TurnenEin verlorenes 2020 verhindern: FLGym will an den Europameisterschaften teilnehmen

Turnen / Ein verlorenes 2020 verhindern: FLGym will an den Europameisterschaften teilnehmen
Quentin Brandenburger bestritt seit dem Jahr 2018 kein großes internationales Turnier mehr Foto: Marcel Nickels

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Kaum Wettbewerbe im Jahr 2020, keine ideale Situation für die jungen Kader-Athleten der FLGym, die mitten in ihrer Entwicklung gebremst wurden. Hoffnung setzt der Turnverband nun in die Europameisterschaften, die allesamt Ende des Jahres stattfinden sollen.

Kein einfaches Jahr liegt hinter den Turnerinnen und Turnern der FLGym-Nationalkader. Eigentlich stand im Jahr 2020 ein wichtiger Frühling an, in dem man die enormen Fortschritte, die innerhalb des Turnverbandes in den letzten Monaten und Jahren erfolgt waren, endlich richtig unter Beweis stellen wollte. Für die Kunstturn-EM in Paris – die vom 30. April bis zum 3. Mai hätte stattfinden sollen – hatten sich mit Céleste Mordenti, Chiara Castellucci und Lola Schleich immerhin drei junge Damen qualifiziert. Dass ein komplettes Team zu einem großen internationalen Wettbewerb geschickt werden kann, ist in den Reihen der FLGym alles andere als selbstverständlich. Auch im männlichen Bereich war man für die EM in Baku – die Ende Mai vorgesehen war – gut gerüstet. Bei den Junioren hatten sich Quentin Brandenburger und Ronan Foley qualifiziert und somit war der Plan, im Jahr 2022 erstmals seit langer Zeit bei einer Europameisterschaft eine komplette Mannschaft zu stellen, ebenfalls einen großen Schritt näher. Und auch der junge Nationalkader in der Rhythmischen Sportgymnastik sollte mit den Halbgeschwistern Elena Smirnova (Damen) und Sophie Turpel (Juniorinnen) im Mai zur EM nach Kiew reisen. Wichtige Erfahrungswerte sammeln, das war das Ziel bei allen drei kontinentalen Meisterschaften. Große internationale Wettkämpfe, die für die Weiterentwicklung der jungen Sportler unabdinglich sind.

Daraus wurde bekanntlich nichts, denn die Corona-Pandemie machte auch vor den internationelen Turnwettbewerben nicht halt. Und während andere Sportarten bereits seit dem Sommer wieder im Wettkampfmodus angekommen sind, müssen sich die FLGym-Athleten weiter mit Trainingseinheiten im kleinen Kreis begnügen. Für die Kunstturner war der „Christmas Gym Cup“ in Bettemburg im vergangenen Dezember der letzte größere Wettbewerb, die Turnerinnen der Rhythmischen Sportgymnastik schnupperten im Februar in Moskau ein letztes Mal internationale Wettkampfluft. „Das kratzt natürlich ganz schön an der Motivation“, betont Gilles Andring, der bei der FLGym für die Elitekader verantwortlich ist. Umso mehr, da mit Ausnahme von Elena Smirnova alle weiteren qualifizierten Athleten noch minderjährig sind und erst lernen müssen, mit solch einer Situation auch umzugehen. Doch ganz ist das Jahr noch nicht gelaufen, denn die Europameisterschaften wurden nicht annulliert, sondern in die Schlusswochen des aktuellen Kalenderjahres verlegt.

