/ Heute geht das Katz-und-Maus-Spiel weiter
Bei der Tour de France ist es wie beim Schach. Es gibt eine Hängepartie zwischen Andy Schleck und Alberto Contador. Beide neutralisierten sich im Anstieg nach Ax-3 Domaines, wo der Franzose Christophe Riblon siegte und für den 4. französischen Erfolg bei dieser Tour sorgte. Seit 1997 (6 Siege) gab es nicht mehr so viele. Die Samstag-Etappe gewann Alexandre Vinokourov.
Aus Ax-3Domaines berichten „T“-Redakteur Kim Hermes (khe) und „T“-Radsportexperte Petz Lahure (P.L.)
„Drei der vier Pyrenäen-Etappen werden die Entscheidung bringen“, hatte Andy Schleck im Vorfeld der Tour gesagt, wobei er gleich betonte, dass das Teilstück von morgen Dienstag zwischen Bagnères-de-Luchon und Pau sich kaum für eine „spezielle Nummer“ eignen würde. In Frage kamen also nur die gestrige Auffahrt nach Ax-3 Domaines, die heutige Etappe über den Kim-Kirchen-Berg Port de Balès und die Ankunft am Donnerstag auf dem Scheitel des Col du Tourmalet.
Die erste dieser Etappen ist nun gefahren, und sie gebar eine Maus. Die beiden Hauptanwärter auf den Gesamtsieg, Andy Schleck und Alberto Contador, neutralisierten sich und gaben ihren direkten Verfolgern in der Gesamtwertung, Samuel Sanchez und Denis Menchov, Gelegenheit, sich ihnen zu nähern. Menchov (2.) und Sanchez (3.) trafen 54 Sekunden hinter dem überraschenden Sieger Christophe Riblon im Ziel ein und lagen 14 Sekunden vor Andy Schleck (4.) und Alberto Contador (7.) die mit einer kleinen Gruppe über den Strich fuhren.
„Sur place“
Das ist an und für sich nicht tragisch, doch müssten die beiden wissen, dass sie diese Tour nicht allein bestreiten und die anderen auch mitfahren. Gewiss, Schleck und Contador sind die ganz großen Favoriten auf den Gesamtsieg, und wenn nichts Unvorhersehbares geschieht, sind sie die Einzigen, die in Paris den Schlusssieger stellen können. Aber wie schnell ist ein Malheur passiert …
Im letzten Anstieg nach Ax-3 Domaines versuchte Alberto Contador mehrere Male, Andy Schleck abzuhängen. Keiner seiner Versuche aber fruchtete. Schleck konterte immer wieder mit Erfolg und blieb im Hinterrad des Spaniers. Selbst wollte er die Initiative nicht ergreifen, so dass man sich im Anstieg manchmal wie bei einem Sprinterrennen auf der Bahn vorkam.
Der Psycho-Krieg in der Steigung nach Ax-3 Domains endete ohne Sieger. Es gibt wie beim Schach eine Hängepartie, die heute ausgetragen wird. Dabei strotzt Andy vor Selbstvertrauen: „Ich habe unseren Plan befolgt. Wir hatten die Taktik innerhalb des Teams so ausgearbeitet“, sagte er nach der Ankunft. „Ich sollte ganz einfach im Hinterrad von Alberto bleiben. Ich habe noch zwei Chancen, um den Vorsprung im Hinblick auf das Einzelzeitfahren vom Freitag auszubauen. Meiner Meinung nach reichen 1’30“, um das Maillot jaune in Bordeaux zu behalten.“
Wenn man sich auf das Resultat vom letzten Jahr beim „contre la montre“ in Annecy basiert, dürften 1’30“ ein absolutes Minimum darstellen. Andy käme zwar zugute, dass er mit dem Bonus des „Maillot jaune“ auf dem Rücken starten könnte, doch würde ein Abstand von zwei Minuten und mehr ihm zu mehr Ruhe und Gelassenheit verhelfen.
Andy hat einen Plan
Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden Stars der Tour de France geht also in die nächste Runde. Andy verteidigte das Gelbe Trikot problemlos und trägt es am heutigen Montag zum sechsten aufeinander folgenden Mal. Der Leader im Saxo-Bank-Team hat Contador, in dessen Hinterrad er im letzten Anstieg fuhr, gestern lange beobachten können. Er hat gesehen, wie er reagiert, und muss sich für heute eine andere Taktik zurechtlegen.
Wie Andys Plan aussieht und ob er damit Erfolg haben kann, wird erst die Auseinandersetzung auf dem Terrain ergeben. Contador ist ja auch kein Weichei, immerhin gewann er zweimal die Tour de France (2007, 2009). Es wird also nicht so einfach sein, ihn im Port de Balès abzuhängen. Das aber ist nötig, damit Andy seinen Vorsprung auf den Spanier vergrößern kann. Sollte es nicht klappen, bleibt immer noch die Ankunft auf dem Tourmalet am Donnerstag. Das aber ist Andys letzte Chance.
Am Samstag „feierte“ die Tour Alexandre Vinokourov, einen Fahrer, der trotz seiner Vergangenheit ganz ohne Unrechtsbewusstsein auszukommen scheint. Damit muss der Sport umgehen, so schlimm es auch sein mag. Im Wiederholungsfall drohen lebenslange Sperren. Ähnlich wie Ivan Basso (Giro d’Italia) oder Riccardo Ricco (Österreich-Rundfahrt), ist Vinokourov einer von vielen, die des Dopings überführt und gesperrt wurden, nichts zugaben, zurückkamen und eifrig weitersiegen.
So gewann der 36-jährige Kasache (geb. am 16.9.1973) im Frühjahr Liège-Bastogne-Liège. Im Laufe seiner Karriere wurde er viermal Erster bei einer Teilstrecke der Tour de France, darf aber nur den Etappensieg von Gap 2003 und das Solo von Revel in seinem Palmarès aufführen. Die beiden Erfolge aus dem Jahr 2007 (Albi und Loudenvielle) bekamen Cadel Evans und Kim Kirchen zugeschrieben, weil „Vino“ wenig später des Fremdblutdopings überführt wurde.
P.L.
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