/ Frank Schleck: Zum Zuschauen verdammt

Aus Paris berichten Kim Hermes (khe), Petz Lahure (P.L.) sowie Jeff Lahr und Gerry Schmit (Fotos)
Er hat von seinem Bruder geredet, den das Sturzpech auf der Pavé-Etappe mit einem Schlüsselbeinbruch nach Hause geschickt hatte. Ironie des Schicksals, es war genau jene Etappe, bei der Andy Schleck wichtige Zeit auf Alberto Contador gutgemacht hat. Der Preis war allerdings hoch. Vielleicht entscheidend. Wie gesagt: „… wenn er dabei gewesen wäre.“
Andy Schleck hat, wie er erst später zugegeben hat, anfangs ziemlich darunter gelitten, dass sein Bruder nicht mehr an seiner Seite war. Die beiden telefonierten aber fast täglich. „Er sagt mir, dass ich ruhig bleiben soll und dass er sehr viel Vertrauen in mich hat für diese Tour“, verriet Andy Schleck am Ruhetag in Morzine. Aber auch, dass Frank Schleck natürlich traurig sei, nicht mehr dabei zu sein. Ansonsten wisse er aber auch so, was er zu tun habe, so Andy Schleck.
Am zweiten Ruhetag in Pau wog das Fehlen des großen Bruders schon schwerer: „Eine unserer besten Karten war Frank. Er war in einer super Form, vielleicht sogar besser als ich. Er kam gerade aus der Tour de Suisse, die er gewonnen hatte, und war auf einem Top-Level. Ich zweifele nicht daran, dass er jetzt unter den ersten drei der Gesamtwertung wäre.“ Am Ende der Tour war er sich sicher, dass einer der beiden die Tour gewonnen hätte, wenn Frank dabei gewesen wäre.
Zwar gibt es nur wenige, die Frank Schleck als Tour-Anwärter sahen, aber das ficht die beiden nicht an. Frank Schleck hatte es schon zu Saisonbeginn gesagt, dass er an seine Chance glaubt. Wer das mit einem Lächeln abtun wollte, machte bei der Tour de Suisse große Augen, als Schleck am Ende der Gesamtsieger war. In einem Einzelzeitfahren hatte er die Rundfahrt gedreht und auch wenn eine Tour de Suisse nicht mit einer Tour de France zu vergleichen ist, stand eines fest: Frank Schleck war in einer Bombenform und eine der Trumpfkarten im Team Saxo Bank. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag auf dem Kopfsteinpflaster von Paris-Roubaix.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die meinen, das Fehlen von Frank hätte Andy Schleck befreit, u.a. Bjarne Riis, der allerdings einräumte, dass es Etappen gab, wo er eine große Hilfe hätte sein können. Gemeint waren die Berge. „Contador kann einem von uns hinterherfahren, aber nicht uns beiden“, hatte Andy Schleck gesagt.
Die Doppelspitze hätte die Trumpfkarte des Teams sein sollen. Aber der ältere Bruder war zum Zuschauen verdammt und konnte nicht viel mehr tun, als Andy vor dem Fernseher anzufeuern und über Telefon aufzumuntern, wenn nötig. So twitterte er sich durch die Tour, statt selber eine entscheidende Rolle zu spielen.
Gestern ist er dem Tour-Feeling bei der Ehrenrunde auf den Champs-Elysées wieder am nächsten gewesen. Mit einem kühlen Bier wollte er auf Andy warten, nächstes Jahr sei es sein Ziel, ihn bei der „Grande Boucle“ zu schlagen, hatte er angekündigt. Und vielleicht ist ja Alberto Contador in seinem Gelben Trikot vorbeigefahren und hat insgeheim gedacht, „Gut, dass der nicht auch noch dabei war.“ Aber Geduld. „Wir sind beide noch jung“, hat Andy Schleck gesagt. Und 2011 gibt es wieder eine Tour de France. Mit Contador und Schleck … und Schleck.
khe
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