Alain spannt den BogenHaydn und Dvořák im Retro-Look

Alain spannt den Bogen / Haydn und Dvořák im Retro-Look
Leonidas Kavakos Foto: Sébastien Grébille

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Ich schätze den Violinisten Leonidas Kavakos sowohl als Solist wie auch als Kammermusiker sehr. Hier leben seine Interpretationen von einer enormen Gestaltungskraft, einem untrüglichen Sinn für Stil und Struktur sowie einem immer adäquaten musikalischen Ausdruck. Als Violinist ist Kavakos ein Meister der Rhetorik und des Unaufdringlichen, ein Feingeist auf seinem Instrument und ein Magier der schönen Töne.

Umso gespannter waren wir auf den Dirigenten Leonid Kavakos, der als Artist in residence am vergangenen Donnerstag das 1. Cellokonzert von Josef Haydn sowie die 7. Symphonie von Antonín Dvořák zusammen mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg aufführte.

Es war in meinen Augen ein eher mittelmäßiges Konzert und Kavakos blieb hinter den hochgesteckten Erwartungen dann doch zurück. Bereits der erste Satz des Haydn-Konzerts enttäuschte durch enorm unpräzise und zögerliche erste Geigen, die Kavakos eigentlich nie richtig in Einklang mit dem Solisten Gautier Capuçon bringen konnte.

Zudem ließ Kavakos die Musiker dort, wo sie den Solisten direkt begleiteten, viel zu leise aufspielen, sodass das Orchesterbild eher wässrig-trüb daherkam. Ebenfalls optierte der Dirigent für einen eher altmodischen Unisono-Klang mit breiten Tempi und fehlender Attacke, sodass dieser Haydn ohne Ecken und Kanten (ab dem zweiten Satz) von orchestraler Seite zwar angenehm zu hören, aber interpretatorisch völlig uninteressant war. Das war schade, wartete doch Gautier Capuçon mit einem ungemein dramatischen, hochvirtuosen und teilweise recht wildem, markanten Spiel auf, das Kavakos’ weicher Interpretation diametral entgegengesetzt schien.

Großer Orchester-Moment bei Dvořák

Das Orchester, das hier bei Haydn wirklich nicht glänzte, bekam seine großen Momente dann bei Dvořák. Aber als hätte es Dirigenten wie Abbado, Boulez oder Sinopoli nie gegeben, gab sich Leonidas Kavakos hier viel zu oft einem blechlastigen, lauten und undifferenzierten Orchesterspiel hin.

Das klang dann alles recht deftig und z.T. sogar beeindruckend, zumal sich das OPL als recht spielfreudig erwies, von einer wirklich guten Dvořák-Interpretation waren wir aber weit entfernt. Kavakos verpasste es, Fragen zu stellen und somit zum Kern der Musik vorzudringen. Was eigentlich erstaunt, denn gerade das ist doch seine Stärke als Violinist.

Der Versuch, dem Publikum überdeutlich zu machen, wie nahe dies Symphonie doch an Brahms’ Dritte herankommt, war nicht nötig und die gesamte Interpretation klang darüber hinaus etwas veraltet. Die 7. Symphonie, in meinen Augen die beste des tschechischen Komponisten, lebt von der düsteren, dramatischen Stimmung, den fahlen Farben und den vielen Nebenstimmen.

All dies wurde von Kavakos in ein sehr pauschales Klangpaket geschnürt und mit viel Dynamik und Lautstärke gewürzt, sodass diese 7. Symphonie recht plakativ und virtuos daherkam, bei aller Klangpracht aber oberflächlich blieb und Tiefe und Bedrohlichkeit vermissen ließ. Allenfalls den böhmischen Charakter des Scherzos und die kämpferische Komponente des Finales wusste Kavakos überzeugend in Szene zu setzen. Wohlgemerkt, dies war ab dem zweiten Satz des Haydn-Werkes kein wirklich schlechtes Konzert, aber einen nachhaltigen Eindruck als Interpret und Dirigent konnte Leonidas Kavakos in keinem Moment hinterlassen.