WestbalkanDie Opposition wittert neue Hoffnung auf den Wechsel

Westbalkan / Die Opposition wittert neue Hoffnung auf den Wechsel
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sitzt zu fest im Sattel, als dass er um sein Amt bangen müsste Foto: AP/Ronald Zak

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Die Schlappen autoritärer Strippenzieher bei den Urnengängen in Montenegro und Bosnien sind für die Opposition in der Region ein Hoffnungsschimmer. Ihre Freude über den vermeintlichen „Balkanfrühling“ scheint zwar verfrüht. Doch in der Corona-Krise mehren sich grenzüberschreitend die Risse im Machtbeton.

Aus seinem Ingrimm über die Wahlschlappe macht der bosnische Strippenzieher Milorad Dodik keinen Hehl. Es sei „wichtig, dass wir Klartext reden“, poltert das serbische Mitglied im Staatspräsidium nach der von seiner SNSD in ihrer Hochburg Banja Luka verlorenen Bürgermeisterwahl. Der neue Bürgervater könne vorschlagen, was er wolle, aber „wir werden sehen, wer das finanziert“. Im Teilstaat der Republika Srpska gebe es auch „andere Städte, die Hilfe benötigen“, droht Dodik Bosniens zweitgrößter Stadt mit der Kürzung von Mitteln: „Wir werden alle Investitionen einstellen.“

Nicht nur die serbische SNSD, sondern auch die größte muslimische Partei SDA musste bei den Kommunalwahlen vor über einer Woche Federn lassen. Während deren Zugpferde angesäuert auf die Wählerquittung für Vetternwirtschaft, unzählige Skandale und das chaotische Krisenmanagement in der Pandemie reagieren, zeigen sich Bürgerrechtler und Oppositionelle erleichtert: Ähnlich wie der Erfolg der Opposition bei Montenegros Parlamentswahl Ende August nährt der Urnengang im Vielvölkerstaat die Hoffnung auf Wandel in der ganzen Region.

„Die Welle der Veränderung ist auf Bosnien übergeschlagen“, freut sich Dritan Abazovic, Chef von Montenegros bisheriger Oppositionspartei URA: „Die Region verdient mehr: Wir wollen neue Werte, neue Leute und neue Hoffnung.“ Die Wahl habe gezeigt, „dass jede Macht ablösbar ist“, so der Euro Blic in Banja Luka: „Wir sollten das nutzen – und sie so oft wie möglich wechseln.“

Hoffnung scheint verfrüht

Vor allem Serbiens zersplitterte und demoralisierte Opposition lassen die Wahlen neue Hoffnung auf die Ablösung des allgewaltigen Staatchefs Aleksandar Vucic (SNS) schöpfen. „Bürger Serbiens, atmet mit vollen Lungen, um trotz Corona und Smog den Frühling zu fühlen“, jubiliert etwas pathetisch der DS-Politiker Srdjan Milivojevic: „Dieser Frühling riecht nach Freiheit.“

Doch die Hoffnung auf einen „Balkanfrühling“ scheint verfrüht. In Montenegro ist Dauerregent Milo Djukanovic zwar geschwächt, aber als Staatschef noch stets im Amt. In Bosnien haben Dodik und SDA-Chef Bakir Izetbegovic zwar einige Hochburgen, aber keineswegs die Macht verloren. Und in Serbien sitzt Dominator Vucic unverändert fest im Sattel.

Dennoch mehren sich in der Corona-Krise grenzüberschreitend die Risse im Machtbeton. Die wichtigste Lehre sei, dass die Opposition „wenn nicht gemeinsam, zumindest synchron agiert“, so der serbische Oppositionspolitiker Zdravko Ponos (NS). Korruption, Kriminalität und Arroganz der Macht seien „der gemeinsame Nenner“ der Region: „Es gibt keinen Grund, warum die Welle der Veränderung an den Grenzen Serbiens haltmachen sollte.“