Freud’ und Leid bei den Gebrüdern Schleck

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Fabian Cancellara eroberte das „Maillot jaune“ zurück und half Andy Schleck, seine Konkurrenten Alberto Contador und Lance Armstrong zu distanzieren. Frank Schleck stürzte schwer auf den „Pavés“ und brach sich das Schlüsselbein gleich dreimal.


Aus Arenberg berichten „T“-Redakteur Kim Hermes (khe) und „T“-Radsport-Experte Petz Lahure (P.L.)

Lance Armstrong muss ein Hellseher gewesen sein, als er im Vorfeld der gestrigen Etappe über die Kopfsteinpflaster vor einem „Blutbad“ warnte. Armstrong sah einen „hektischen Tag“ voraus, an dem nur noch 30 oder 40 Fahrer vorne bleiben würden. Im selben Zusammenhang sprach Jens Voigt von einer „überflüssigen Gefährdung der Gesundheit der Radprofis“. Originalzitat: „Wir werden den einen oder anderen Fahrer mit gebrochenem Arm oder Schlüsselbein auf der Strecke lassen.“ Und Bjarne Riis wies darauf hin, dass man auf den Pavés die Tour nicht gewinnen, aber durchaus verlieren könne.

Wie recht sie doch alle hatten! Niemand aber hätte ahnen können, dass es die eigene Mannschaft treffen würde. Kaum war das Peloton (oder besser gesagt das, was von ihmübrig blieb) in den Pavé-Sektor Nummer vier in Sars-et-Rosières eingefahren, als auch schon Alarm geschlagen wurde. Frank Schleck war gestürzt und hart auf dem Boden aufgeschlagen. Er blieb regungslos liegen, das linke Schlüsselbein war lädiert. In der Klinik von Valenciennes stellten die Ärzte nach der Röntgenuntersuchung einen dreifachen Bruch fest. Frank Schleck wurde am Abend nach Luxemburg überführt, wo er noch in der Nacht operiert werden sollte.A. Schleck: Der Kampf um Gelb 

Cadel Evans (3.) – 0:30

Andy Schleck (6.) 0:00

A. Vinokourov (8.)+0:22
Alberto Contador (9.)+0:31
Denis Menchov (13.)+0:40
Bradley Wiggins (14.) +0:40
Roman Kreuziger (16.)+1:15
L.L. Sanchez (17.)+1:16
Lance Armstrong (18.)+1:21
Levi Leipheimer (24.)+1:44
Carlos Sastre (48.)+2:11
Ivan Basso (49.)+2:11
Damiano Cunego (174.)+22:02 

„Cancis“ Meisterstück

Das Glück, das dem zweimaligen Fünften der Tour bisher bei all seinen vorherigen Stürzen zur Seite stand, war auf einmal weg. Frank musste in das Spital von Valenciennes eingeliefert werden. Für ihn war die Tour de France, bei der er aufs Podium fahren wollte, beendet. Dasselbe galt auch für den Franzosen Le Lay (Schlüsselbein- und Ellbogenbruch) und den Australier Simon Gerrans (schwere Gesichtsverletzungen).

Ungefähr zur selben Zeit, als Frank Schleck zu Boden ging, blies Fabian Cancellara, der die Schlecks über die Pavés führen sollte, zur Attacke. „Wir hatten keine andere Wahl“, sagte der Schweizer, der mit Franks Bruder Andy am Hinterrad den Tour-Mitfavoriten Alberto Contador und Lance Armstrong davonpreschte. „Es tut mir wirklich sehr leid um Frank“, meinte Cancellara, als er in Arenberg das „Maillot jaune“ zurückerobert hatte. „Wir durften nach dem Malheur nicht zurück-, sondern mussten nach vorn blicken. Ich sagte Andy, es wäre jetzt an der Zeit, den anderen Konkurrenten Sekunden abzuknöpfen. Wir mussten rollen, es blieb uns keine andere Wahl.“

In Arenberg konnten „Canci“ und Andy mit ihrer Bilanz zufrieden sein. Beide waren die großen Gewinner des Tages. Cancellara streifte das „Maillot jaune“ über, das er tags zuvor an Sylvain Chavanel verschenkt hatte, während Andy Schleck sich in der Gesamtwertung auf den sechsten Rang nach vorn arbeitete und dabei gleichzeitig einen 42-Sekunden-Rückstand gegenüber Alberto Contador in einen Vorsprung von 39 Sekunden umwandelte.

Armstrong raus?

Der Toursieger von 2007 und 2009 (gestern 13. auf 1’13“) und Lance Armstrong, den ein Reifenschaden auf 2’08“ zurückwarf, waren die großen Geschlagenen der gefürchteten Kopfsteinpflaster-Etappe. Der Amerikaner liegt nun in der Gesamtwertung auf Rang 18 mit 1’21“ Verspätung auf Andy Schleck.

Im Team Saxo Bank gab es am Abend gemischte Gefühle. Frank Schleck hatte man „verloren“, gleichzeitig aber das Gelbe Trikot zurückgewonnen und Andy Schleck in eine aussichtsreiche Position gebracht.

Armstrong scheint aus dem Rennen um den Gesamtsieg, während neben Contador nun Cadel Evans (Dritter der Gesamtwertung auf 39″) der gefährlichste Konkurrent von Andy Schleck ist. Den jungen Geraint Thomas (Zweiter im Generalklassement auf 23″) und den erstaunlichen Ryder Hesjedal (Vierter auf 46″) aber darf man auch nicht aus dem Auge verlieren. Etappensieger in Arenberg wurde der norwegische Meister Thor Hushovd, dessen Wut vom Vortag über den „neutralisierten“ Sprint in Freude umschlug, als er gestern das „Maillot vert“ übergestreift bekam. Für ihn war es der siebte Sieg bei der Tour de France.

P.L.