Ein Hindernislauf in die USA

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Die USA sind und bleiben ein faszinierendes Land. Die Regeln sind anders und gewöhnungsbedürftig.

Das Ministerium für Heimatschutz weiß nun so ziemlich alles von mir. Bei den vorangegangenen Reportagereisen in die USA, etwa zu Boeing, gab es bereits umfangreiche Formulare auszufüllen. Nun aber für das Journalistenvisum ging es richtig zur Sache.

Nun weiß das Heimatschutzministerium, wie meine Mutter heißt, wann mein Vater gestorben ist, wie meine Kinder heißen, dass eines davon in den USA wohnt, welche e-mail Adresse ich habe, wann ich in den letzten Jahren in den USA und wo dort war, und wo ich sonst noch so zu Reportagen für meine Zeitung hingereist bin. Nur meine Kontonnummer wollte das Heimtschutzministerium (noch) nicht wissen. Meine Überweisungen kontrolliert es seit langem sogar mit Zustimmung der europäischen Regierungen. Für Luxemburg hatte Außenminister Jean Asselborn einst für dieses Überwachungssystem über das Zahlungssystem Swift gestimmt.

Über Fragen in den Fragebögen, ob man vorhabe, einen terroristischen Anschlag in den USA zu begehen, mag man lachen, für Amerikaner ist dies wichtig. Man lügt nicht in diesem Land. Belügt man die Justiz, wird man hart bestraft. Und nun weiß auch der Zoll, dass ich bei dieser Reise Gastgeschenke im Wert von 100 Dollar mitgebracht habe. Was mag das für ein Bild sein, das sich das Heimatschutzministerium von mir macht?

Ausländer-Abwimmel-Ministerium

Eigentlich ist dieses Ministerium ein Ausländer-Abwimmel-Ministerium. Das Formular zur Beantragung eines Journalistenvisums schaffen wohl nur Genies im ersten Anlauf. Ich bin sicherlich keines. Bei mir waren es sieben Anläufe, bevor das System mir sagte, ich möchte das Formular nun ausdrucken und mich zur Botschaft begeben. Die US-Botschaft in Luxemburg selbst ist mit dieser Informatik nicht so ganz glücklich. Sie funktioniert nicht immer und am Ende durfte ich mich glücklich schätzen, dass man mich im System gefunden und tatsächlich ein Visum ausgestellt hatte.

In der Stimme des Einreisebeamten in New York am Kennedy Airport klang irgendwie Anerkennung durch, als er alle Fragebögen – den letzten gab es im Flugzeug und es werden immer dieselben Fragen gestellt – durchschaute und sagte “Oh you have a Visa”. Das gab Anlass zu einem kleinen Gespräch über Sinn und Zweck meines Aufenthaltes in den USA. “That´s great”, sagte er, als er von der Columbia University hörte, überprüfte meine Fingerabdrücke und den Daumenabdruck mit denen, die ich bei der Visum-Beantragung in der US Botschaft in Luxemburg schon hinterlassen hatte, haute seine Stempel in meinen Pass, bestätigte mit einer Abkürzung, dass ich als Journalist in den USA sei und wünschte mir viel Spaß in der Universität.

Warten

Bis dahin war der Tag so ganz glatt aber nicht verlaufen. Das Flugzeug aus Luxemburg war zwar pünktlich gestartet und in Paris auch pünktlich gelandet, aber der Bus, der die Passagiere von der weit entfernten Parkposition abholen sollte, ließ gut 15 Minuten auf sich warten. Während das Gepäck schon auf dem Weg war, saßen die Passagiere im Flugzeug und warteten. Der Weg von der Ankunft in Paris im Terminal 2D zum Abflug von Terminal 2E am Pariser Flughafen Charles de Gaulle in Richtng USA – das ist Seattle genauso wie Salt Lake City oder New York – ist der weitest mögliche. Er schlägt selbst den für weite Wege bekannten Frankfurter Flughafen. Da heißt es stramm marschieren, Rolltreppen nach oben und unten zu überwinden, mit einem Zug fahren, erneut eine Polizeikontrolle überstehen und dann wieder schnellen Schrittes zu marschieren. Die Ankunft von fünf Passagieren an der Boeing 747-400 erfolgt, als die Türen eigentlich schon geschlossen sein sollten.

Und dann: Überraschung! Das Flugzeug fliegt nicht ab. Die US-Vorschriften verlangen, dass genau überprüft wird, ob jedes Gespäckstück im Kofferraum auch zu einem Passagier gehört. Mit 30 Minuten Verspätung und einer freundlichen Entschuldigung des Kommandanten startet Air France am Sonntag Morgen zu einem Acht-Stunden-Flug in die Welthauptstadt des Kapitalismus.

DSK und das Wetter

Was bewegt die Amerikaner derzeit? Dominique Strauss Kahn ist eine der Nachrichten des Montags. Und alle Fernsehstationen haben schon am frühen Morgen gegen vier Uhr ihre Reporter zu einem kurzen live-Statement vor das Gericht gestellt. Sie berichten übereinstimmend, dass es wohl eine kurze Sitzung werden wird, in der der ehemalige Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds und ehemalige französische Finanz- und Wirtschaftsminister “nicht schuldig” plädieren wird. Strauss-Kahn ist angeklagt, ein Zimmermädchen im New Yorker Sofitel Hotel sexuell belästigt zu haben. Aus der Staatsanwaltschaft verlautet – so berichten die Fernsehstationen – dass das Dossier Strauss-Kahn immer umfangreicher wird.

Kamera-Teams haben sich auch vor dem Haus versammelt, in dem DSK, wie er in Frankreich genannt wird, unter Hausarrest steht. Das Haus ist von seiner vermögenden Ehefrau angemietet worden. Sieben Punkte umfasst die Anklage. Wird Strauss-Kahn schuldig gesprochen, drohen ihm 25 Jahre Haft. Der eigentliche Prozess, so meldet der Fernsehsender NBC, soll entweder schon in einem Monat oder im September stattfinden.

Das Wetter ist ein anderes Thema. Der mittlere Westen wird von einer Hitzewelle heimgesucht mit Temperaturen von mehr 100 Grad Fahrenheit. Für New York ist Regen angesagt mit Temperaturen von 80 bis 87 Grad Fahrenheit. Am Dienstag, sagen die Meterologen, soll es richtig heiß werden, aber ohne Sonne. Am Mittwoch und Donnerstag soll sich New York in einen Brutkessel verwandeln mit Temperaturen von 91 und 94 Grad Fahrenheit. Schwül wird es überdies, weil die Sonne sich hinter Wolken verstecken soll.

Sandsäcke

Eine Stunde später ist der Verkehr das wichtigste Thema. Die Brücken sind alle geöffnet, heißt es. Manhattan wird, so muss es übersetzt wohl heißen, von sechs Uhr an im täglichen Verkehr ersticken. Im mittleren Westen hingegen werden bei brütender Hitze Sandsäcke gefüllt, weil starke Regenfälle und ein Tornado erwartet werden.

Währenddessen sitzen 20 Journalisten aus allen Teilen der Welt überwiegend erfahrene Schreiber – Wirtschafts-Chefreporter, Buchautoren und Leiter von Wirtschaftsredaktionen – im Journalistenseminar der ehrwürdigen Columbia Universität und diskutieren ein schon im November 2010 von Wirtschaftsprofessoren entwickeltes Schuldenmodell von Staaten und Theorien und die Gefahren von Rettungsaktionen. Das Papier, das Gegenstand einer der nächsten Artikel werden wird, hätte Staatsminister Juncker möglicherweise kennen sollen bei seinen Bemühungen Griechenland zu retten