WeltraumESA-Generaldirektor: „Luxemburg hat einen guten Riecher“

Weltraum / ESA-Generaldirektor: „Luxemburg hat einen guten Riecher“
Johann-Dietrich Wörner, Geschäftsführer der ESA Foto: AFP/Kenzo Tribouillard 

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Gemeinsam mit dem Forschungszentrum LIST und der Luxemburger Weltraumagentur LSA ist die Europäische Weltraumagentur ESA einer der drei Partner des neuen Innovationszentrums European Space Resources Innovation Centre (ESRIC). Das Tageblatt hat mit ESA-Generaldirektor Jan Wörner gesprochen.

Tageblatt: Warum sind Sie so begeistert von der Initiative aus Luxemburg?

Jan Wörner: Da gibt es mehrere Antworten. Ich bin immer wieder froh, wenn Mitgliedsländer der ESA spezielle Themenbereiche für sich finden. Das ist gut für die Raumfahrt. Und Luxemburg hat in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass es einen guten Riecher hat. Man denke an die Kommunikation per Satellit. Zudem hoffe ich, dass wir nicht nur für ein paar Stunden auf dem Mond bleiben, wenn wir nun wieder dorthin fliegen. Der Weltraum, Mars und Mond – alles ist voller Ressourcen. Das Wasser auf dem Mond kann für Menschen, Pflanzen und sogar für Raketentreibstoff genutzt werden. Das Material zum Bau von Schutzräumen (vor Strahlung) kann nicht bis auf den Mond transportiert werden. Es gilt, die Rohstoffe vor Ort zu nutzen. Auch gibt es auf und um den Mond bereits viele alte Geräte. Die kann man recyceln. Die Rover der Apollo-Missionen stehen seit 50 Jahren da. Auch in der Umlaufbahn fliegt viel ungenutzt herum (zum Beispiel Satelliten ohne Treibstoff oder das Auto von Elon Musk). Das sind viele teure Bauteile … Die soll man nutzen.

Immer wieder fällt das Stichwort „moon village“. Was steckt dahinter?

Die Idee hatte ich vor mehr als zehn Jahren formuliert. Ich erntete damals aber viel Kritik: Der Mond sei ein toter Stein, hieß es. Es werde keine Mond-Missionen mehr geben. Heute jedoch ist der Mond wieder spannend. Es gibt Wasser. Die Rückseite eignet sich für den Bau eines Observatoriums. Das „moon village“ ist ein Konzept: Viele Partner mit unterschiedlichen Interessen, die zusammen an einem Ort auf dem Mond aktiv sind … So wie ein richtiges Dorf. Vielleicht ein Camp, wo man verweilen kann – vielleicht aber auch nur eine Bündelung von Kompetenzen. An eine Dauerbesiedlung des Mondes glaube ich nicht. Die Erde ist und bleibt der schönste Ort. Dennoch braucht es Einrichtungen – für die Forschung, die Technik, vielleicht für Tourismus, ein Observatorium. In etwa so wie heute auf dem Südpol.

Wie lange wird es noch dauern, bis wir Menschen auf dem Mond haben?

Das „moon village“ ist kein Bebauungsplan. Es geht um das Konzept, die Raumfahrtgemeinde zusammenzubringen. Und das ist bereits passiert. Die USA fliegen zum Mond, Europa fliegt zum Mond. Die Idee ist umgesetzt. Das „Dorf“ existiert. Es besteht Zusammenarbeit rund um den Mond. Das macht mich froh.

Was bringt die ESA mit nach Luxemburg, in das neue Innovationszentrum?

Wenn die ESA einen derartigen Vertrag unterzeichnet, dann öffnet das die Türen zu unseren Technologien, zu unseren Experten. Beispielsweise haben wir eine Maschine, um mittels 3D-Druck Bausteine aus Mondstaub herzustellen. Es ist eine Partnerschaft, eine direkte Verbindung zur ESA. Wir wollen zum Mond – und ESRIC kann einen Beitrag hierzu leisten.

Wie wichtig ist Luxemburg, um diese Art der Forschung voranzubringen?

Luxemburg ist eines von 22 Mitgliedsländern der ESA. Es hat sich immer im Bereich Innovation besonders ausgezeichnet – sowohl im Land als auch für die ESA. Auch hat es den Direktor immer gerne bei neuen Vorhaben unterstützt. Luxemburg steht für höhere Geschwindigkeit – und das brauchen wir. Ich komme immer wieder gerne nach Luxemburg.

Vor einigen Monaten hieß es, der ehemalige Luxemburger Wirtschaftsminister Etienne Schneider würde Ihr Nachfolger bei der ESA werden …

Das hätte mir gut gefallen. Er hat viel Dynamik mit in den Sektor gebracht. Doch leider hat er sich nicht für den Posten beworben. Das bedauere ich sehr.