zahlenmäßig zu erweitern. Das ist aber nur ein erster Schritt. Nun gilt es auch das richtige Personal zu finden. Dabei bedienen sich Armee, Polizei, Rettungsdienste und Haftanstalten quasi alle aus dem gleichen Pool an Kandidaten. Unsere Aufgabe ist es nun, die besten Perspektiven zu bieten, damit die Leute zu uns wollen. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die Rekruten anschließend auch bei uns bleiben. Das erreichen wir, indem wir ihnen dabei helfen, sich in diesem doch außergewöhnlichen Militär-Milieu zurechtzufinden. Nur dann sind die Leute auch zufrieden. Und zufriedenes Personal leistet eine gute Arbeit.

General Alain Duschène nimmt sich an seinem letzten offiziellen Arbeitstag nochmals Zeit, dem Tageblatt Rede und Antwort zu stehen
General Alain Duschène nimmt sich an seinem letzten offiziellen Arbeitstag nochmals Zeit, dem Tageblatt Rede und Antwort zu stehen Foto: Eric Hamus

Nach 42 Dienstjahren kann man wohl behaupten, dass Ihnen die Armee offensichtlich viel zu bieten hatte …

Es gab viele Höhepunkte, das stimmt. Als junger Chef einer Mörsereinheit durfte ich während einer internationalen Übung etwa an einem Rennen teilnehmen, bei dem neben der Geschwindigkeit auch Geschicklichkeit gefragt war. Damals gelang es mir, zusammen mit meinem Co-Piloten die Konkurrenz aus den USA, Großbritannien, Deutschland und Italien zu distanzieren. Das war schon etwas Besonderes für eine Einheit aus dem kleinen Luxemburg. (lacht) Bei Highlights denke ich aber auch an meinen Flug in einem Militärjet: Etwas Eindrucksvolleres habe ich in den 42 Jahren nicht erleben dürfen. Auch nicht beim Fallschirmsprung. Außerdem durfte ich Luxemburg als junger Major beim Eurocorps in Straßburg vertreten. Auf einer Ebene mit den Generälen, die aus den anderen Nationen entsandt wurden. Das hat mir sehr viel Erfahrung eingebracht. Gute Erinnerungen habe ich auch an ein Film-Konzert in der Philharmonie kurz nach meiner Ernennung zum neuen Stabschef und den Besuch des belgischen Königs in der Kaserne in Diekirch. Ein ausländischer Monarch auf dem Herrenberg: Das hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Ein ganz besonderes Highlight aber war es, bei den Naturkatastrophen und Krisen der letzten Jahre in Luxemburg dazu beitragen zu können, dass unsere Soldaten ihren Mann, respektive ihre Frau stehen und beweisen konnten, dass die Armee immer dann zur Stelle ist, wenn sie gebraucht wird.

Gibt es auch etwas, was Sie bedauern?

Spontan fällt mir zu diesem Punkt das neue Organisationsgesetz ein. Daran arbeiten wir schon seit längerem. Es soll auch in Kürze auf den Instanzenweg. Doch hätte ich mir gewünscht, dass dies noch zu meinen Zeiten passiert.

Ein besonders dunkles Kapitel war wohl der tödliche Unfall im Munitionsdepot auf Waldhof, bei dem zwei Unteroffiziere ums Leben kamen und zwei weitere schwer verletzt wurden. Wie geht man als Offizier mit dem Verlust von Menschenleben um?

Die Armee ist eine große Familie. Und es schmerzt unheimlich, wenn jemand aus dieser Familie herausgerissen wird. Sämtliche Angehörige sind schwer getroffen, auch der Chef. Als Offizier aber muss man seine Gefühle hinten anstellen, um den anderen Soldaten Halt zu bieten. Auch wenn es schwerfällt, muss es weitergehen. Oberste Priorität aber ist es, den Hinterbliebenen zur Seite zu stehen. Meine größte Sorge war es damals, den Angehörigen so weit zu helfen, dass sie sich nicht mit administrativen Angelegenheiten herumplagen mussten. Dabei haben mir viele Mitarbeiter im Generalstab geholfen, allen voran meine Assistentin. Wichtig ist, dass wir helfen konnten. Denn die Hinterbliebenen tragen immer noch schwer an ihrem Verlust. Weit mehr als wir.

Abschließend noch eine Frage zur „Causa Schleck“: Gibt es etwas, das Sie im Nachhinein anders handhaben würden?

Ja: Nicht so gutgläubig sein!

Guy
30. September 2020 - 14.50

tanner / 29.9.2020 - 15:10 dei gin nemmen an der Kichen gebraucht....

tanner
29. September 2020 - 15.10

Gebraucht wird? Er meint wohl, dass sie sich für verschiedene Einsätze in der Welt 1-2 Leute hin schicken oder auch mal mehr, weil diese Zeit doppelt für die Pension zählt? 'Brauchen' ist was anderes, man hat ja nicht mal mit ihnen geredet als ein Satellit gekauft wurde.