Ein Jahr nach dem RücktrittErmittlungen der Justiz zum Fall Roberto Traversini dauern an

Ein Jahr nach dem Rücktritt / Ermittlungen der Justiz zum Fall Roberto Traversini dauern an
Die „Gaartenhaischen“-Affäre rund um den ehemaligen Differdinger Bürgermeister schlug vor einem Jahr Wellen Foto: Editpress/Julien Garoy

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Am 20. September 2019 hatte Roberto Traversini („déi gréng“) seinen Rücktritt als Differdinger Bürgermeister bekannt gegeben. Rund eine Woche später legte er auch sein Amt als Abgeordneter nieder. Exakt ein Jahr danach laufen die Ermittlungen des Untersuchungsrichters immer noch. Im Gemeinderat herrscht allerdings eine bessere Stimmung und Traversini arbeitet mittlerweile als Personal Trainer.

Gary Diderich („déi Lénk“) hatte in der Gemeinderatssitzung vom 17. Juli 2019 den Stein ins Rollen gebracht, als er drei Fragen zu einem Grundstück stellte. Die Fragen drehten sich um die geplante Umklassierung des Flächennutzungsplans (PAG) von einem Haus in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn, das sich im Besitz des damaligen Bürgermeisters Roberto Traversini befindet. Diderich hatte Traversini damals vorgeworfen, sich nicht an die Gesetze zu halten. „Ich habe während dieser Zeit unzählige Hassmails bekommen, nur weil ich meiner Arbeit als Oppositionspolitiker nachgekommen bin. Da braucht man schon ein dickes Fell“, sagt Diderich ein Jahr danach.

Die DP und „déi Lénk“ hatten den ehemaligen Differdinger Bürgermeister Anfang September 2019 zum sofortigen Rücktritt aufgefordert, da politische Amtsträger, die sich nicht an die Gesetze halten, nicht tragbar seien und bei der Bevölkerung nur das Misstrauen in die Politik verstärken würden. Erny Muller von der LSAP forderte mehr Transparenz. Einzig Ali Ruckert als Vertreter der KPL und ebenfalls Oppositionspolitiker wollte sich nicht an der Hexenjagd, wie er die Enthüllungen nannte, beteiligen. Auch ein Jahr danach vertritt er immer noch die gleiche Meinung.

Ruckert: „Hexenjagd gegen eine Person“

„Unabhängig von den Verfehlungen wurde hier eine Hexenjagd gegen eine Person geführt“, so Ruckert auf Nachfrage des Tageblatt. Dem widerspricht Diderich vehement. „Es ging immer um die Sache, nie um die Person“, so der Linken-Politiker. Die CSV, die mit den Grünen eine Mehrheit bildet, hatte während der gesamten Affäre geschwiegen und am Ende an einer Koalition festgehalten. „Es ging in diesem Fall um die Fehler einer Person, nicht um eine ganze Partei. Aus diesem Grund haben wir die Mehrheit weitergeführt. Zudem ist eine gewisse Konstanz beim Schöffenrat zu erkennen und die Projekte im Koalitionsabkommen sollen noch umgesetzt werden“, sagt Jerry Hartung (CSV) dem Tageblatt

Das Grundstück in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn hatte Roberto Traversini geerbt. Das besagte Haus und ein dazugehörender Schuppen grenzen direkt an den Wald. Der Schuppen befindet sich seit einigen Jahren in einem Natura-2000-Gebiet und in dem Naturschutzgebiet „Prënzebierg“. Als der Allgemeine Bebauungsplan (PAG) im Jahr 1981 geändert wurde, fanden sich eine Handvoll Häuser nicht mehr in diesem Bauperimeter wieder. Im PAG werden sie seitdem als „Kleingarten und Gärtnereigebiet“ geführt. Das Haus sollte von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet „übersiedeln“.

An dem Haus, aber auch an dem Schuppen wurden mehrere Renovierungsarbeiten durchgeführt. Allerdings ohne die nötigen Genehmigungen des Umweltministeriums. „Da ich in Unkenntnis darüber war, dass für die anstehenden Renovierungsarbeiten am Gartenhäuschen eine Genehmigung des Umweltministeriums notwendig ist, habe ich Anfang Juli 2019 mit Renovierungsarbeiten begonnen. Als ich vom Förster darauf aufmerksam gemacht wurde, dass eine Genehmigung nötig ist, habe ich unverzüglich alle Arbeiten auf dem Grundstück eingestellt und einen Genehmigungsantrag eingereicht“, hatte Traversini am 18. September 2019 bei einer Pressekonferenz in seinem Garten erklärt. Die fehlenden Genehmigungen wurden dann rückwirkend von Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“) ausgestellt.

