FußballEine tickende Zeitbombe – Das Damokles-Schwert über den Köpfen der höchsten Fußball-Ligen

Fußball / Eine tickende Zeitbombe – Das Damokles-Schwert über den Köpfen der höchsten Fußball-Ligen
Ausgerechnet an diesem Wochenende ist die Etzella (hier Julian Bidon) erstmals direkt vom Virus betroffen Archivbild: Jeff Lahr

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An diesem Freitag gab es bei allen Gesprächsteilnehmern der BGL Ligue nur ein Thema. Wie sehr die Pandemie einen Fußballtrainer im Alltag beeinflusst und warum – trotz des Aufschubs der Regierung – eine Saisonunterbrechung nicht mehr zu verhindern ist, erklärte der Ettelbrücker Coach Neil Pattison in seiner Mittagsstunde – also ein paar Stunden vor der Pressekonferenz der Regierung. Fola-Trainer Sébastien Grandjean dagegen sprach sich klar und deutlich für eine Fortsetzung aus, mit den gleichen Argumenten wie Gesundheitsministerin Paulette Lenert.

Die Etzella wird an diesem Wochenende erstmals auf einen Mitspieler verzichten müssen: Nachdem bei Raphaël de Sousa ein positiver Fall auf der Arbeit gemeldet worden ist, wurde der 27-Jährige am Donnerstag unter Quarantäne gestellt. Klingt in diesen Tagen unspektakulär – doch für die Ettelbrücker begann damit ein psychologischer Spießrutenlauf: Einerseits musste sich trotz dieser Information voll und ganz auf das Heimspiel gegen Hamm vorbereitet werden, andererseits droht die Mannschaft ab kommender Woche komplett unter Selbstquarantäne zu stehen: Sollte der Mittelfeldspieler beim obligatorischen Test in vier Tagen nämlich positiv sein, muss das ganze Team aus dem Verkehr gezogen werden. „Wir waren am Mittwoch in Düdelingen alle auf engstem Raum in den Kabinen zusammen …“, erklärte Trainer Neil Pattison. 

Der Sportlehrer hat kaum Hoffnungen, dass der Spielbetrieb in der kommenden Woche noch regulär weiterlaufen wird. „Egal, wie gut man aufpasst, man hat einfach wenig Einfluss und kann zu jedem Moment in Quarantäne geschickt werden. Ich selbst sehe jeden Tag rund 80 Schülerinnen bei der Arbeit. Das Ganze ist eine tickende Zeitbombe und als Trainer ist es sehr schwer, die Konzentration bei der Mannschaft hochzuhalten.“  Dabei ist die Mannschaft aus der Patton-Stadt an diesem Wochenende erstmals direkt vom Virus betroffen – positiv getestet wurde im Ettelbrücker Umfeld nämlich bislang niemand. „Doch das Kartenhaus wird zusammenbrechen“, warnt Pattison. „Wenn wir das Ganze in den Griff bekommen wollen, ohne wirtschaftlichen Schaden, müssen wir die Sachen einschränken, die nicht absolut notwendig sind.“ 

Der Coach kann verstehen, warum in den sozialen Netzwerken immer wieder heftigst über einzelne Stadionbesucher diskutiert wird – die Spieler umarmen oder ohne Masken dicht nebeneinander sitzen. „Die Regelungen werden eben nicht immer eingehalten. Und das ist gegenüber der Gesellschaft nicht vertretbar.“ 

Das Problem mit uneinsichtigen Zuschauern – und die Einführung einer Maskenpflicht im öffentlichen Raum ab vier Personen – ist eigentlich beim Gesetzesvorschlag „gelöst“ worden. In Mondorf blieb man bislang vom Virus verschont. Coach Serge Wolf meint: „Eventuelle Geisterspiele sehe ich in Luxemburg ohne Nutzen und ohne Notwendigkeit, zumal der Verkauf von Eintrittskarten für viele Vereine eine wichtige Einnahmequelle ist.“

Laut Fola-Coach Sébastien Grandjean darf die Fortsetzung der Meisterschaft nicht an den Besuchern scheitern: „In anderen Ländern funktioniert es ja auch notfalls ohne Zuschauer. Wir müssen unbedingt weiterspielen. Es nützt nichts, den Spielbetrieb abzublasen, denn auf dem Platz steckt man sich nicht an“, sagte der Physiotherapeut. „Wir sollten den Jungs nicht verbieten, ihren Beruf auszuüben.“ Das gleiche Argument nutzte Gesundheitsministerin Paulette Lenert in ihrer Ansprache, die betonte: „Es handelt sich um ein semi-professionelles Milieu und wir reden hier nicht von Massen.“ 

Jetzt liegt es im Ermessen der BGL-Ligue-Vereine, zu entscheiden, ob sie erneut regelmäßige Tests durchführen und wie sie das Ansteckungsrisiko in den eigenen Reihen im Griff halten wollen. Grandjean macht deutlich: „Wir müssen rationeller vorgehen: Die Kader sind groß genug, dass nicht bei einem Corona-Fall eine Partie abgesagt werden muss. Damit sorgt man nur für Besorgnis. Es gibt bessere Methoden, das zu handhaben.“  

Fußball: Der Überblick über alle aktuellen Absagen/Regeln

Der Stand der Dinge: Kurz nach dem Ende der Pressekonferenz hat die FLF ihre Entscheidung mitgeteilt: Alle Meisterschaften – mit Ausnahme der BGL Ligue – wurden noch am Abend mit sofortiger Wirkung unterbrochen. „Wir schließen uns den Empfehlungen der Regierung an“, sagte FLF-Präsident Paul Philipp. Da der Gesetzesvorschlag noch nicht angenommen wurde, hätte der komplette Spielbetrieb in der Theorie noch einen Spieltag weiterlaufen können. Der Fußballverband hat allerdings entschieden, gleich einzugreifen. 
Das wird sich ändern: Der neue Gesetzesvorschlag beinhaltet eine generelle Maskenpflicht in den BGL-Ligue-Stadien. Ein „huis clos“ ist laut den gestrigen Aussagen von Premierminister Xavier Bettel nicht vorgesehen, allerdings werde man „die Leute nicht dazu einladen, sich zu versammeln“.