Paris, Baku und nun Mersin

Bei der FLGym will man alles Mögliche tun, um den eigenen Athleten eine Teilnahme hieran zu ermöglichen: „Natürlich unter allen notwendigen Schutzmaßnahmen, so werden wir uns vor Ort in einer Art Bubble befinden, in der es vom Hotel in die Wettkampfhalle und danach direkt wieder zurück geht.“ Auch wenn dies einer Menge organisatorischen Aufwands bedarf, denn wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, musste der europäische Verband European Gymnastics den Austragungsort für die Kunstturnwettbewerbe ein weiteres Mal ändern. Bereits im Frühling wurde der Wettkampf der Damen von Paris nach Baku verlegt, nun wurde die EM der Frauen und auch die der Männer in Baku gestrichen, da in Aserbaidschan bis Ende des Jahres keine Veranstaltungen dieser Größenordnung erlaubt sind, neuer Veranstaltungsort ist die türkische Hafenstadt Mersin. „Auch aufgrund der aktuellen politischen Situation in Aserbaidschan ist eine Verlegung nicht verkehrt. Unsere Flüge nach Baku waren eh bereits gestrichen worden“, erklärt Andring.

Wie groß die Europameisterschaften schlussendlich werden und welches Niveau man erwarten kann, weiß gerade niemand so genau. Größere Nationen wie Deutschland oder Großbritannien werden wohl nicht anreisen, die geplante Olympiaqualifikation findet ebenfalls nicht statt. „Wir wollen jedoch verhindern, dass 2020 für unsere Turner ein verlorenes Jahr wird“, meint Andring. Denn sollte die EM doch noch abgesagt werden, dann würden die Junioren ein weiteres Jahr keinen vergleichbaren Wettbewerb mehr bestreiten: „Im nächsten Jahr steht keine Junioren-EM auf dem Programm und auch das ’European Youth Summer Olympic Festival’, das für das nächste Jahr vorgesehen war, ist um ein Jahr nach hinten verschoben worden. In diesem Fall hätte Quentin etwa seine letzte EM im Jahr 2018 bestritten und dann vier Jahre nichts – alles andere als ideal.“

Im Damenbereich sieht dies etwas anders aus, denn im April steht bereits die nächste EM in Genf an. Hier hätten eigentlich im Herbst und Winter die Selektionsturniere stattfinden sollen. Da daraus ebenfalls nichts wird, hat man sich nun dazu entschlossen, mit dem gleichen Kader teilzunehmen, der bereits für die EM 2020 qualifiziert war. Auch Vorbereitungsturniere für die EM im Dezember stehen zurzeit nicht auf dem Programm, so ist etwa auch der „Christmas Gym Cup“ des Réveil Bettemburg, der einzige große internationale Kunstturn-Wettbewerb in Luxemburg, inzwischen abgesagt: „Wir versuchen nun, einen eigenen, internen Wettbewerb zu organisieren, damit die Athleten wenigstens eine gewisse Art von Vorbereitung bekommen.“

Und damit nicht doch noch eine Corona-bedingte Absage erfolgt, wird auch bei den Trainingseinheiten auf Vorsicht gesetzt: „Neben dem Trainer arbeiten die Sportler nur noch mit dem Physiotherapeuten zusammen, so haben wir die Kontakte und ein mögliches Ansteckungsrisiko auf ein Minimum eingeschränkt.“ Doch ist die FLGym inzwischen auf kurzfristige Änderungen vorbereitet: „Langfristige Planungen machen wir zurzeit nicht.“ Und so hofft Andring, dass die jungen Talente im November und Dezember die Chance erhalten, ihr Können bei der EM unter Beweis zu stellen und man nicht noch eine weitere Absage hinnehmen muss.

Für Chiara Castellucci wäre die EM 2020 ihre erste im Bereich der Seniors
Für Chiara Castellucci wäre die EM 2020 ihre erste im Bereich der Seniors Foto: Marcel Nickels

Im Überblick

26. bis 29. November: EM der Rhyhtmischen Sportgymnastik in Kiew mit Elena Smirnova (Seniors) und Sophie Turpel (Juniorinnen)
9. bis 13. Dezember: Kunstturn-EM der Herren in Mersin mit Quentin Brandenburger und Ronan Foley (beide Junioren)
17. bis 20. Dezember: Kunstturn-EM der Damen in Mersin mit Chiara Castellucci, Céleste Mordenti und Lola Schleich (alle Seniors)