Noch kein Datum für den Prozess bekannt

Neben den Renovierungsarbeiten wurden zudem rund fünf Kubikmeter Boden bewegt, obwohl das eigentlich nicht ohne Genehmigung erlaubt ist. „Ich habe hier einen Fehler gemacht, der mir sehr leidtut. Selbstverständlich werde ich dafür Sorge tragen, dass die ursprüngliche Waldfläche wiederhergestellt und die Bodenarbeiten rückgängig gemacht werden“, gab der Differdinger Ex-Bürgermeister damals zu.

François Meisch (DP) hatte ihn zudem beschuldigt, die Dienste des CIGL unrechtmäßig in Anspruch genommen und den Einsatz nicht bezahlt zu haben. Das CIGL, dessen Dienste eigentlich nur von Personen über 60 Jahre oder hilfsbedürftigen Menschen in Anspruch genommen werden dürfen, ist eine soziale Initiative der Gemeinde zur beruflichen Wiedereingliederung. „Mannschaften des CIGL Differdingen haben Ende Juli 2019 auf dem Gelände eine Fortbildung in Sachen Holzbearbeitung absolviert. Der technische Koordinator des CIGL hatte mich diesbezüglich kontaktiert und gefragt, ob diese Fortbildung auf meinem Grundstück stattfinden könnte, da sich das Gartenhäuschen besonders gut für diese Art von Arbeiten eignen würde. Während dieser Fortbildung wurde auch ein Geländer fixiert und neu angestrichen“, bestätigte Traversini damals. 

Die DP konnte zudem anhand von mehreren E-Mails und Fotos belegen, dass die Pläne für die beiden Häuser von einem Lehrling aus dem Differdinger Baudienst ausgemessen und gezeichnet wurden. Die privaten Pläne waren mit dem offiziellen Logo der Stadt Differdingen versehen.

All diese belastenden Beweise wurden dann der Justiz übergeben. Es besteht der Verdacht auf Veruntreuung von öffentlichen Geldern, illegale Vorteilsnahme, Verschleierung und Verstoß gegen das Gesetz von kommunalen Einrichtungen. Zur Sicherung von Beweisen wurden vergangenen September die Räumlichkeiten der Differdinger Gemeinde, aber auch die Büros des CIGL durchsucht. „Die Ermittlungen laufen noch immer. Ein Datum für den Prozess gibt es bislang nicht“, gab die Pressestelle der Luxemburger Justiz bekannt.

Meisch: „Vieles hat sich zum Besseren geändert“

Am 20. September 2019 zog der ehemalige Bürgermeister die Konsequenzen aus den Enthüllungen, den Ermittlungen und seinen Fehlern und legte sein Amt als Bürgermeister nieder. Dann wurde es still um ihn. Erst vor ein paar Tagen tauchte Traversini aus der Versenkung auf. Mittlerweile arbeitet er als Personal Trainer, erfuhren die Nutzer neulich in den sozialen Medien. Traversini war nicht persönlich für eine Stellungnahme zu erreichen.     

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde Christiane Brassel-Rausch am 9. Oktober 2019 im Gemeinderat mit zwölf Ja-Stimmen bei fünf Enthaltungen sowie einem Nein zur neuen Bürgermeisterin von Differdingen ernannt. Bei den Gemeindewahlen 2017 war sie lediglich an fünfter Stelle gewählt worden. Besonders von den Sozialisten wurde sie deshalb immer wieder kritisiert.

„Allgemein ist die Stimmung im Gemeinderat besser als noch vor einem Jahr. Durch den Wechsel und die vielen Neuen im Schöffenrat haben wir jedoch den Eindruck, dass es in der Gemeinde zu einem Stillstand gekommen ist. Auch bei der Stadtentwicklung können wir keinen Fortschritt erkennen“, berichtet Erny Muller von der LSAP. Die DP und die Linke stellen dem neuen Schöffenrat allerdings ein deutlich besseres Zeugnis aus. „Vieles hat sich zum Besseren geändert. Man wird nicht mehr so herablassend behandelt und man wird früher in die laufenden Projekte mit eingebunden“, erklärt Meisch.

de Schéifermisch
25. September 2020 - 18.12

Diese berühmt berüchtigte Gartenhäuschenaffäre hängt einem bald zum Halse heraus. Herr Traversini hat seine Konsequenzen daraus gezogen. Und damit dürfte diese leidige Angelegenheit beigelegt sein.

Biirger
21. September 2020 - 13.39

Hoffentlech kritt heen nët liëwenslänglech ...